2.Chapter

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2.Chapter - Stimmen

,,Du wirst es schaffen“
,,Woher willst du das wissen?“, eine Träne rannte über mein Gesicht, als die Hand, die ich hielt, immer schwächer werden zu schien.
,,Woher ich das weiß? Weil du meine Schwester bist, das stärkste Mädchen, das ich je kennengelernt habe, (Y/N), du wirst den Hass ertragen, du bist stärker als ich, also lass mich gehen.
Ich schluckte die Trauer in mir hinunter, als ich flüsterte:
,,Warum hast du das getan, wir hätten es gemeinsam schaffen können... Ich wurde unterbrochen, als sich ihre kalte Hand an meine Wange legte:
„Nein (Y/N)...ich kann es nicht mehr, ich bin zu schwach, ich ertrage es nicht mehr. Du jedoch, du kannst es, das weiß ich. Versprich mir, sobald du bereit bist, lauf weg, so weit du kannst, egal wohin, lauf weg.“
Ich nickte vorsichtig, da ihre Augen sich bereits anfingen zu schließen.
,,Du weißt, dass ich dich liebe, doch dort draußen wird eine Person auf dich warten, die deine Liebe stärker braucht, als ich sie je verdient hätte. Vergiss das nicht, ich werde immer bei dir sein.“
Ein versuchtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, während sich ihre Augen nun komplett geschlossen hatten, wir werden uns irgendwann wieder sehen (L/N) (S/N).

Mein Kopf dröhnte, mein Körper schmerzte und eine salzige Kruste klebte an meinen Augen, als ich erwachte.
Ich war noch in der Schule, niemanden hatte es gekümmert, ob ich im Unterricht erschienen war oder nicht, so wie jedes Mal.
Es war jedem egal ... ich war jedem egal.
Ich strich mir über mein Gesicht, um mir wieder darüber klar zu werden, was passiert war, doch wie so oft, war das Einzige, was mir in meinen Erinnerungen geblieben war, der Traum.
Der Traum, der kein Traum war, es war meine Vergangenheit, genau genommen der Tag vor drei Jahren, eine Woche vor meinem vierzehnten Geburtstag, der Sterbetag meiner Schwester. Dieser Tag verfolgte mich, immer und immer wieder.

„Hey du da, das Gebäude wird jetzt abgeschlossen, also wenn du deine Nacht nicht hier in der Schule verbringen möchtest, dann würde ich jetzt gehen“, die Stimme der Putzdame riss mich aus meiner Trauer, was brachte es mir auch zu weinen.
Ich konnte mein Leben nicht ändern.
Seufzend zerrte ich mich von den Fliesen auf und trat durch den leeren Flur zum Ausgang.
Hin und wieder betrachtete ich die gläsernen Vitrinen, die sich auf dem Gang zur Tür befanden, doch das blaue Auge, was ich darin noch besser erkennen konnte, ließ mich den Blick wieder abwenden.
Hoffentlich verheilte es bis morgen etwas.

Als ich ins Freie trat, spürte ich schon die ersten Regentropfen auf meiner Haut, weshalb ich nicht lange bei dem Gebäude verharrte und meinen Weg Richtung Haus fortsetzte.
Es begann wie aus Kübeln zu schütten, sodass ich teilweise meine eigene Hand nicht vor Augen sehen konnte und die Straße vor mir erst recht nicht.
Doch es störte mich nicht, nein, um ehrlich zu sein genoss ich es sogar, das Gefühl der Nässe und Kälte, die meinen Körper überzog machte mich glücklich.
Es machte mich glücklich...
Freude, etwas was ich seit Ewigkeiten nicht verspürt hatte, aber ich tat es, jetzt gerade.
Ein leichtes Lächeln lag auf meinem Gesicht, als ich in die nächste Gasse einbog und über den dunklen Asphalt wanderte.
So lange hatte ich mich nach einem dieser Momente gesehnt.

~*~

Die Dunkelheit zog sich durch die Straßen und ein sanfter Duft, von der gerade eben verschwunden Regenfront, lag in der Luft, mit dem Ziel, mich nur noch stärker einzunehmen.
Ich wollte nicht nach Hause, an den Ort, an dem ich noch mehr verhasst, als sonst irgendwo wurde, an den Ort, an dem blaue Flecken und Schläge meinen Alltag erfüllten.
Ich schniefte kurz leise auf, konzentrierte mich jedoch nicht lange darauf, da ich Stimmen vernahm, die mich aufhorchen ließen:
„Hey!! Wo willst du hin!? Du falscher Lügner, ich wusste, dass man euch Ghettokindern nicht vertrauen kann! Scher dich zurück!“

Ich wollte gerade um die Ecke biegen, doch wie aus dem nichts prallte ich gegen jemanden und fiel zu Boden.
Ein junger Mann, etwas älter als ich, mit einer schwarzen Kapuze auf dem Kopf und einer Cap darunter, rannte fluchend an mir vorbei und bog in die Siedlung direkt neben mir.
Verwirrt schüttelte ich meinen Kopf und zerrte mich nach oben, aber ich verweilte nicht langfristig in dieser Position, da erneut eine Person mich zurückbeförderte, wohl mein Glückstag heute.
,,Oh, Miss entschuldigen Sie, aber es hat gerade jemand einen Haufen Lebensmittel bei mir gestohlen und ist geflüchtet. Haben Sie zufällig jemanden gesehen?“, fragte mich ein weiterer Mann freundlich und half mir beim Aufstehen.
Meine Gedanken wanderten zu dem schwarz Bekleideten gerade eben und tatsächlich, er hatte eine große Tasche bei sich getragen, die meiner Meinung nach nicht gerade leer geschienen hatte.
Doch dieser junge Mann, ich hatte sein Gesicht gesehen, es erschien mir anders, es klingt absurd, doch es erschien mir voller Sorge und Angst.

Und das war der Moment, als eine Stimme in mir sagte...tu es nicht.
Und ich hörte auf diese Stimme.

„Ja habe ich, er ist nächste Ecke links gelaufen“, in Wirklichkeit war er rechts gelaufen, woher auch immer diese Stimme gekommen sein mag, möge sie Recht behalten.

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