12.4: Mr Drama-Queen

1.8K 96 4
                                    

In den nächsten Tagen war die Stimmung höchst unangenehm. Ich wagte es nicht, das brenzlige Thema erneut anzusprechen, aus Angst vor einem weiteren Streit. Wenn man das Gespräch, das wir geführt hatten, als einen Streit bezeichnen konnte ... aber was auch immer es war, ich wollte es nicht wiederholen.

Louis hingegen schien rein gar nicht gesprächsfreudig zu sein, umging das heikle Thema auch, sprach aber auch sonst nicht viel mit mir. Als ich irgendwann die Nase voll hatte, ewig Gespräche mit mir selbst zu führen, die eigentlich für zwei Personen gedacht waren, schwieg ich ebenfalls die meiste Zeit über.

Es wurden sehr stille Tage. Als wir jedoch sogar als wir wieder zu Hause in England waren kaum ein Wort miteinander wechselten, fing ich ihn schließlich ab und stellte ihn zur Rede. Irgendwann mussten wir es ja hinter uns bringen, denn so konnten wir garantiert nicht ewig weitermachen. Ich war nicht der Typ, der seine Probleme in sich hineinfraß und totschwieg.

"Wann hast du endlich vor, mir zu sagen, was los mit dir ist?", fragte ich ihn deshalb rundheraus und zog die Augenbrauen hoch.

"Was soll mit mir los sein?", brummte er genervt, aber ich schüttelte den Kopf.

"Oh nein, Mr Tomlinson, mit der Masche kommst du bei mir nicht durch! Ich weiß, dass du ganz genau weißt, worum es geht. Zum Spaß haben wir uns die letzten paar Tage jedenfalls nicht ignoriert."

"Ich habe dich nicht ignoriert", erwiderte der Braunhaarige kurz angebunden und ich stöhnte genervt.

"Das nicht, aber wir haben nicht miteinander geredet, wenn es nicht unbedingt notwendig war."

"Du hättest ja was sagen können", grummelte er.

"Du auch", hielt ich dagegen, "und ich habe ja mehrmals versucht, ein Gespräch anzufangen, aber du hast immer abgeblockt."

Er zuckte nur mit den Schultern. Dieses gleichgültige Schulterzucken machte mich noch mal rasend!

"Wegen dem Vorfall im Freizeitpark, hab ich Recht?", mutmaßte ich. "Ich weiß nur nicht, was du für ein Problem hast! Ich habe dir doch schon gesagt, dass es mir nichts ausmacht."

"Was macht dir nichts aus?", fuhr er mich wütend an, "Dass du in der Öffentlichkeit für deine Liebe gehasst wirst? Dass deine Kinder nie in Frieden leben werden können?"

Ich kniff die Augen zusammen.

"Dieses Gespräch hatten wir schon mal", meinte ich kühl, "und ich habe dir meinen Standpunkt zu diesen Aspekten schon erklärt."

Er schnaubte abwertend.

"Aber ich glaube dir deine Antworten nicht."

"Lass meine Probleme doch einfach meine Probleme sein!", fauchte ich.

Die Stille, die darauf folgte, war unheimlich und bedrückend. Es hatte in den letzten Tagen viel zu oft nur Stille zwischen uns gegeben. Keinen Kuss, nicht einmal ein Kompliment oder warme Worte. Nur die höflichen Floskeln, mit denen man auf Festen oder Fremden gegenüber um sich warf.

Als das Schweigen fast quälend wurde und ich kurz davor war, es zu brechen, seufzte mein Freund entkräftet.

"Ich denke, du solltest jetzt gehen, Mia."

Ungläubig, verwirrt sah ich ihn an.

"Wohin?"

"Nach Hause", war seine Antwort. Aber ich war zu Hause. Ich war in Louis' großem Haus und mehr zu Hause als das hier gab es für mich nicht. Doch ich wusste, dass er mein Haus meinte. Genau genommen immer noch seins, es gehörte mir schließlich nicht, aber das Haus, was von den beiden wohl eher meins war.

"Du entfliehst einer Diskussion nicht, wenn du ihr auszuweichen versuchst", nuschelte ich undeutlich, aber er hörte mich gar nicht mehr - oder wollte mich nicht hören -, sondern sah konsequent aus dem Fenster und blickte auch nicht auf, als ich langsam zurückwich, durch die Tür trat, den Flur entlang ging und beim Eingang eine kurze Pause einlegte. Schwer schluckend sah ich zu dem Wohnzimmer, aus dem ich gekommen war. Was war nur in ihn gefahren?

Natürlich kannte ich die Antwort in meinem tiefsten Inneren schon: er wollte mich schützen. Was für ein beschissener Beschützerinstinkt! Ich konnte auf mich selbst achten und war kein hilfsbedürftiges kleines Mädchen, das von ihrem Freund vor der Außenwelt bewahrt werden musste. Und, ob er es glaubte oder nicht, ich sagte die Wahrheit. Mir war es wirklich egal, ob mich die Leute dafür hassen würden, dass wir ein Paar waren und um meine Kinder machte ich mir ehrlich gesagt auch keine Sorgen. Bis dahin würde die Menge so oder so ein neues Thema gefunden haben, über das sie sich aufregen konnte. Die meisten Fans hatten ja auch jetzt schon kein Problem mehr mit Freddie und Briana, ganz im Gegenteil, sie fanden Lous kleinen Sohn unglaublich süß!

Er würde sich in der nächsten Zeit schon wieder einkriegen. Alle guten Argumente standen nämlich auf meiner Seite, das musste er doch einsehen!

Somit holte ich einmal tief Luft, wandte mich zum Gehen, entschloss mich dann aber noch einmal anders. Er hatte mich wütend gemacht, mit seinem ewigen 'Ich will dich doch nur beschützen, du wirst mit mir niemals glücklich werden' Getue.

"DEINE HATER GEHEN MIR AM ARSCH VORBEI! DU HAST KEINE SINNVOLLEN ARGUMENTE!", schrie ich mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte. Etwas zufriedener als zuvor schritt ich selbstbewusst hinaus.

Dieser Junge konnte teilweise aufregen. So. Sehr. Aufregen.

In meinem Kopf wiederholte sich immer wieder die selbe Frage: Warum ließ er es nicht einfach meine Sache sein, ob ich mit dem Hate klarkam oder nicht? Warum wollte er unbedingt meinen Schutzengel spielen, wenn ich doch diejenige war, die vertraglich dazu verpflichtet war, ihn zu beschützen?

Doch ich beschloss, dass ich besser war als er. Ich würde die Zeit, in der er darüber brütete, ob er mein Leben 'zerstören' sollte oder nicht, dazu nutzen, ein paar sinnvolle Dinge zu erledigen und mit etwas Glück sein Leben ein wenig zu verbessern. Ich liebte diese Drama-Queen von Louis Tomlinson nämlich, daran konnte man nicht zweifeln.

Also holte ich mein Handy hervor und suchte in den Kontakten nach der wohl einzigen Nummer außer Louis', die mir eine ganze Stange Geld einbringen würde, wenn ich vorhatte, sie zu verkaufen. Mein Plan würde garantiert nicht einfach werden, aber das war wohl schon fast Tradition bei mir. Dafür würde das Ergebnis umso besser sein!

Schutzengel || l.t. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt