Kapitel 72 - Déjà-vu

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Poss streifte sich die Schuhe ab und Falrey fragte sich, ob er dasselbe tun sollte, als aus einem der hinteren Räume Schritte erklangen und eine Frau in einem hellen Kleid in den Türrahmen trat. Falrey blieb der Mund offen stehen. Poss hatte gesagt, dass sie rothaarig war. Aber...

Ein warmes Lächeln legte sich über ihr Gesicht. „Ach Poss, du bist es. Mach es dir gemütlich, ich komme gleich." Ihr Blick glitt weiter zu Falrey und ihm wurde bewusst, wie grün ihre Augen waren. Sie blieben neugierig an ihm hängen, was Poss dazu veranlasste, ihn vorzustellen, während er zum Sofa hinübertrat und sich in die Polster fallen liess. „Das ist Fal, der junge Dieb, von dem ich dir erzählt habe."

Marella hob überrascht die Augenbrauen und trat einige Schritte auf ihn zu, wobei ihr Lächeln immer amüsierter wurde. „Du kannst den Mund wieder schliessen, Junge. Ich weiss, dass ich gut aussehe, du brauchst nicht zu übertreiben."

Falrey spürte, wie er rot anlief, und wollte etwas sagen zu seiner Verteidigung, aber er brachte keinen Ton heraus. Krampfhaft schloss er den Mund und versuchte zu schlucken. Er hörte Poss lachen, schaffte es aber nicht, das Geräusch einzuordnen, denn er konnte keinen einzigen, klaren Gedanken fassen.

Marellas grüne Augen blitzten belustigt auf, als sie mit wiegenden Hüften die letzen Schritte zurücklegte und ihn direkt ansah. Irgendwo am Rande seines Bewusstseins war ihm klar, dass sie wirklich schön war, nicht nur aussergewöhnlich, sondern herausragend, und dass jede ihrer Bewegungen, jede Facette ihrer Mimik genau darauf abzielte. Aber das war gerade das letzte, dem er Beachtung geschenkt hätte. „Du... du...", stammelte er und brach wieder ab.

„Ja?", sie legte den Kopf schräg, wobei die Locken um ihr Gesicht und über ihre nackten Schultern tanzten wie Flammenlohen.

„Du siehst aus wie meine Mutter."

Sie stutzte einen Moment, dann brach sie in schallendes Gelächter aus. Der Klang grub sich in seinen Kopf wie Dornen. Es war nicht nur die Farbe ihres Haars und ihrer Augen, auch wenn die Kombination hier in Niramun selten genug war, um eine Assoziation zu wecken, die Ähnlichkeit ging weit darüber hinaus. Falrey brauchte nicht zu fragen, ob sie aus den Wäldern stammte, das war offensichtlich. Die helle Haut, die roten Locken, die feinen Gesichtszüge, die wechselnden Grüntöne in ihrem Blick, die Sommersprossen.

„Das hat mir tatsächlich noch nie jemand gesagt", meinte Marella glucksend. „Ich hoffe, es ist ein Kompliment und deine Mutter ist eine ansprechende und sympathische Frau."

„Nicht mehr", kam es über Falreys Lippen, bevor er nachdachte.

Sie legte den Kopf schief und selbst diese Geste, die Art, wie der helle Stoff des Kleides sich über ihre Figur wölbte, wie ihre Augenbrauen sich leicht hoben, weckte Erinnerungen. Er konnte sie vor sich sehen, wie sie im Unterkleid am Waschzuber stand, die Ärmel hochgekrempelt, und sich skeptisch anhörte, warum er ihr angeblich nicht helfen konnte, die Wäsche aufzuhängen. „Warum?", fragte sie neugierig.

Falrey schluckte leer. „Sie ist tot."

„Das tut mir leid", sagte Marella und es klang einigermassen ehrlich, obwohl er sehen konnte, dass sie nicht wirklich bestürzt war. Sie wandte sich ab, um in den hinteren Raum zurückzukehren, aber Falreys Frage liess sie innehalten. „Woher stammst du?"

Sie wandte sich um. „Was? Warum willst du das wissen?"

Falrey registrierte einen warnenden Blick von Poss und ignorierte ihn. „Du stammst aus den Wäldern am Sevedra. Oder? Von wo?"

Marella runzelte leicht die Stirn, nicht wirklich verärgert, aber genügend, dass es nicht nur Falrey auffiel, sondern auch Poss. „Sei nicht unhöflich, Fal", setzte er an, aber Marella brachte ihn mit einem Wink zum Schweigen. „Weshalb fragst du? Kennst du dich aus in der Gegend?"

Niramun II - Mörder und BastardOnde as histórias ganham vida. Descobre agora