„Ich heiße Marisa."

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Februar 1998 in Fünfhaus, Wien

Heute hatte ich endlich Taschengeld bekommen. Mein erstes Taschengeld in unserem neuen Zuhause. Ich war schon ein bisschen aufgeregt, als ich mit den Münzen in meiner Hand zu dem bunten Automaten lief.

Schon öfter hatte ich diesen von weitem gesehen. Lange stand ich vor dem großen, bunten Blechkasten und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. So etwas hatte es da wo wir bisher gewohnt haben nicht gegeben. Einzig im kleinen Dorfladen um die Ecke gab es Süßigkeiten. Diese waren aber nicht so bunt, wie die Süßigkeiten in dem großen Kasten. Bei uns hatte es zum Beispiel Nougat gegeben. Oder Karamellbonbons. Zur Weihnachtszeit auch mal Kekse oder Schokoladenkugeln.

Noch nie zuvor hatte ich eine so große Vielfalt an Süßigkeiten gesehen. Verschiedenste Gummibärchen, Getränke und Schokoladensorten sowie Chips gab es hier. Schlussendlich fiel meine Wahl auf eine Packung Gummibärchen. Ich drückte auf den Knopf neben den Gummibärchen und warf dann meine Münzen in den Geldschlitz. Ich hörte dem Scheppern der Münzen zu und wartete gespannt darauf, dass die bunte Packung aus der Halterung fiel und ich sie aus der Klappe nehmen konnte. Doch nichts dergleichen passierte. Ob ich wohl zu wenig Geld in den Automaten geworfen hatte?

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie ein Junge kommt auf mich zukam. Ängstlich blickte ich in seine Richtung. Mein Papa hatte mir beigebracht, dass ich bei Fremden aufpassen müsse. Die sizilianische Mafia hatte ihre Kontakte überall. Ja, es klang paranoid aber mein Vater hatte Gründe für seine Angst. Es war schließlich die Mafia gewesen, die für den Tod seines Bruders verantwortlich gewesen war. So erzählte er es meiner Mama und mir jedenfalls, wenn wir nach meinem Onkel gefragt hatten.

„Du bist nicht von hier oder?" fragte der Junge. Seine dunkelbraunen Haare waren zerzaust. Aus seinen braunen Augen blickte er mich fragend an. „Nein, ich bin neu hier." Meine Stimme klang piepsiger als beabsichtigt, was ihn dazu brachte, mir ein aufmunterndes Lächeln zuzuwerfen. „Ich tu dir nichts. Erschreck dich bitte jetzt einfach nicht." Mit diesen Worten packte er den Automaten an den Seiten und rüttelte kräftig an diesem. Ich konnte zusehen, wie sich das Päckchen Gummibärchen löst und runter zur Klappe fiel. Triumphierend nahm der fremde Junge das Päckchen und streckte es mir hin.

„Danke." bedankte ich mich höflich. Ich öffnete das bunt bedruckte Plastikpäckchen und hielt es meinem Gegenüber hin. Er lehnte mit einem Kopfschütteln dankend ab. Ich zuckte nur mit den Schultern und schob mir zwei der süßen Köstlichkeiten in den Mund. Genüsslich kaute ich diese und schlucke sie schlussendlich runter.

Nun galt meine Aufmerksamkeit wieder dem Jungen vor mir. „Wie heißt du eigentlich?" Der Junge lief zu einem der Tischtennis-Tische und setzt sich darauf. Dann winkte er mich zu sich. Ich folgte seiner Geste und setzte mich neben ihn. „Raphael, und du?" Er ließ lässig die Beine baumeln. „Ich heiße Marisa."

"Veux-tu être ma jolie?" RAF CAMORA FFOn viuen les histories. Descobreix ara