Senna Quince | Kapitel 9

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Die Wagenparade schien nach nur wenigen Minuten vorbei, auch wenn es eindeutig länger dauerte. Der Jubel und das Machtgefühl hatten mich jedoch regelrecht berauscht, wodurch ich nur noch grinsen konnten, als wir in die große Halle, unterhalb des Trainingscenters, hielten. 

Maze kletterte zu erst herunter und half mir dann ebenfalls. Dieses Outfit war eindeutig nicht dafür geschaffen, sich darin zu bewegen, sondern gut auszusehen und das hatten wir getan. Eindeutig. 

Mein Blick huschte kurz zu Tway, der bereits mit seinem kompletten Team zusammen stand. Kurz nickte er mir zu, ehe sie gingen und es schien so etwas wie Anerkennung darin zu liegen.

„Großartig!“, begrüßte uns Filius und zog dabei jede Silbe lang.

Auch Mags und der Rest unseres Teams kamen, nur Finnick war nicht bei ihnen. 

„Wo ist Finnick?“, fragte Maze, ehe ich es konnte. 

Dadurch fiel mir jedoch auf, wie Mags das Gesicht verzog, und ich hätte die Antwort unseres Betreuers eigentlich nicht einmal mehr gebraucht, um es zu wissen. 

„Er hat hier noch andere Verpflichtungen, denen er nachgehen muss.“

Ein Kloß verankerte sich in meiner Kehle und jegliche Euphorie war dahin. 

Maze, der keine Ahnung hatte, was diese Aussage wirklich für Finnick bedeutete, hüpfte fast mehr zum Aufzug, als das er ging, während ich ihm hinter her schlich.

Auch Mags schien er betrübt, was mir zeigte, dass auch sie von Finnicks Schicksal wusste. Ich fragte mich, ob zur Zeit der alten Frau, es ebenfalls schon solche... Gefallen gab, die die Sieger zu erledigen hatten. Noch heute, war Mags eine anmutige alte Dame, die jeder im Distrikt respektierte, aber damals soll sie atemberaubend schön ausgesehen haben. 

War dass das Schicksal aller gut aussehenden Sieger? Wahrscheinlich.

In unserer Etage angekommen, wedelte Filius sofort nach den Avoxen, stummen Diener des Kapitols. Alleine gezwungen sein, den Kapitol zu dienen, stellte ich mir furchtbar vor. Jeden Tag, den Luxus zu sehen, aber nicht selber darin leben zu dürfen. Schlimmer war jedoch, dass ihnen die Zunge, als Strafe für ihren Verrat an Panem, herausgeschnitten wurde. Ohne Stimme... das war grausam. 

Sie alle wirbelten verschreckt herum und konnten nicht schnell genug verschwinden. 

Mags führte uns wieder zu unseren Zimmern und wenn ich dachte, dass der Zug voller Luxus war, war das Kapitol wohl das Paradies. 

Schnell schälte ich mich aus den Sachen und sprang unter die Dusche, ehe ich mir die erst besten Sachen nahm, die mir entgegen fielen. 

Gerade als ich wieder in den Wohnbereich kam, war das Abendessen aufgetischt und Filius rief alle zusammen. 

Finnick war immer noch nicht da. 

Ich konnte mich nicht wirklich an den Gesprächen am Tisch beteiligen. Da es aber die meiste Zeit sowieso um unseren Auftritt ging und wie toll wir ausgesehen hatten, musste ich auch nicht mehr als lächeln. 

Das essen war gut und trotzdem würgte ich nur ein wenig herunter, als Mags auch schon meinte, dass wir zu Bett gehen sollten. 

Das Training war ehe für sie da, um sich vor den Spielmachern zu präsentieren und einander zu zeigen, was sie konnten. Und um die anderen Tribute einzuschüchtern. Sie sollten Angst vor ihnen haben, damit sie Fehler machten.

Wir mussten fit sein, also hatte sie Recht. 

Maze und ich verabschiedeten uns, ehe wir jeweils in unser Bett gingen. 

Ich suchte mir eine weite Hose und ein enges Shirt, ehe ich mich hinlegte. 

Der Versuch, einzuschlafen, war jedoch nicht wirklich umsetzbar. 

Nachdem ich mich gut zwei Stunden hin und her war, konnte ich immer noch nicht schlafen, wodurch ich mich frustriert aufsetzte. 

Ein Morgenmantel lag auf den Stuhl neben dem Bett, wodurch ich ihn überzog, ehe ich aus meinem Zimmer trat. 

Es war komplett still und dunkel. 

Alle schienen zu schlafen. Alle, bis auf einen.

Nur aus einem Zimmer war die Dusche zu hören. 

Finnicks Zimmer. 

Auf leisen Sohlen schlich ich zu seinem Zimmer und öffnete die Tür. 

Es war hell erleuchtet und die Tür zum Bad nur angelehnt. Dahinter war die Dusche nun lauter zu hören und Dampf kämpfte sich durch den Schlitz.

Leise setzte ich mich auf sein Bett und wartete, bis das Wasser abgedreht wurde. 

Es dauerte noch eine Weile bis er, mit nur einem Handtuch um die Hüften, aus dem Bad kam. 

Nur kurz schaute er mich aus trüben und müden Augen an, ehe er zur Kommode ging, um Kleidung herauszusuchen. 

In Distrikt Vier sahen wir uns immer wieder mit weniger Kleidung. Der Anblick seines nackten Oberkörpers lenkte mich deshalb nicht wirklich ab und auch wenn er gut trainiert war, wirkte er nicht in der Hinsicht anziehen auf mich. 

Mein Blick war eher auf seine Schultern gerichtet, die unglaublich verspannt wirkten.

„Alles okay?“, flüsterte ich nach einer Weile und Finnick hielt in seinen wühlen inne.

Seine Körpersprache schrie regelrecht nein, doch nach einer Weile zuckte er nur die Schultern. 

„Tut mir Leid.“

„Ich hab dir schon mal gesagt, es ist nicht deine Schuld.“, meinte er endlich, auch wenn er mich immer noch nicht anschaute. „Du bist schließlich nicht der Präsident oder eine dieser Frauen.“

Ich konnte nicht anders, als zu Boden schauen, wodurch ich nur hörte, wie Finnick die Schublade schloss und noch einmal im Bad verschwand. 

Das nächste mal kam er angezogen heraus, wobei er immer noch, nur eine weite Hose trug, die er wohl zum Schlafen her nahm. 

Ohne mich anzusehen ging er zum Fenster und es dauerte nicht lange, bis ich ihm folgte. 

Traurigkeit und Scham schien mir aus allen seinen Poren entgegen zu hallen. 

Vorsichtig lehnte ich mich an seine Schulter. Ich ignorierte, wie er sich in der ersten Sekunde versteifte, und nahm es ihm nicht übel. Es war auch jedes mal so, wenn er vom Kapitol nach hause kam. 

In der nächsten Sekunde entspannte er sich unter meiner Berührung und griff sogar nach meien Händen, um sie um sich zu legen. Ich drückte mich noch ein wenig fester an seinen Rücken, als ich spürte, wie er zu zittern begann.

„Ich hasse es.“ Seine Stimme war ein kaum hörbares flüstern, doch daraus sprach so viel Wut und Verzweiflung, dass mir fast schlecht wurde. 

„Ich weiß Finnick,“ , murmelte ich, um ihn zu beruhigen, „ Ich weiß.“

Senna Quince | Geboren um zu töten Where stories live. Discover now