62. Kapitel

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Kilian durchstreifte als Wolf die Wälder nahes seines Zuhauses, während er seine Gedanken schweifen ließ. Es war ihm total egal, ob sein Vater oder sonst wer sich Sorgen machen würde, er interessierte ja sowieso niemanden. Seiner Mutter ging es immer und immer schlechter und kaum einer hoffte noch auf ihre Heilung und was tat sein Vater? Nichts. Er arbeitete einfach weiter und tat so, als ob ihn das alles nichts angehen würde. Wie oft hatte er in letzter Zeit am Bett seiner Mutter gekniet und gehofft, dass sein Vater auch vorbeikommen würde, um ihn zu trösten? Er hatte aufgehört zu zählen. Nie war er gekommen. Der junge Wolf schaute betreten zu Boden, als eine Stimme in aus seinen Gedanken riss. 

Sofort versteckte er sich hinter einem Baum und sah gespannt in die Richtung, aus der die Stimmen kamen. Kurze Zeit später betrat ein Mann mit einem kleinen Mädchen sein Blickfeld, wobei er die beiden nicht vollständig sehen konnte. Er brauchte einige Sekunden, ehe er den Mann erkannte. Es war der Alpha des anderen Rudels. Auch das Mädchen kam ihm bekannt vor. War sie nicht das Mädchen, mit dem Ace so viel Zeit verbrachte? Während er weiter darüber nachdachte, wurde er sich immer sicherer, dass sie es war. Aber was wollte sie hier mit dem Vater von Ace? 

Lautlos folgte Kilian den beiden. Erst nach einigen Metern fiel ihm auf, dass der Mann nicht einfach seinen Arm auf die Schultern des Mädchens gelegt hatte, so wie es bisher aussah. Stattdessen hielt er ihr den Mund zu, während er die ganze Zeit ihr irgendwas beruhigendes zuflüsterte. Irgendwann hielten die beiden an und auch Kilian blieb stehen, während er die beiden weiterhin beobachtete. Erst jetzt konnte er die beiden von vorne sehen, wobei das Mädchen auf den Boden schaute. Trotzdem konnte er die pure Angst in ihren Augen erkennen. 

„Weißt du, ich würde gerne ein Gespräch mit dir führen, ohne das Ace es mitbekommt", begann der Alpha, wobei er seine Hand immer noch auf dem Mund des Mädchens ließ. "Mir ist aufgefallen, dass du kein wirklich guter Umgang für meinen Sohn ist und ich möchte, dass du weißt, dass ich wirklich nur das beste für meinen Sohn möchte", fuhr er fort. Der Blick des Mädchens wurde immer verwirrter und auch Kilian verstand diesen Mann nicht. Wieso sollte sie einen schlechten Umgang für Ace sein? Er fand eher das Gegenteil. 

„Jedenfalls möchte ich dir ein Angebot unterbreiten", meinte der Alpha, während er die ganze Zeit das Mädchen nicht aus den Augen ließ. Sofort hatte er wieder die Aufmerksamkeit des Mädchens und die von Kilian. „Verschwinde von hier und komme nie wieder her und vor allem darf Ace von dem ganzen kein Wort erfahren", sprach der Alpha sein Angebot aus und das Mädchen sah in geschockt an. Auch Kilian konnte nicht fassen, was er da grade gehört hatte. Wie konnte er so etwas von ihr verlangen? 

„Nicke einfach mit dem Kopf, wenn du mein Angebot annimmst und wenn du das Angebot ablehnst, schüttel mit dem Kopf. Aber denk gut über mein Angebot nach. So eine Chance bekommt man nicht immer geboten und ich habe Bekannte in vielen verschiedenen Rudeln. Du könntest nach Frankreich, Italien, Spanien oder sogar England", meinte der Alpha mit einem leichten Lächeln. Mirabella, schoss es Kilian durch den Kopf. Genau so hieß sie. Mirabella zögerte einige Sekunde, ehe sie wild den Kopf schüttelte. 

„Was? Du willst mein Angebot wirklich ablehnen? Ich würde wirklich nochmal darüber nachdenken. Die Alternativen sehen nicht so rosig aus", fordert der Alpha sie nochmal auf. Wieder schüttelte sie wild den Kopf. „Weißt du, ich hatte wirklich Hoffnung, dass wir das Problem anders aus der Welt schaffen könnten, aber, wenn du nicht mit uns zusammen arbeiten willst?", enttäuscht schüttelte der Alpha den Kopf. Gerade, als er die Hand heben wollte, passierte etwas mit Mirabella. Kilian sah zu, wie sie anfing zu zittern. Auch der Alpha entfernte sich einige Schritte von ihr, während er sie verwirrt musterte. 

„Was passiert da?", fragte er ungläubig. Nach einigen Minuten fiel Mirabella auf den Boden. Langsam veränderte sich ihr Aussehen. Man hörte, wie ihre Kleidung zerriss und wie Knochen knackten. Ihr wuchs Fell und schon nach einigen Minuten lag an ihrer Stelle ein weißer Jungwolf. Genau so wie Kilian, zog auch der Vater von Ace stark die Luft ein. 

„Ein weißer Wolf?", flüsterte er ungläubig, „Das kann nicht sein." Die weiße Wölfin sah sich um und stand langsam auf, wobei sie immer noch ganz wackelig auf den Beinen war. „Trotzdem wird das nichts daran ändern, dass du heute sterben wirst", knurrte der Alpha und keine Sekunde später hatte auch er sich in einen braunen Wolf verwandelt. Kilian konnte nur staunen über die Größe und die Macht, die der Wolf ausstrahlte. Sofort stürzte sich der Wolf auf die weiße Jungwölfin und biss zu. Kilian zuckte zusammen und blickte sofort weg, während er das schmerzverzerrte Heulen hörte. Er zuckte nochmal zusammen, als er ein weiteres Knacken hörte. So schnell wie möglich rannte er weg. Es war ihm total egal, ob der Alpha ihn hörte oder nicht. Er wollte einfach nur weg. Irgendwann erreichte er das Haus von Ace und war schon kurz davor, zu klingeln. Aber irgendwie konnte er es nicht. Er konnte Ace nicht erzählen, was er gesehen hatte. Ace hatte nur noch seinen Vater. Den konnte er nicht auch noch verlieren. Also drehte Kilian sich um und kehrte nach Hause zurück.

Die weiße AlphaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt