Frage aller Fragen

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November 2002 in Fünfhaus, Wien

"Du kommst aus dem Schwärmen ja gar nicht mehr heraus." lachte Raphael. "Aber es ist doch auch echt zu süss, wie Brian alles für Mia tun würde. Er gibt sie nicht auf." seufzte ich und ließ einige Szenen aus dem an diesen Tag gesehenen Film "The fast and the furious" vor meinem inneren Auge ablaufen.

Wir waren zusammen im Kino gewesen. Von den ersten Szenen an war ich komplett hin und weg und hatte den ganzen Film gebannt verfolgt. "Dann weiss ich ja, wann wir spätestens wieder zusammen ins Kino gehen." Das raue Lachen von dem Dunkelhaarigen sorgte dafür, dass mir ein wohliger Schauer über den Rücken lief. "Und stell dir mal vor, wenn die Heiraten. Für mich ist heiraten ja nichts, aber bei den beiden wäre es so toll."

Da es ziemlich kühl geworden war, zog ich die Decke in die Raphael und ich eingewickelt sind dichter um mich. Dadurch fing die Hollywoodschaukel leicht an zu wippen. "Du möchtest nicht heiraten?" Mit seinen dunklen Augen musterte er mich von der Seite. "Naja, es ist für mich halt nicht von besonders grossem Wert, ob man seinem Freund jetzt 'n Ring an den Finger steckt und ihm damit dieses Versprechen gibt. Wenn man sich liebt braucht man das aus meiner Sicht nicht. Verstehst du?" Ich erwiderte seinen Blick. Rapha zuckte nur mit den Schultern. Eine Weile schwiegen wir vor uns hin. Wir genossen die Stille und die Anwesenheit des jeweils anderen.

"Marisa?" Durchbrach Raphael irgendwann die Stille. "Mhm?" Ich schaute ihn von der Seite an. Sein Blick war starr in die Dunkelheit gerichtet. "Darf ich dich etwas fragen?" Komischerweise schien der sonst so sprachgewannte Halbitaliener zu hadern. Um ihm diese Unsicherheit zu nehmen, griff ich nach seiner Hand, so wie ich es in den letzten Tagen schon öfters gemacht hatte. "Fragen darfst du mich alles." antwortete ich und konnte mir gerade noch verkneifen, zu ergänzen, dass er sich aber nicht sicher sein konnte, ob ich ihm eine Antwort geben würde.

Eine Weile schwieg er. Er schien sich sammeln zu müssen. "Veux tu être ma jolie?" In meinem Kopf ratterte es, so gut sprach ich nun auch nicht französisch. "Also, möchtest du meine Mia sein? Du meine Mia und ich dein Brian?" Er atmete tief aus. Schien erleichtert zu sein, dass es raus war. Und ich? Nachdem ich mich zusammenreissen musste, nicht über seinen kitschigen und etwas peinlichen „The fast and the furious" Vergleich zu lachen, musste ich erstmal verarbeiten, war er da gesagt hatte.  Ich war einfach nur überfordert. Klar wusste ich von seinen Gefühlen und trotzdem kam das alles unerwartet. Deshalb bekam ich kein Wort heraus und konnte nur nicken. Eine Reaktion, die aus einem Bauchgefühl heraus entstanden war. Unsicher suchte er meinen Blick. Ich schlang meine Arme um seinen Hals. Wie in meinem Traum damals kamen wir uns langsam näher, bis sich unsere Lippen berührten. Zum ersten Mal küssten wir uns und in meinem Bauch explodierte ein Feuerwerk. Mein Nicken war die richtige Antwort gewesen, das spürte ich tief in meinem Inneren.

"Veux-tu être ma jolie?" RAF CAMORA FFWhere stories live. Discover now