12.2: Freundin oder Bodyguard?

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"Wie sieht's aus, Lust auf eine Runde Ponyführen, Freddie?", fragte dessen Vater begeistert und nickte hinüber zu einem Stand, an dem einige Ponys mit resigniert nach hinten gestellten Ohren auf das nächste Kleinkind warteten, das sich auf ihren Rücken setzte.

"Ja!", rief der Kleine und klatschte aufgeregt in die Hände. "Pferde!"

Die Tiere waren in einer Art Karussell angebunden, sodass sie immerzu von selbst im Kreis geführt wurden und irgendwie konnten sie einem ja schon leid tun, denn ich konnte mir eindeutig ein schöneres Leben vorstellen, als ewig im Kreis zu laufen. Trotzdem, eine nette Attraktion für die Kinder war es garantiert.

"Auf welches Pony möchtest du denn?", wollte ich also wissen, streckte meine Hand aus, die Louis' Sohn ohne zu zögern ergriff und ging hinüber zu dem Pony-Karussell - oder wie auch immer man dieses Teil nannte.

"Ja, Mia, kümmer' du dich mal darum", forderte Louis mich zudem auf, "du kennst dich besser mit Pferden aus."

Überrascht zog ich meine Augenbrauen empor.

"Wieso sollte ich mich mit Pferden auskennen?"

Er zuckte mit den Achseln.

"Du bist auf einem Bauernhof aufgewachsen", gab er zurück und ich verdrehte die Augen.

"Da waren Kühe. Das ist was anderes. Man kann zwar auch auf Kühen reiten, aber ich glaube nicht, dass sie schlau genug sind, um irgendwelche Befehle des Reiters annehmen zu können. Die laufen einfach immer zum Futter."

Jetzt war Louis an der Reihe, eine Augenbraue hochzuziehen.

"Man kann auf Kühen reiten?"

Ich nickte.

"Klar. Wenn die Kuh brav ist, geht das schon. Du kannst halt nur nicht lenken."

Und an Freddie gewandt fuhr ich fort: "Wenn du willst, können wir irgendwann mal zu meinem Dad reisen und ich setz' dich auch mal auf 'ne Kuh."

"Moment mal!", protestierte mein Freund, "Da habe ich aber auch noch ein Wörtchen mitzureden, Madame!"

Schnaubend ließ ich die Hand des Kleinen los, wandte mich zu Louis um und legte ihm die Hände auf die Schultern.

"Ich werde schon auf deinen Sohn aufpassen", beruhigte ich ihn, hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen und ließ ihn dann etwas verwirrt schauend stehen, um Freddie, der schon vorgegangen war, einzuholen.

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Kurze Zeit später saß Louis' kleiner Sohn auf dem Rücken eines der kleinen, genervt aussehenden Ponys und sein Vater neben mir auf einer Bank davor, wo wir ihn im Auge behalten konnten.

"Du solltest mehr Angst vor diesen Ponys haben", grummelte ich leise.

"Wieso das?", wollte er mit hochgezogenen Augenbrauen erstaunt wissen.

"Die Viecher sind die Hölle", gab ich zurück. "Die sind schon so genervt von all den kleinen Kindern, die auf ihnen sitzen, dass sie gerne mal beißen oder treten. 'Ne Kuh ist dagegen ganz handzahm, die rennt nur zum Futtertrog, mehr nicht."

"Aber die Ponys sind hier doch so oder so angebunden", gab er zu bedenken und winkte seinem Sohn zwischenzeitlich begeistert.

"Ja. Das heißt: Wenn die durchgehen, ist ganz großes Chaos angesagt. Die kleinen Mistviecher sind genau wie Ziegen im Streichelzoo."

Er sah mich skeptisch an.

"Was für ein Kindheitstrauma kommt da denn zum Vorschein?"

Bei dem Gedanken an den Streichelzoo, in dem Dad und ich vor ewigen Zeiten mal gewesen waren, kniff ich die Augen zusammen.

"Diese absolut idiotischen Ziegen wollte ich eigentlich füttern. Wer kommt eigentlich auf die dumme Idee, Ziegen in einen Streichelzoo zu packen? Und dann kam so ein doofer Bock an, hat mich umgeschubst und die gesamte Tüte leer gefressen!"

Ja, bei genauerem Überlegen konnte es schon sein, dass ich ein leichtes Trauma deswegen hatte. Ziegophobie?

"Aber wir sprachen gerade von Ponys, nicht von Ziegen", erinnerte mich der Braunhaarige neben mir, doch ich winkte ab.

"Bei denen ist es genau das Gleiche, ich sag's dir!"

Kopfschüttelnd sah er wieder nach vorne, zu einer der Angestellten des Parks, die seinen Jungen vom Pferdchen hob und auf dem Boden absetzte.

Und in diesem Augenblick erkannte ich auch die vier oder fünf Mädchen, die kreischend auf uns zugerannt kamen.

"Louis", murmelte ich warnend und der Blauäugige sah zu mir, folgte meinem Blick und erfasste die Situation in Sekundenschnelle.

"Wir sollten von hier verschwinden", meinte er und machte einige schnelle Schritte auf seinen Sohn zu.

Eigentlich hatte ich ja nicht einmal was gegen Fans, aber wenn sie kreischend auf einen zugerannt kamen, waren sie doch etwas ... aufdringlich. Außerdem konnte man keinen ruhigen Nachmittag ohne wenigstens einen solcher Vorfälle verbringen, woran ich mich zwar gewöhnt hatte, was das Ganze allerdings trotzdem nicht weniger nervig machte.

"Komm, Freds", sagte Lou zu seinem Sohn und hob ihn hoch, um ihn zu tragen.

"Wieso laufen uns immer Leute hinterher?", fragte der Kleine verständnislos.

"Weil sie deinen Dad gernhaben", erklärte ich ihm und ließ mich derweil einige Meter nach hinten fallen, um seit Langem endlich mal wieder meine Arbeit zu machen und die Leute davon abzuhalten, uns hinterher zu rennen.

"Hier gibt's nichts zu sehen, Kinder", rief ich, obwohl ich wusste, dass diese Methode im Großen und Ganzen einfach nur sinnlos war. Genauso gut hätte hinter mir eine Bombe hochgehen können und ich würde den Leuten versuchen zu erklären, dass alles in Ordnung war. Die Fans erkannten ihr Idol und mir tat es ja selbst ein bisschen leid, ihnen die vielleicht einmalige Chance zu nehmen, Louis Tomlinson zu sehen. Allerdings störten sie beim gemütlichen Familienausflug doch ein bisschen.

Genervt drückte ich die Hand eines Mädchens hinunter, die ein Handy hielt und gerade versuchte, ein Foto zu schießen.

"Lass es einfach", seufzte ich, "oder willst du auch nächstens bei einem Ausflug von Fremden verfolgt und fotografiert werden?"

Sie sah mich trotzig an.

Mit einem Blick hinter mich erkannte ich, dass Lou noch einmal umgekehrt war - was man auch ganz einfach an der Lautstärke der Fans erkennen konnte.

"Schon gut, Mia", flüsterte er mir ins Ohr.

Ich schüttelte mit dem Kopf und drückte noch einige weitere Hände mit fotografierenden Handys hinunter.

"Ich dachte, du wärst seine Freundin und nicht sein Bodyguard", fauchte eine der aufgebrachten Fans.

Erschrocken sah ich zu Louis, dessen Miene sich kaum merklich verändert hatte.

"Wir sollten gehen", murmelte er dann zu mir.

Schutzengel || l.t. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt