Kapitel 8 - Dora

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Dass Lena uns zu sich eingeladen hatte kam mir eigentlich ziemlich gelegen. Ich musste den beiden ja noch von Lars erzählen. Sie wussten ja noch nicht einmal dass ich mit ihm aus war. Schon wenn ich an ihn dachte bekam ich kleine Schmetterlinge im Bauch und ich begann zu grinsen wenn ich nur an den gestrigen Abend dachte. Er hatte wirklich nichts dem Zufall überlassen. Nach dem leckeren Salat mit Entenbrust als Vorspeise gab es Rehrücken mit Spätzle und einer unfassbar leckeren Soße. Und weil ich ja nicht eigentlich schon papp satt war, gab es noch einen köstlichen Brownie mit Vanilleeis zum Dessert. Wir hatten uns den ganzen Abend über angeregt unterhalten und es gab keinen einzigen Moment peinlicher Stille. So konnte ich erfahren, dass er Geschäftsführer der Sparkassen Hauptfiliale war und dass er gerne Auto fuhr. Neben dem Audi mit welchem er mich abgeholt hatte besaß er auch noch einen Ford Mustang. Begeistert wie ich von Autos war, musste er mir versprechen mich auch mit diesem mal abzuholen und eine Spritztour zu machen.

Ich hatte inzwischen die Straße erreicht in der Lena wohnte. Ich fuhr langsam, auf der Suche nach einem Parkplatz für meinen kleinen blauen Mini Cooper. Quasi direkt vor der Haustür wurde ich fündig. Nachdem ich sauber eingeparkt hatte blieb ich aber erst noch sitzen. Ich konnte einige Meter entfernt Oliver erkennen. Er lehnte an der Hauswand und telefonierte. Seinen Gesten nach zu urteilen war er ziemlich wütend auf den Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung. Ich tat so als würde ich in meiner Handtasche kramen mit der Hoffnung er würde mich nicht erkennen. Wir wussten alle zu was dieser Vollidiot im Stande war. Oliver beendete das Gespräch und ich nutze die Gunst der Stunde um schnell ohne gesehen zu werden in den Hauseingang zu flitzen. Die untere Haustür war nie komplett geschlossen so ließ sie sich einfach aufdrücken und ich konnte ohne Probleme in den ersten Stock gelangen in welchem sich Lenas Wohnung befand. Kurz nachdem ich auf den Klingelknopf gedrückt hatte ging auch schon die Tür auf und Lena zog mich praktisch ins Innere ihrer Wohnung. "Hast du ihn auch gesehen?", fragte sie während wir uns zur Begrüßung kurz umarmten. Hanna saß bereits auf dem Sofa und winkte kurz zu mir rüber. "Ja er stand vor deinem Haus und hat lautstark telefoniert." "Oh man ey. Ich werde meine Wohnung nie wieder verlassen können wenn das so weiter geht." Sie hing meine Jacke an einen Kleiderbügel und ich folgte ihr in Wohnzimmer zu Hanna. "Jetzt vergess den Depp mal für ne kurze Zeit. Jetzt sind wir erst mal da und machen uns einen schönen Abend ja?" Hanna hatte die erste Weinflasche schon geköpft und sorgte dafür, dass unsere Gläser schön voll waren. Lena die Netflix bereits geöffnet hatte drückte auf Play und die Intromusik unserer Lieblingsserie Sherlock war zu hören.
Die ersten Minuten beobachteten wir alle konzentriert das Geschehen im Tv. Dann aber konnte ich nicht mehr warten und platzte einfach damit raus: „Ich hab jemanden kennen gelernt!" Lena drückte sofort auf Pause. „Das erzählst du uns erst jetzt!" Beide blickten mich neugierig an. „Na komm schon erzähl. Wir wollen alles wissen.", sagte Hanna und Lena nickte bestätigend. „Okay. Also er heißt Lars, arbeitet als Filialleiter bei der Sparkasse und er sieht unverschämt gut aus." „Wo habt ihr euch kennengelernt?", wollte Lena direkt wissen. „Im Theater. Seine Schwester arbeitet ebenfalls da. Viel mehr kann ich nicht sagen. Wir hatten gestern ein Date. Ein romantisches Dinner im Sealife. Wir haben uns gut unterhalten. Er ist nett." „Nett? Du weißt schon was nett bedeutet?" Hanna war überrascht. „Naja gut nicht nur nett. Er ist eine toller Mensch und ich würde ihn gern wieder sehen." Lena stieß mir sanft mit dem Ellbogen in die Seite: „Siehst du. Geht doch."

Am selben Abend bestellten wir noch Pizza und Lena konnte ihre Sorgen wegen Oliver endlich mal vergessen. Etliche Gläser Wein und einige Folgen Sherlock später, teilte ich mir ein Taxi mit Hanna. Es war spät geworden und fahren konnte ich beziehungsweise wir sicherlich nicht mehr. Als das Taxi an meiner Adresse hielt musste ich Hanna noch versprechen sie und Lena auf jeden Fall auf dem laufenden zu halten was Lars betraf.

Als ich meine Wohnungstür aufschloss und das Licht anschaltete, sah ich einen weißen Umschlag auf den Boden liegen. Auf ihm war in ordentlicher Handschrift „Für Dora" zu lesen. Die Jacke und Schuhe noch an konnte ich nicht warten ihn zu öffnen. Im Umschlag selbst befand sich nur ein kleiner Notizzettel. Auch hier die schöne Handschrift zu sehen. Geschrieben stand:

Liebe Dora,
der Abend gestern war wunderschön. Ich hoffe wir können das bald wiederholen.
Lars

Ich musste gestehen etwas beeindruckt zu sein, vor allem im heutigen Zeitalter von WhatsApp und Co. Ich hing die kleine Notiz an den Spiegel im Flur und konnte mein Spiegelbild lächeln sehen. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es mittlerweile schon kurz vor 3 Uhr war. Ich musste dringend ins Bett. Die Arbeit schläft nie und es wurde Premiere gefeiert. Ein Stück welches mächtig aufwendig war was das Make-up angeht. Glücklicherweise fallen meine Arbeitszeiten häufig auf den Abend und ich konnte trotzdem ausschlafen. Ich streifte nun auch endlich meinen Mantel ab und stopfte meine Schuhe in den überfüllten Schuhschrank. Auf meinem Handy waren während ich bei Lena war neue Nachrichten eingegangen. So setzt ich mich auf die Bettkante und schaute erst mal wer denn schon wieder was von mir wollte. Eine neue Nachricht von Vanessa. Sie war meine Schwester und bekannt dafür sich nur zu melden wenn sie was brauchte. Natürlich auch dieses Mal.

>> Hey Dora, Schwesterherz! Ich hätte eine Bitte an dich. Könntest du Montag Mittag die Lara an der Schule abholen? Ich schaffe es sonst nicht rechtzeitig zur Gerichtsverhandlung." <<

Im Gegenteil zu mir ist Vanessa den Fußstapfen unseres Vaters gefolgt und ist heute eine anerkannte Anwältin. Leider nimmt das ziemlich viel Zeit in Anspruch und so kommt es Mal zu Mal vor, dass ich ihre Tochter Lara zu irgendwelchen Terminen fuhr oder sie eben von der Schule abholte. Lara und ich hatten ein super Verhältnis. Als sie noch etwas jünger war haben wir oft gemeinsam etwas unternommen. Nur bin ich heute nicht mehr cool genug für ihre 16 jährigen Freunde.

>> Hi Vanessa. Kein Problem. Mach ich gerne. 12:30 Uhr wie immer oder? <<

Heute würde ich wohl keine Antwort mehr bekommen. Ich ging noch ins Bad um mich abzuschminken und fiel dann tot müde ins Bett. Es dauerte kaum ein paar Minuten bis ich tief und fest schlief.

Love, Hate& Everyday InsanityWhere stories live. Discover now