Kapitel 19 - Deep Talk

5.4K 193 2
                                    

Nachdem Dave und ich im Bett gefrühstückt und wir uns ein wenig frisch gemacht hatten, erwartete Ricky mich schon in meinem Zimmer mit den Worten: Wir müssen reden.

„Ich fange mal mit der ganzen Heroin-Sache an. Du weißt glaub ich selber, dass das eine total hirnverbrannte Idee von dir war und ich bin echt froh, dass du die Scheiße nicht genommen hast. Wir alle sind immer da für dich und das ist keine Lösung. Dadurch hast du nur noch mehr Probleme, aber ich glaube, das weißt du selber auch. Den Anderen erzähle ich davon nichts, weil ich weiß, dass du das nicht willst.
Und jetzt zum zweiten Thema: Was läuft da zwischen dir und Dave?"

Der neugierige Blick meines Bruders durchlöcherte mich fast und ich konnte nicht anders als rot anzulaufen. Das passierte mir sonst nie, weswegen es keiner Antwort mehr bedarf.

Wissend grinste Ricky mich an. „So ist das also. Ich glaube, es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis ihr zusammenkommt, weil Dave dich auch nicht schlecht findet. Er meinte auch mal, dass er eigentlich keine Frauen bei sich schlafen lässt."

„Na ja, hoffen wir mal das Beste", lächelte ich nur schief, obwohl ich es eigentlich besser wusste. Ich bezweifelte, dass aus mir und Dave wirklich etwas werden würde, da ich es früher oder später eh verkacken würde. So war es bis jetzt immer.

Nach einem gemeinsamen Mittagessen suchten wir uns alle eine Beschäftigung: James und Ricky besuchten einen alten Freund, Steve machte irgendein Computerzeug, wovon ich recht wenig verstand und JJ war sonst wo abgeblieben. Matt und Dave schauten irgendeine Serie auf Netflix, während Ray und ich uns entschlossen, ein wenig zu trainieren.

***

Nach zwei Stunden waren sowohl Ray als auch ich am Ende, weswegen ich mich zum Duschen in mein Badezimmer verkroch. Es war angenehm, das warme Wasser auf meine ausgepowerten Muskeln prasseln zu lassen, weswegen ich länger als üblich unter der Dusche stand.

Als ich sie dann doch verließ, band ich mir ein Handtuch um meinen Körper, bevor ich in mein Ankleidezimmer tapste und mir etwas anzog. Nachdem ich auch damit fertig gewesen war, erwartete mich in meinem Zimmer eine Überraschung.

„Was machst du hier?", fragte ich Dave, der mit einer Flasche Whisky auf meinem Bett lag, stirnrunzelnd.

„Liegen, siehst du doch." An der Art, wie er sprach, erkannte ich, dass er schon ein wenig getrunken haben muss. „Trinkst du mit mir?"

Noch etwas verwirrt legte ich mich zu ihm und nahm einen Schluck aus der Flasche.

Schnell trank mein Gegenüber auch einen, bevor er anfing zu sprechen. „Ich habe heute einen Anruf von meiner Mutter bekommen."

Dave hatte noch nie wirklich über seine Familie gesprochen, weswegen ich mir unsicher war, ob das gute oder schlechte Nachrichten waren. „Was wollte sie denn?"

„Sie wollte, dass ich wieder zurückkomme. Nach allem was passiert ist, will sie mich jetzt wieder bei sich haben, weil ihr toller neuer Mann sie verlassen hat und sie alleine ist. Die beiden wollten mich auf eine Militärschule schicken, damit ich wieder auf die ‚richtige Bahn' komme. Als ich mich weigerte, haben sie mich rausgeschmissen. Ich bin nicht wirklich freiwillig umgezogen, ich hatte einfach kaum eine andere Wahl."

Ich nickte, da ich ihn verstand. Zwar bin ich damals von zu Hause abgehauen, aber wie freiwillig war dieser Umzug, wenn man sonst von seinem Stiefvater misshandelt wurde? „Konntest du nicht zu deinem Vater?", hakte ich vorsichtig nach.

Dave seufzte und fuhr sich durch die Haare. Anstatt mir ins Gesicht zu schauen, fixierte er krampfhaft die Flasche in seiner Hand. „Mein Vater ist bei einem Flugzeugabsturz gestorben, als ich 15 war. Meine Mutter hat das relativ schnell verkraftet, da sie mit meinem Vater nur wegen des Geldes verheiratet war. Tja, bei mir sah das ein bisschen anders aus. Ich habe angefangen Drogen zu nehmen und auch mit ihnen zu handeln, als es zu Hause immer schlimmer wurde. Anscheinend hab ich unterbewusst schon geahnt, dass ich irgendwann das Geld brauchen würde." Bitter lachte er auf, bevor er den nächsten Schluck trank. „Was ist eigentlich mit deinen Eltern? Also deinen richtigen Eltern, nicht Johnson."

Jetzt war ich diejenige, die sich Mut antrinken musste, doch ich wusste, dass ich Dave vertrauen konnte. „Meine Familie ist an dem Tod von meiner Schwester wortwörtlich zerbrochen. Mein Vater hat uns verlassen und ist untergetaucht. Da meine Mutter sich allein gefühlt hat, hat sie den nächstbesten Typen, den sie finden konnte, geheiratet, so kam sie zu William Johnson. Kurz darauf ist Ricky abgehauen, zusammen mit James."

„Ohne dich?", hakte Dave ungläubig nach.

Ich nickte. „Sie meinten, dass sie genug Geld verdienen wollten, um uns drei ein neues Leben zu ermöglichen. Natürlich war das alles nicht auf legalem Weg, weswegen sie mich auch nicht mitgenommen haben; sie wollten mich da einfach nicht mit reinziehen. Letztendlich ist dieser Teil von ihrem Plan nicht so ganz aufgegangen, aber damit kann ich gut leben, solange ich nichtmehr mit Menschen wie Johnson unter einem Dach leben muss."

„Jetzt hast du es doch viel schlimmer, schließlich musst du mit mir unter einem Dach leben", sagte Dave mit einem Grinsen, das jedoch nicht seine Augen erreichte.

Ich kicherte: „Da hast du wohl recht, mit dir halte ich es ja kaum in einem Zimmer aus."

„Aber in einem Bett schon?" Er kam mir immer näher, was mich jedoch im geringsten störte. Eher im Gegenteil.

Ich liebte es, ihn in meiner Nähe zu haben, weswegen ich ihn noch näher an mich heranzog. So nah, bis seine Lippen nur noch Zentimeter von meinen entfernt waren.

Weiter kamen wir jedoch nicht, da wir durch James, der durch die Tür stürmte, unterbrochen wurden.

Number Six (Wird überarbeitet)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt