„Ja", nickte Alexandra: „Süß. Aber wenn sie immer flirten, wieso sind sie dann kein Paar?"

Chantal zuckte nur mit den Achseln: „Wer weiß. Meine Vermutung ist ja, dass unser guter Stefan es bevorzugt, der begehrenswerte Single zu sein. Ich wette mit dir, die zwei waren schon zusammen in der Kiste."

Alexandra gab einen unidentifizierbaren Laut von sich und beschloss, das besser unkommentiert stehen zu lassen. Es war eine Sache, sich mit jemandem wie Matthias über Katharina zu unterhalten, aber etwas ganz anderes, über einen der Chefs zu lästern. Chantal schien keine bösen Absichten zu haben, aber wer wusste schon, welche Worte nicht am Ende doch im falschen Ohr landeten.

„Komm schon", flüsterte Chantal und stieß ihr einen Ellbogen in die Seite: „Wir alle hier haben so viel Spaß damit, die internen Affären zu analysieren. Nimm's nicht so ernst."

Ehe ihr darauf eine passende Antwort einfiel, waren sie am Konferenzraum angekommen, wo schon Matthias mit einem breiten Grinsen auf sie wartete: „Na, hat Chantal dich endlich in ihre Finger bekommen?"

Fragend legte Alexandra den Kopf schräg: „Bitte?"

„Was Herr Muskelberg hier sagen will", erklärte Chantal schnippisch, „ist, dass ich immer gerne Frischfleisch kennenlerne."

„Nö", Matthias schüttelte den Kopf und legte eine Hand auf der so viel kleineren Frau ab: „Was ich sagen wollte, ist, dass du immer neue Leute zum Lästern suchst."

Als Chantal daraufhin ihre Lippen zu einem Schmollmund verzog, bemerkte Alexandra, dass sie ein Piercing hatte. Fasziniert studierte sie das Gesicht näher: Nicht nur in der Lippe, auch in einem Nasenflügel und einer Augenbraue steckte ein Piercing, und die Ohren waren ebenfalls übersäht mit Metall.

„Hab ich was im Gesicht?", verlangte Chantal zu wissen, nachdem Alexandra für einen Moment zu lange gestarrt hatte.

Errötend schüttelte sie den Kopf: „Nein, nur eben ... die Piercings. Ziemlich beeindruckend, aber tut das nicht weh?"

„Piercings zeigen, wie cool man ist, da spielt Schmerz keine Rolle", mischte sich plötzlich Katharina ein, die sich von Herrn Winkler gelöst hatte und zu ihrer Gruppe hinzugetreten war: „Oder, Chantal?"

Diese nickte bestätigend: „So kann man es auch ausdrücken. Wenn man sich erstmal dran gewöhnt hat, spürt man das gar nicht mehr, wie bei normalen Ohrringen auch."

Fragend schaute Alexandra zu Matthias hoch, doch der zuckte nur mit den Achseln und rollte mit den Augen. Gemeinsam traten sie in den Konferenzraum ein, und während Katharina ihren Platz am Tisch einnahm, gesellte Chantal sich zu ihren Kollegen aus der Kulturredaktion. Wie die Tage zuvor blieb Matthias neben Alexandra am Rand stehen.

„Chantal ist ne Liebe", flüsterte er ihr zu, während noch Lärm vom allgemeinen Plätzesuchen herrschte: „Aber ein bisschen ... schlicht. Ich hab schon häufiger versucht, ihr zu erklären, dass Kathi ihre Kommentare nicht nett meint, aber Chantal sieht das nicht. Sie findet Kathi cool."

„Jeder findet Kathi cool", wisperte Alexandra zurück: „Was sie ja auch ist. Sie ist halt nicht so eine anstrengende Frau wie viele andere."

Mit erhobenen Augenbrauen blickte Matthias auf sie hinab: „Wieso klingt das so, als ob du eifersüchtig wärst?"

„Ich habe keinen Grund, eifersüchtig zu sein", presste sie mühsam zwischen ihren Zähnen hervor.

„Hat sie dir mal einen Kerl ausgespannt?"

„Halt jetzt die Klappe!"

„Ich deute das mal als Ja."

Zu Alexandras Erleichterung begann in diesem Moment die Redaktionskonferenz. Sie hatte kein Interesse daran, mit irgendjemandem darüber zu sprechen, was genau damals vorgefallen war. Katharina war ihre beste Freundin gewesen und hatte ihr in vielen Notsituationen Beistand geleistet. Dass sie das nur getan hatte, weil sie sich für den gleichen Mann interessiert hatte, änderte nichts an der Tatsache, dass sie im Großen und Ganzen eine coole Frau war. Und da es hier in der Redaktion keinen Mann gab oder geben würde, für den Alexandra sich interessieren würde, gab es auch keinerlei Anlass für Eifersucht.



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Sie sind immer noch mein Chef ✔️Where stories live. Discover now