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Ein kalter Schauer von Panik lief Hicks den Rücken hinunter. Er konnte Ohnezahn nicht verlieren, nicht ihn auch noch. Er wollte und konnte nicht. Und er durfte auch nicht.
Ohnezahn setzte seine rechte Pfote auf  den Boden und hob stattdessen die linke. Schief lächelnd sah er zu seinem Freund. Voller Freude umarmte dieser ihn.

Ryo spielte mit einem kleinen Nachtschatten, der unablässlich an ihr hochkletterte. Sie lachte, der Kleine kitzelte sie.
"Ich wünschte, ich könnte dich nach Berk nehmen. Berk ist witzig, weißt du? Es gibt viele Drachen und andere Tiere. Dir hätte es dort bestimmt gefallen!"
Sie nahm den Nachtschatten in ihre Hände, aber er war schwer. Im Gegensatz zu den Anderen war dieser Nachtschatten wirklich klein, nicht älter als drei Wochen. Ein Spätschlüpfer. Seine Freunde waren älter, größer und schwerer. Aber den hier konnte Ryo hochheben, auch wenn seine Pfoten dabei fast am Boden waren.
"Ich werde dich Wellenflügel nennen. Du bist niedlich und dein Mal auf deinen Flügeln erinnert mich an eine Welle. Sogar zwei. Aber Wellenflügel passt."
Tatsächlich hatte der kleine Drache eine hellere Stelle auf seinen Flügeln. Das wellenförmige Mal zog sich über den gesamten Flügel auf beiden Seiten und war auf seinem Rumpf verbunden. Wenn der Drache seine Flügel ausstreckte und damit schlug, sah es aus, als würde eine Welle sich bewegen.

Astrid beobachtete ihre Tochter. Sie lachte fröhlich und ihre roten Haare fielen in dem schwachen Licht wirklich auf. Insgeheim hatte Astrid gehofft, dass ihre Tochter solche Haare haben würde, wie ihr Vater. Aber die Roten waren sogar noch schöner. Ryo. Der Name hatte sie lange beschäftigt. Hicks und sie wollten keine gewöhnlichen Namen geben, aber es gab keine große Auswahl an Außergewöhnlichen. Sie gingen von Tara über Nea bis hin zu Aliana. Gothi hatte ihnen geholfen und auch viele Reisende kamen ihnen zu Hilfe. Doch den richtigen Namen fanden sie erst sehr spät, nur wenige Tage vor Ryos Geburt. Auf einem riesigen roten Drachen mit eisblauen Schuppenenden kam ein weiterer Reisender nach Berk. Sie verstanden ihn nicht, doch der Name seiner Frau blieb ihnen im Gedächtnis. Akira. Akira hatte das Glück, dass sie die Kunst beherrschte, sich auch ohne Worte mit Menschen zu verständigen. So erfuhren sie, dass die beiden von einer weit entfernten Insel aus dem Osten kamen. Und als sie die Listen mit Namen entdeckten, fingen auch sie an, ihnen welche vorzuschlagen. Berk war zu einem bekannten Treffpunkt für Reisende geworden und das verdankte man vor allem Heidrun und Dagur, die die Nachricht verbreiten ließen. Dutzende von Menschen, die fremde Sprachen beherrschten, schlossen sich der Aktion an. Astrid merkte manchmal, dass sie sich noch immer nicht an die Änderungen gewöhnt hatte. Es gab noch immer Momente, in denen sie überlegte, was sie denn mit ihrer Axt anfangen sollte, jetzt, wo sie die Drachen nicht mehr bekämpften. Doch da fiel ihr ein, dass ihr das sowieso immer bewusst gewesen war. Berk hatte sich entwickelt. Auf die gute Art. So kam es also, dass sie jetzt hier saßen. So vieles war passiert und ganz Berk mit seinen Nachbarn war glücklicher als je zuvor.

Abendessen. Schlafen. Frühstück. Die Nacht endete nie, doch der Ablauf war eingespielt. Den Reitern wurde klar, dass sie die Insel bald verlassen mussten. Sie konnten die Nachtschatten nicht ewig belasten. Nachdem ungefähr fünf Tage vergangen waren, entschlossen sie sich, die Rückreise anzutreten. Auf dieser Insel verlor man jegliches Zeitgefühl und es war nie geplant gewesen, länger als sieben Tage zu bleiben. Das wollten sie Reiter und ihre Drachen auch einhalten. Sie begannen alles zusammen zu suchen, was sie irgendwo auf der Insel hatten liegen lassen. Kein leichtes Unterfangen, denn es war nach wie vor stockdunkel. Die Nachtschatten hatten das Feuer vor einigen Stunden gelöscht. Nach einer langen Suche schienen sie alles gefunden zu haben. Heidrun und Fischbein steckten noch etwas mehr Verpflegung mit ein und dann wurde es Zeit für den Abschied.

Hicks verbeugte sich vor dem ehemaligen Führer, so wie es die Nachtschatten getan hatten. Seine Freunde machten es ihm nach. Auch vor Schattenklaue taten sie dies, obwohl die Nachtschattin auch Umarmungen zuließ. Ryo verabschiedete sich unter Tränen von Wellenflügel. Der kleine Drache war ihr wirklich ans Herz gewachsen. Sie winkten und verließen noch immer in der Finsternis die Insel der Nachtschatten.

Ein kürzeres Kapitel, aber ich musste an dieser Stelle enden. Wir nähren uns dem Ende! Noch ein Kapitel, dann ist die Story beendet. Danke für eure Unterstützung, liebe Leser!

Dragons- Neue Welten [Ferien auf fernen Inseln 3]Where stories live. Discover now