Kapitel 11

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Wir hatten dann noch eine Weile über das Training geredet. Bei ihm lief es Anfangs ähnlich wie bei mir. Nur dass er es die letzten beiden male halbwegs hinbekommen hatte, ich nicht. Sein Trick war, dass er versuchte sich zu erinnern, weshalb er kämpfen musste. Etwas, was Kenna ihm geraten hatte. Auch ich würde mir das zu Herzen nehmen.

Am nächsten Vormittag war dann einkaufen angesagt. Denn meine Tüten hatte ich bei meiner Entführung durch Raziel verloren. Und wir brauchten Essen. Doch dieses mal zog ich nicht alleine los. Raziel, Malia und Cora begleiteten mich. Genauso wie Kenna. Ich nahm das Schwert, das Dave mir damals nach seinem Tod gegeben hatte. Dann machten wir uns auf den Weg.

Raphael traf sich mit Uriel und Michael. Da Raziel nicht mitgehen wollte, nutzte er mich als Ausrede. Wir fuhren zu dem Einkaufszentrum und gingen hinein. Ich würde auch gleich etwas für Clara mitnehmen, denn sie war bereits wieder etwas gewachsen. Es war hier nicht so voll wie früher, doch ein Glück auch nicht komplett leer.

Nach einer halben Stunde hatten wir fast alles zusammen. Ich wollte nur noch nach einem T-Shirt in einem der Läden schauen, als ich jemanden anrempelte. Entschuldigend sah ich auf und war überrascht, Raphael zu sehen. Doch er schenkte mir kein Lächeln. Stattdessen begann er zu Grinsen.

Schnell lief ich etwas rückwärts. Cora beobachtete uns von der Seite. Ich spürte die Dunkelheit, die von ihm ausging. Oh nein. "Wieso werde ich das ungute Gefühl nicht los, dass es sich dabei nicht um Raphael handelt?", wollte Cora wissen. Nun, dachte ich, weil er es nicht war. Langsam griff Raziel nach seinem Schwert und auch ich legte die Hand an meins.

"Na Klasse", kam es von Malia. Ich blickte in die Richtung, in die sie sah und konnte meinen Augen nicht trauen. Da stand ich. Oder vielmehr; meine Doppelgängerin. Ihr Haar, ihre Augen - sie glich mir so sehr. Nur ihre Kleidung war anders. Eleganter. Dunkel. Eng anliegend. Ihr Kleid musste ihr nur knapp über den Hintern reichen. Und geschlossen war es nur oben und unten. Über ihrem Bauch kreuzten sich zwei dünne Streifen.

"Endlich", sagte sie und sogar ihre Stimme klang wie meine. "Ich danke dir, Raziel. Du hast deinen Fehler wieder gut gemacht", lobte sie ihn wie einen Hund. Raziels Doppelgänger nickte nur. Wie hatte er uns bitte gefunden? Und ich dachte, er wäre auf unserer Seite.

"Wir können diese ganze Sache schnell oder langsam klären", fuhr meine Doppelgängerin fort. Ich zog mein Schwert. "Sterben würde ich doch so oder so. Aber wenigstens nicht kampflos." In diesem Moment wurde Raziel von Raphaels Doppelgänger angegriffen. Schnell sah ich mich nach Kenna um, doch sie war verschwunden. Einfach so.

Meine Doppelgängerin grinste und schnipste einmal mit den Fingern. Ich erwartete mehr von ihrer Art. Doch es tauchten seltsame Kreaturen auf. Sie sahen irgendwie aus wie Menschen, doch sie waren extrem dünn. Ihre Augen wirkten leblos. Und sie waren komplett in schwarze, enge Kleidung gehüllt. 

Langsam wich ich zurück. Am liebsten würde ich verschwinden. Angst kam in mir auf, als eines dieser Dinger mir näher kam. Meine Angst wich daraufhin der Panik, als mich plötzlich jemand am Handgelenk packte und mich beiseite zog. Erleichtert darüber, dass es Kenna war, atmete ich aus.

Sie drückte mich gegen einen Schrank. "Du darfst keine Angst vor ihnen haben", sagte sie. "Was sind die?" "Nicht alle bekommen einen Doppelgänger. Einige Seelen wandern einfach durch die Unterwelt. Jeder meiner Art kann sie dann einfach beherrschen", erklärte sie. Das waren Seelen? Weshalb waren sie bösartig? Sie griffen Malia und Cora an, die sich nur gerade so zu verteidigen wussten.

"Sind sie-" "Kreaturen? Nein. Die hier haben keinen eigenen Kopf. Die Kreaturen, von denen Raziel und die anderen sprachen, sind keine hirnlosen Hunde, die sich kontrollieren lassen. Nur absorbieren." Meine Doppelgängerin hatte also nur ihre Macht.

New World: AfterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt