»Seit wann?«

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Stiles streckte und reckte sich seiner Wärmequelle entgegen. Es roch so verdammt gut.
»Morgen«, murmelte Derek und Stiles sprang, vor lauter Schreck, fast aus dem Bett. Was tat Derek denn hier? Achja, er hatte ihn gebeten zu bleiben. Aber warum waren sie beide halb nackt? Stiles sah irritiert an sich herab.
»Du wolltest es ausziehen«, sagte Derek und deutete auf das zerissene T-Shirt. »Dann hast du dich halb erwürgt und es zerrissen.«
Stiles hob verwundert eine Augenbraue. Das könnte sich, unter gewissen Umständen, wirklich so zugetragen haben.
»Bei zwei Werwölfen im Bett, kann es schonmal heiß werden«, erklärte Derek. Nur langsam wurde er sich seiner Worte bewusst. »Also wegen der Körpertemperatur mein ich.«
Er zog die Bettdecke ein Stück höher und sah Stiles an. Er schien amüsiert über Dereks Wortwahl. Das wollte der Alpha so aber nicht auf sich sitzen lassen. »Und wenn du dich dann so an mich ranschmeißt, bleibt mir ja nichts anderes übrig, als auch was auszuziehen.« Derek sah es an Stiles' Blick, bevor er es roch. Die Stimmung schlug um, Stiles hatte es nicht als Spaß aufgefasst. Bevor er überhaupt den Mund öffnen konnte, saß Derek auf ihm. Rote Augen brannten sich in goldene. »Lass es, fang nicht wieder an!«, knurrte Derek. »Wenn mir das was ausgemacht hätte, hättest du nicht so gelegen, also komm runter. Es war nur Spaß.« Stiles brauchte einen Moment, bis die Wut über Dereks Stichelei verflogen war.
»Merkst du eigentlich, wo du da sitzt?«, fragte Stiles stattdessen. »Ich kann zwar nicht prahlen, aber verstecken muss ich mich auch nicht!« Dereks Augenfarbe wechselte zu normal, dann merkte er auch, was Stiles meinte. Er saß auf einer beachtlichen Morgenlatte, die in dem Alter vermutlich zum Aufwachen gehörte. Trotzdem rührte er sich nicht.
Als Stiles ihn auffordernd ansah, rutschte Derek demonstrativ nach vorne. Durch die Reibung zog sich bei Stiles alles zusammen. Grade so konnte er verhindern, dass er stöhnte. »Du hast echt keine Hemmungen, was?«, merkte Stiles an.
»Warum auch?«, fragte Derek. »Das sind völlig banale Körperreaktionen.«
Stiles zog skeptisch eine Augenbraue hoch. Für wie banal würde Derek es halten, wenn Stiles ihm sagte, er sollte doch noch einpaar Mal hoch und runter rutschen, um das Problem zu beseitigen? War schließlich auch nur eine Reaktion. Bevor er irgendwas sagen konnte, öffnete sich seine Zimmertür.
»Hey Jungs, ich hab uns Frühstück-« Stiles' Vater erstarrte. Er hatte wohl einen anderen Anblick erwartet. »Lasst euch nicht stören«, sagte er in leicht erhöhter Stimmlage. »Das Frühstück ist fertig, also wen ihr da fertig seid, könnt ihr ...« Die letzten Worte verstand Stiles schon nicht mehr, da sein Vater sich umdrehte und die Tür schloss. Umgehend verankerte sich sein Blick in Dereks. Er atmete schwer aus; mit Dereks Gewicht auf sich, war es auch nicht anders möglich.
»Wie schön«, sagte er sarkastisch, »jetzt denkt nicht nur die halbe Schule, dass wir was am Laufen haben, sondern auch mein Vater.«
»Wieso sollte er das denken?«
»Weil du halb nackt auf mir sitzt, meine Hände aufs Bett drückst und ich mit 'nem Ständer unter dir liege vielleicht?« Stiles' Stimme wurde immer lauter und Derek krabbelte schnell von seinem Beta runter. So betrachtet, sah es wirklich zweideutig aus. Oder doch eher ziemlich eindeutig. »Wir klären das«, versprach Derek kleinlaut. Stiles nickte übertrieben zustimmend und stand auf. Derek konnte nicht anders, als den Blick über die Ausbuchtung in der Boxershorts gleiten zu lassen. Stiles hatte Recht, verstecken musste er sich nicht. Nicht nur wegen dem, was er in der Hose hatte. Das Werwolf Dasein stand ihm. Kein Vergleich mehr zu dem Jungen aus dem Krankenhaus.
»Ziehst du dir auch noch was an oder gehst du so runter?« Stiles unterbrach seine Denkerei – oder eher Schwärmerei? – und ging zur Tür. Derek zog schnell ein Tshirt über, dann folgte er ihm. Der Sheriff sah die beiden auffordernd an. »Habt ihr mit irgendetwas zu sagen?«
Beide schüttelten den Kopf. »Das sah ganz anders aus, als es war«, erklärte Stiles.
»Da seit ihr euch sicher?«, fragte der Sheriff. Erneut nickten beide. Auch wenn sie ertappt aussahen, so wollte der Sheriff ihnen fürs Erste glauben.
Sie frühstückten, dann fuhr Stiles zur Schule. John hatte angeboten Derek zu seinem Haus zu fahren. Derek hatte es ausschlagen wollen, aber Stiles hatte ihn gradezu genötigt zuzustimmen. Wie auch immer er das geschafft hatte.
»Da läuft wirklich nichts, zwischen mir und Stiles«, stellte Derek nochmal klar. John lächelte bloß, nickte und tätschelte Dereks Schulter. So wirklich verstand Derek die Reaktion nicht, aber solange er ihm nicht den Kopf abriss, weil er sich an seinem Sohn vergriff, war vermutlich alles gut.

In den nächsten Tagen verbrachte Stiles beinahe jede freie Minute mit Derek. Er half ihm beim Haus, so gut er eben konnte, und sie trainierten. Langsam aber sicher wurde Stiles besser darin, sich seiner Fähigkeiten zu bedienen. Die Verwandlung beherrschte er mittlerweile sehr gut. Als ihm klar wurde was oder vielmehr wer sein Anker war, war es einfacher. Manchmal nahm er Scott mit zu Derek. Auch er half, war aber handwerklich genauso talentiert wie Stiles. Er rechnete es Derek hoch an, dass er Stiles' Jeep repariert hatte. Und auch wenn Derek oft so tat, als sei er genervt von Scotts und Stiles' Spielereien, mochte er es, die Jungs um sich zu haben. Fast genauso sehr wie er es mochte, abends mit Stiles nach Hause zu fahren. Er hatte bis jetzt jede Nacht bei ihm geschlafen. Manchmal aßen sie mit John zu Abend, manchmal war es ein gemeinsames Frühstück, aber zum ersten Mal hatte Derek wieder das Gefühl irgendwo dazu zugehören. Es gab wieder Menschen in seinem Leben, die ihm etwas bedeuteten, auch wenn er sich das eigentlich für immer verboten hatte.
»Derek ich verhungere!«, rief Stiles laut, weil er nicht genau wusste, wo Derek war. »Ich steh in einer Küche, in der es kein Essen gibt. Hast du eine Vorstellung davon, wie deprimierend das ist?«
Derek kam lachend zu ihm. Stiles war dabei zu streichen und hatte die ganzen Hände voller Farbe.
»Sollen wir was essen gehen?«, frage Derek.
»Du bist so großügig«, seufzte Stiles.
»Nein, das ist reiner Selbstschutz. Ich weiß, wie du sein kannst, wenn du Hunger hast.«
Stiles lachte dreckig. »Ja das weißt du.« Derek hatte es vor zwei Tagen zu spüren bekommen. Stiles war sich sicher, das er das noch nochmal erleben wollte.
»Wasch dir die Hände und komm zum Auto«, wies Derek an und ging zurück.
Wenige Minuten später, saßen sie im Camaro und Derek fuhr zum Einkaufszentrum. Als sie es betraten, hielt er Stiles nah bei sich. Es machte ihn noch immer nervös, sich in Menschenmengen zu bewegen. Er konnte noch nicht alle Gefühle deuten, das verwirrte ihn, aber es wurde besser.
Sie liefen zum Burito-Stand, denn mittlerweile wusste Derek, dass Stiles die Dinger liebte, und bestellten vier Stück. Drei davon für Stiles und langsam machte Derek sich Sorgen, dass sich das mit dem Essen bei Stiles niemals legen würde.
Während sie sich an einen Stehtisch lehnten und aßen, besah Stiles sich ein Kinoplakat. Auf den Film hatte er lange gewartet. Nun war er endlich im Kino und er konnte nicht reingehen.
»Muss ja wahnsinnig interessant sein, wenn du sogar vergisst zu essen«, bemerkte Derek. Stiles riss sich vom Plakat los und sah Derek an. »Ich hab lange darauf gewartet, dass er ins Kino kommt.«
»Dann sieh ihn dir doch an«, antwortete Derek.
Stiles seufzte. »Soll ich den ganzen Saal mieten oder was?« Derek schien nicht zu verstehen, worauf er hinaus wollte. »Ein Aktionfilm, der es angeblich in sich hat, viele Menschen mit mir auf engstem Raum... Das endet dann ganz schnell in einem Horrorfilm, mit mir als Hauptdarsteller.«
Nun verstand sein Alpha endlich. Er warf ihm einen mitleidigen Blick zu, dann begutachtete er das Plakat. Es sah nicht uninteressant aus.
»Ich komm mit dir«, beschloss Derek.
»Und wenn uns jemand aus der Schule sieht?«, fragte Stiles. Derek sah ihn verwirrt an. Was sollte daran schlimm sein?
»Es sieht dann aus, als hätten wir ein Date und dann gibts noch mehr Gerüchte... nach unserem Auftritt in der Schule, bekomn ich ganz viele Einladungen, willst du raten von wem?«, fragte Stiles herausfordernd. Derek lachte auf. »Tut mir leid.« Er hatte Stiles und Scott schon drüber reden hören, dass der ein oder andere Typ nun Interesse an Stiles zeigte. »Aber wenn uns jemand sieht, wissen sie, dass du nicht mehr zu haben bist.«
Stiles lachte gezwungen. Derek hatte ja keine Ahnung, wie gern er das wirklich behaupten würde. Er war schon froh, das Danny aufgehört hatte ihn auszufragen, wie er denn diesen heißen Kerl aufgerissen hatte.
»Also was sagst du?«, wollte Derek wissen.
»Du zahlst«, grinste Stiles und aß er seine Buritos weiter.
Sie fuhren direkt durch zum Kino. Derek holte die Karten, während Stiles überlegte, was er alles essen würde. Drei Buritos ließen schließlich noch genügend Platz für Popcorn und Chips.

Kopfschüttelnd sah Derek auf die Menge an Essen, das Stiles vor ihnen platzierte. Wie viel hatte er wohl zu sich genommen, als er noch kein Eerwolf war? Vor seiner Krankheit? Ohne sich an Dereks Blick zu stören, griff Stiles nach der ersten Tüte Popcorn und hatte sie, bevor der Film überhaupt begonnen hatte, geleert. Danach kippte er einen halben Liter Cola hinunter und schon nach den ersten zwanzig Minuten des Films, rutschte er unruhig auf seinem Sitz herum. Derek verdrehte die Augen.
»Geh doch einfach auf Klo«, flüsterte er genervt. Stiles warf ihm einen deutlichen Blick zu.
»Ich muss nicht pinkeln!«
»Nein, natürlich nicht«, entgegnete Derek.
Keine fünf Minuten später sprang Stiles auf und lief eilig hinaus. Derek sah ihm hinterher, konnte sich jedoch ein Lächeln nicht verkneifen. Stiles war einmalig, so fiel stand fest.
Als der Junge wieder kam, war die erste Aktionszene vorbei. Stiles hatte was verpasst, musste Derek zugeben. Der Film war bis jetzt wirklich gut.
Doch auch die Luft im Raum hatte sich verändert. Sie war förmlich vor Aufregung getränkt und Stiles blieb wie erstarrt stehen. Derek sah zu ihm und streckte die Hand aus. »Alles okay, komm her«, sprach er beruhigend. Stiles ergriff die Hand, ließ sich neben Derek auf den Platz ziehen und starrte auf die Leinwand. Spannung lag in der Luft und Stiles wusste nicht, ob das von den Emotionen der anderen Besucher herrührte oder ob es doch etwas anderes war. Derek hielt seine Hand noch immer und schien nicht vorzuhaben loszulassen. Stiles merkte wie seine Handfläche schwitzig wurde. Sein Herz klopfte kräftig in seiner Brust und echote in seinen Ohren. Eine leichte Vibration in seinem Bauch, die anfangs nur an ein Schwingen erinnerte, endete in einem heißen Strom. Und das alles nur weil Derek seine Hand hielt. Stiles warf einen besorgten Blick zu seinem Alpha. Wenn er davon was mitbekommen würde, dann würde er bestimmt nicht mehr jede Nacht bereitwillig bei ihm schlafen, weil Stiles Angst hatte, er könnte sich unbewusst verwandeln. Die hatte er nämlich wirklich. Warum musste Derek auch so verflucht perfekt für ihn sein? Sobald Scott oder sein Vater das Thema Derek ansprachen, musste Stiles schon aufpassen was er von sich gab.
»Alles in Ordnung?«, fragte Derek und riss Stiles aus seinen Gedanken. Der Beta nickte ertappt und sah wieder zur Leinwand. Reiß dich zusammen, ermahnte er sich selbst.

Nach guten zwei Stunden, war Stiles froh, dass der Film vorbei war. Das Warten darauf hatte sich wirklich gelohnt, aber es war auch furchtbar anstrengend gewesen. Sobald es spannend wurde, wäre Stiles am liebsten rausgerannt. Die Emotionen schlugen ihm mit solcher Wucht entgegen und brachten seinen inneren Wolf in Aufruhr. Für ihn beudetete die Reaktion der anderen schließlich Gefahr. Und durch die Belüftung wurden alle Empfindungen schön im Saal verteilt. Einmal hatte er sogar seine Krallen in Dereks Hand versenkt, als er versuchte seinen Wolf zurückzuhalten. Derek hatte zwar scharf die Luft eingezogen, aber nichts weiter dazu gesagt. Er hatte beruhigend über Stiles Hand gestreichelt, das wars. Und Stiles war dahingeschmolzen.
Als sie das Kino verlassen wollten, bemerkte Derek, dass sie beobachtet wurden. Eine Gruppe junger Männer saß an einem Tisch und hatte ihre ganze Aufmerksamkeit auf die beiden Werwölfe gerichtet. Derek spürte, wie das Unwohlsein in ihm Aufstieg. »Kennst du die?«, fragte er Stiles. Der Beta blickte sich um und grinste schief, dann hob er grüßend die Hand.
»Die sind in meinem Jahrgang«, erklärte Stiles. »Der Typ der jetzt grade auf uns zukommt ist übrigens einer von denen, die gerne mal mit mir Ausgehen würden«, sagte Stiles ganz tapfer. Derek musste schmunzeln. Dann legte er besitzergreifend einen Arm um Stiles und drückte ihn so nah es ging an sich. Der Jüngere sah irritiert auf.
»Ich hab dich da reingeritten, also werd ich dich da auch wieder rausreiten«, raunte Derek. Stiles lief ein Schauer über den Rücken und plötzlich hatte er bei dem Wort reiten etwas ganz anderes vor Augen. Hastig schon er den Gedanken fort. Himmel, was war bloß los? Mussten sich jetzt auch noch seine Hormone gegen ihn stellen?
»Ich kann es zwar nicht rückgängig machen, aber ich kann dafür sorgen, dass keiner mehr auf die Idee kommt, dich um ein Date zu bitten«, erklärte Derek.
»Und du meist, das klappt?«, fragte Stiles skeptisch.
»Na wenn sie wissen, dass sie mit der Konkurrenz nicht mithalten können.«
Stiles lachte auf. Er stimmte dem Werwolf zwar zu, aber Dereks Selbstbewusstsein war trotzdem beeindruckend. Als sein Mitschüler hinter ihnen auftauchte und Stiles grüßte, drehten sich beide um. Dereks Arm lag über Stiles Schultern, als würde er genau dort hingehören.
»Ich warte draußen«, sagte Derek. Er drückte Stiles einen Kuss auf die Schläfe und lächelte erst ihn, dann den anderen jungen Mann an.
»Ihr seit noch zusammen?«, fragte Stiles' Mitschüler verwundert.
»Ähm... ja?« Stiles sah irritiert hinter Derek her. Von diesem kleinen, bedeutungslosen Kuss, war ihm ganz schwindelig geworden. Aber wieso ließ er ihn allein?
»Ich dachte nur... Er hat dich nicht mehr zur Schule gefahren...« Der Dunkelhaarige - Tyler - sah Stiles erwartungsvoll an.
»Naja«, Stiles kratzte sich am Kopf, »mein Jeep funktioniert wieder, warum sollte er mich dann zur Schule fahren?«
Tyler zuckte unschlüssig mit den Schultern, schien mit der Erklärung aber zufrieden. Dann hellte sich sein Gesicht auf. »Aber jetzt kann ich verstehen, warum du jeden abblitzen lässt... Er ist echt heiß.«
»Ja das ist er.« Stiles kam der Zuspruch schneller über die Lippen, als er darüber nachdenken konnte.
»Ist er gut?«, fragte Tyler dann plötzlich, mit einem ganz merkwürden Klang in der Stimme.
Stiles stockte der Atem. Er wusste nicht, was er antworten sollte. Tyler deutete es sofort richtig.
»Ihr habt noch nicht?« Er schien wirklich überrascht. »Dabei wirkt ihr so vertraut.«
»Sind wir auch«, sagte Stiles sofort und biss sich danach auf die Lippe.
»Dann halte ihn nicht zu lange hin. Er muss das ganze Testosteron doch auch irgendwo ablassen.« Tyler grinste ihn frech an und ging einige Schritte rückwärts.
»Ich werd drüber nachdenken«, rief Stiles ihm zu. In windeseile drehte Stiles sich um und folgte Derek.
»Und?«, wollte der Werwolf wissen.
»Ich soll dich endlich mal ranlassen, damit du dein ganzes Testosteron abschießen kannst«, fasste Stiles zusammen und setzte sich mit hochrotem Kopf in den Wagen. Derek stieg ebenfalls ein.
»Was?«, fragte er amüsiert.
»Die Frage war, ob du gut im Bett bist. Ich hab zu lange zum Antworten gebraucht, also war ihm klar, dass wir noch nicht haben«, erklärte Stiles. Und niemals haben werden. »Deshalb soll ich dich langsam mal ranlassen, weil ein Kerl wie du, es scheinbar braucht, um seinen Testosteronspiegel im Gleichgewicht zu halten.« Stiles' Mund fühlte sich plötzlich so trocken an. Seine Wangen glühten.
Derek schluckte hart. Wie sehr das im Moment zutraf, wollte er sich am liebsten selbst nicht eingestehen.
Peinliches Schweigen entstand und Derek startete den Wagen. Es gab nur eine Möglickeit, die Stille zu brechen: Es ins Lächerliche ziehen.
»Er hat recht, du solltest mich wirklich mal ranlassen«, witzelte Derek.
Stiles Kopf drehte sich langsam zu ihm, schockiert, bis er erkannte, dass es nur Spaß war. »Ich kann nix dafür, wenn du dir eine Jungfrau anlachst... Da dauerts halt schonmal bis man zum Schuss kommt.« Was Derek konnte, konnte er auch! Er beobachtete den Wolf akribisch. Sein Kehlkopf hüpfte auf und ab. Stiles schloss die Augen und konzentrierte sich. Derek war nervös und... »Denkst du grade an Sex?«, fragte Stiles überrascht. Derek trat vor lauter Schreck auf die Bremse und Stiles wurde nur vom Sicherheitsgurt auf dem Sitz gehalten. Dann starrte er Stiles an und bekam kein Wort heraus.
»Du denkst grade an Sex, hab ich recht?«, fragte Stiles nochmal.
Gezwungen nickte Derek und startete den Wagen wieder. »Natürlich denk ich dran, es ist grade Thema«, murmelte er. Er spürte das pulsieren zwischen seinen Beinen und gab etwas mehr Gas. Er musste dringend aus diesem Wagen raus und auf andere Gedanken kommen!

Derek schaffte es nur kurz, der Situation zu entfliehen. Viel zu schnell fand er sich neben Stiles im Bett wieder und musste damit leben, dass er sich immer enger an ihn schmiegte. Er hatte ja grundsätzlich nichts dagegen. Er wusste auch, dass es das Grundbedürfnis eines Wolfes war, Nähe zu anderen Wölfen zu suchen. Wie oft war er damals mit seinen Schwestern in einem Bett aufgewacht, obwohl sie längst aus dem Alter raus waren? Es war normal, und trotzdem setzte es Derek grade massiv zu. Sein neu endecktes Bedürfnis nach körperlicher Zuwendung ließ sich so nunmal nicht befriedigen. Vielleicht lag es nur am bevorstehenden Vollmond. Vielleicht konnte er sich danach mal zwei Tage Ruhe von Stiles gönnen und sich um sich selbst kümmern. So hielt er es jedenfalls nicht länger aus. Mit geschlossenen Augen tastete er sich vor und ließ seine Hand auf Stiles Hüfte ruhen. Es dauerte lange, bis auch er endlich Schlaf fand.
Als Stiles ihn am nächsten Morgen aus dem Bett scheuchte, fühlte er sich wie gerädert. Er zog sich im Halbschlaf an, ging hinunter während Stiles duschte und wäre John fast schon um den Hals gefallen, als er ihm eine Tasse Kaffee reichte. Während Alkohol auf Werwölfe keinen Einfluss hatte, wirkte Koffein anregender, als bei Menschen. Das war Dereks einzige Chance, heute noch wach zu werden. Er ließ sich am Kückentisch nieder, nahm einige kräftige Schlücke und starrte auf die Tasse.
»Anstrengede Nacht gehabt?«, fragte John und setzte sich zu ihm. Irgendwas Zweideutiges lag in seiner Stimme, aber Derek ignorierte es.
»Es ist der Vollmond«, erklärte Derek matt, »je näher er kommt, desto schlechter schalfe ich.« Er drehte die Tasse in seinen Händen herum, ehe er sie komplett leerte. »Stiles scheint davon nicht betroffen.«
»Oh er ist es sowieso gewohnt wenig zu schlafen. Durch das ADHS kommt er nicht zur Ruhe«, erklärte der Sheriff.
Derek sah auf, mit undefinierbaren Blick. »Er hat kein ADHS mehr«, rief er dem Sheriff ins Gedächnis. »Er ist jetzt ein Werwolf... und glaub mir, mittlerweile schläft er wie ein Stein.«
Der Sheriff stieß ein überraschtes »Oh« aus, dann stand er auf und füllte ihre Kaffeebecher erneut. Darüber hatte er noch gar nicht nachgedacht. Natürlich war ihm klar, dass Stiles fortan nicht mehr krank werden würde und all seine Krankheiten geheilt waren, aber dass es bei seiner Hyperaktivität auch so war, hatte er nicht bedacht. Stiles wirkte eben so aufgeweckt wie früher.
Das stellte sein Sohn auch sogleich unter Beweis, als er putzmunter die Treppe herunter sprang und strahlend verkündete: »Jemand muss mich zur Schule fahren!«
»Wieso?«, fragten beide Männer, wie aus einem Mund.
»Weil mein Auto bei Derek steht«, erklärte Stiles. Er sah wie Derek und sein Vater Blicke austauschen und verschränkte die Arme. »Bloß nicht zu viel Begeisterung.«
Derek sah zur Uhr, in zwanzig Minuten musste Stiles da sein, also konnte er es zu Fuß nicht mehr schaffen. Das hieß theoretisch konnte er das schon, nur versteifte Stiles sich darauf, seine Fähigkeiten nicht für sowas zu benutzen. Derek seufzte, erhob sich schwerfällig und suchte nach seinem Schlüssel. »Na los«, scheuchte er Stiles vor sich her. Während Stiles schon draußen war, fiel Dereks Blick auf seinen Rucksack. Kopfschüttelnd hob er ihn auf.
»Wenn du willst kannst du beim Bäcker ranfahren«, schlug John vor, ehe Derek die Küche verließ. »Wir können zusammen frühstücken, ich muss erst in zwei Stunden los.« Derek nickte leicht und sah, dass der Sheriff zufrieden lächelte. Stiles stand mittlerweile wieder in der Tür und lächelte ebenfalls, also musste Derek es auch tun. Es war schön, wieder irgendwo dazuzugehören.
Als sie im Auto saßen, schnellte Stiles Hand zum Radio und stellte es an. Er liebte es, morgens Radio zu hören; Derek nicht! Der Alpha blickte ihn finster an, doch Stiles sah so unschuldig drein, dass Derek nur das Gesicht verzog und ihn machen ließ. Innerhalb weniger Minuten waren sie an der Schule. Derek stellte den Motor aus. Von weitem sah er Scott auf sie zukommen. Er legte seinen Arm über die Rückenlehne des Beifahrersitzes und sah Stiles an.
»Was ist?«, fragte er. Es war offensichtlich das Stiles etwas wollte.
»Bringst du mir Zimtschnecken mit?«
Derek lachte leise auf und ließ seufzend den Kopf nach hinten fallen. Stiles sah ihn mit großen Augen an. Wie konnte ein verdammter Mann bloß so schön sein?
»Ja mach ich«, stimmte Derek zu. Dann wurde sein Blick einfühlsamer. »Wenn irgendwas ist, rufst du mich an.« Er sagte das mit einer solchen Selbstverständlichkeit, dass Stiles' Herz wieder einen vertsörend schnellen Rythmus annahm.
»Klar mach ich«, sagte er schnell und stieg aus. Sogleich wurde er von Scott in Empfang genommen. Sein bester Freund begrüßte Derek kurz, dann fuhr der Alpha auch schon weg. Stiles sah ihm nach. Sein Herz raste noch immer. Scott folgte seinem Blick, dann besah er sich Stiles genauer.
»Oh nein«, murmelte er leise. »Stiles?«
Der Angesprochene sah seinen besten Freund aufmerksam an. Da war was in seinem Blick – Mitleid?
»Seit wann?«, fragte Scott bloß. Stiles schnappte nach Luft, dann sah er in die Richtung, in die Derek gefahren war und wieder zu Scott. Er ließ die Schultern hängen und hob ratlos die Hände.
»Ich weiß es nicht«, antwortete er. 

Reborn - Mit dieser Entscheidung musst du lebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt