4.0: Männerprobleme

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4: Ein Konzert und seine Vorbereitungen

Zu meiner Überraschung fand die Probe für Louis' Konzert nicht an einem besonderen Ort, sondern in seinem eigenen Haus statt. Sein Manager Simon war extra erschienen und begrüßte mich mit einem festen Händedruck.

Louis hingegen schien schlechter gelaunt zu sein, ob er einfach nur schlecht geschlafen, einen Kater oder sonst irgendwas hatte, wusste ich nicht, aber er starrte missmutig durch die Gegend und antwortete auf Fragen lediglich einsilbig.

Sehr zu meinem Leidwesen erkannte ich auch Dave wieder, den Bodyguard, den ich vor dem Café hatte kennen lernen müssen. Ich versuchte ihm aus dem Weg zu gehen, so gut es eben ging, was allerdings gar nicht so einfach war, da wir beide von der gleichen Person, nämlich Simon, erklärt bekamen, was wir zu tun hatten. Ein anderer Mann war ebenfalls dabei, er hatte lange, fettige Haare, die er sich zu einem Zopf zusammengebunden hatte und schien derjenige zu sein, der sich größtenteils um die Organisation während des Auftritts kümmerte.

"Was ist Louis denn für 'ne Laus über die Leber gelaufen?", erkundigte ich mich und schielte zu dem jungen Mann hinüber, der gerade unbegeistert dabei zuhörte, wie genau sein Auftritt abzulaufen hatte.

"Keine Ahnung. Vielleicht Aufregung vor dem Konzert?", mutmaßte sein Manager wenig überzeugt und zuckte mit den Achseln. "Aber das ist momentan auch gar nicht wichtig. Wir müssen klären, was du am Wochenende machen sollst und was nicht."

Ich nickte nur.

"Es ist schon mal klar, dass die Fans dich nicht sehen dürfen", meinte er. Ich hatte keine Ahnung, wann er heute plötzlich vom 'Sie' auf das 'Du' übergegangen war, aber es konnte mir recht sein, ich mochte es so ohnehin lieber. "Jedenfalls nicht während dem Dienst, sonst ist die ganze Geheimhaltung umsonst."

Die ganze Geheimhaltung war ohnehin umsonst, jedenfalls bei Dave, da dieser in kaum drei Metern Entfernung stand und unserem Gespräch lauschte. Hatte er womöglich sogar schon von Anfang an meine Rolle als Louis' Bodyguard gekannt und es mir einfach nicht gesagt?! Na toll. Dann hatte ich mich mit meinen Lügen auch noch völlig zum Affen gemacht. Super!

"Trotzdem könntest du uns unterstützen", riss Simon mich aus meinen Gedanken. "Vielleicht könntest du die Lage im Backstage-Bereich sichern. Es ist so oder so unwahrscheinlich, dass irgendjemand unerlaubt so weit kommt und du könntest einerseits einen Blick darauf haben, andererseits auch auf Louis. Ein bisschen gucken, dass alles glattläuft und er sich nicht überanstrengt oder so."

Konnte er nicht selbst darauf achten, sich nicht zu überanstrengen? Er konnte das doch sicher besser beurteilen als ich! Allerdings nickte ich erneut einfach nur und freute mich auf eine entspannte Aufgabe.

"Außerdem musst du für den Notfall einsatzbereit sein", erklärte mir Simon. Wieder nickte ich, dieses Mal schon etwas gelangweilt. Notfälle trafen nie ein.

"Bekomme ich wenigstens auch so ein cooles Gerät am Ohr, mit dem ich mich mit allen anderen verständigen kann?", wollte ich dann wissen.

"Ja", bestätigte der große Mann nur und ich hüpfte aufgeregt auf und ab. Mit einem solchen Ding konnte man sich wirklich cool fühlen!

"Und kriege ich für den Notfall eine Schusswaffe?", fragte ich weiter.

Er zog eine Augenbraue hoch.

"Wofür willst du denn eine Waffe haben?"

Ich zuckte unschuldig mit den Achseln.

"Ach, nur, falls wieder ein paar VerFabs anwesend sind. Ich werde meinen armen Hund bei einer solchen Lautstärke nicht mitnehmen können!"

"VerFabs?", wiederholte der Manager verwirrt, aber ich strahlte ihn nur scheinheilig an.

"Nicht so wichtig. Aber bekomme ich dann wenigstens Betäubungsmittel? Vielleicht bricht ja auch ein wilder Fan aus, den wir ohne das nicht zurück in den Käfig bekommen?"

Wenn alle anderen die Fans wie Tiere behandelten, konnte ich das ja auch einmal tun.

"Und ich bin eine Frau, mir kann man das Zeug bedenkenlos anvertrauen."

"Was soll das denn heißen?"

Empört sah Dave mich an und ich zuckte unweigerlich zusammen, als ich den Blick des Riesen auf mir spürte. Trotzdem reckte ich mein Kinn trotzig in die Höhe.

"Na ja. Bei manchen Männern hätte ich schon Angst, wenn die Betäubungsmittel in den Taschen hätten ...", grinste ich, einfach um ihn zu ärgern.

"Und da soll noch mal jemand sagen, dass Frauen immer von Vorurteilen belastet sind. Bei Männern scheint es ja nicht viel besser zu sein", brummte er und meine Augen weiteten sich.

"Es reicht jetzt", unterbrach Simon unsere Diskussion jedoch. "Du solltest das alles hier ein bisschen ernster nehmen, Mia", ermahnte er mich und ich zog den Kopf ein.

Na hoppela. Für einen Moment hatte ich doch tatsächlich vergessen, dass ich hier mehr oder weniger arbeitete.

"Sorry", nuschelte ich kleinlaut.

Er warf mir noch einen prüfenden Blick aus zusammengekniffenen Augen zu, dann winkte er jedoch ab.

"Den Rest können wir bei der Generalprobe besprechen."

Ich nickte, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und schlenderte langsam auf die angelehnte Tür des Wohnzimmers zu, in dem sich Louis mit einigen Leuten befand, um irgendwas für seinen Auftritt zu besprechen.

"Ja, ich weiß was ich machen soll", motzte er just in der Sekunde, in der ich durch die Tür linste. "Wir haben uns seit mindestens zwei Wochen über nichts anderes unterhalten, ich glaube, langsam sitzt es."

Er schnaubte, sprang auf und lief geradewegs auf mich zu, stieß die Tür auf und wäre fast in mich hinein gestolpert.

"Mia", sagte er nur knapp und ging schnellen Schrittes den Flur entlang.

Er schien aufgebracht zu sein. Warum ich ihm folgte, konnte ich selbst nicht ganz sagen, vielleicht wollte ich ihn beruhigen. Demnach fand ich mich kurz darauf im großen Garten des Sängers wieder. Er stand einige Meter von mir entfernt an einem hölzernen Gartentisch und rauchte.

"Das ist ungesund", murmelte ich und stellte mich neben ihn.

"Es ist auch ungesund, einem gereizten Raucher zu sagen, dass das Rauchen ungesund ist", entgegnete er.

"Was auch ungesund war, war die Art, wie du mit deinen Angestellten vorhin geredet hast", warf ich ihm vor.

"Es ist auch ungesund, so mit seinem Chef zu reden", warnte er mich und ich hob die Hände.

"Okay, ich glaube wir haben herausgefunden, dass ziemlich viel ungesund ist. Aber was ist denn heute los mit dir?"

Er wich meinem Blick aus.

"Männerprobleme", erklärte er mir.

"Männerprobleme?", wiederholte ich. Unter Frauenproblemen konnte ich mir ja noch halbwegs etwas vorstellen, aber, dass Männer eine monatliche Blutung hatten, wäre mir neu gewesen.

"Hast du ein Fußballspiel verpasst oder wie?", fragte ich dann, während ich schnell in meinem Kopf durchging, ob diese Möglichkeit wirklich in Betracht gezogen werden konnte und ich somit auch eins verpasst hätte.

"Das sind also für dich Männerprobleme?", wollte er wissen. "Mögen Frauen deiner Ansicht nach kein Fußball?"

"Ich mag Fußball!", warf ich ein.

"Cool!", gab er zurück.

"Aber jetzt mal ernsthaft", meinte ich dann. "Was ist los?"

Schutzengel || l.t. ✓Where stories live. Discover now