XVIII

7 1 0
                                    

"Everybody got their own demons. Everybody fightin' their own war."

"Harry!" schrie ich ins dunkle Friedhof. Trotz meiner Angst und meines Hasses auf dieses Friedhof war ich nun hier und das für jemanden der es mittlerweile mehr als nur Wert war.
Ich atmete tief ein und aus, ich mochte es nie hier zu sein, hier verlor ich nämlich wirklich alles was ich hatte, hier entschied ich mich so zu werden wie ich war, hier versprach ich mir keinen mehr in mein Herz zu lassen und hier verlor ich mich selbst. Hier ließ ich alles zurück und kam mit nichts aus dem Tor.
"Harry!" schrie ich mit zittriger Stimme und lief weiter, immer tiefer in die Dunkelheit, welche mir zum ersten Mal seit langer Zeit keine Zufriedenheit schenkte, sondern Angst. 
Nach kurzem weiter laufen hörte ich ein schluchzen, in dem Moment atmete ich vor Erleichterung tief aus und rannte vorsichtig in die Richtung.
Da saß er. Ihm ging es gut, zumindest körperlich.
"Alaska." schluchzte er, während ich mich vor ihn kniete und fest an mich drückte.
"Ich bin da, Harry, ich bin da." 
"Ich bin verloren, Alaska! Du bist da, aber ich schon lange nicht mehr! Ich will nicht mehr da sein, es tut so weh, Alaska. Mach das es aufhört! Bitte!" schluchzte er weiterhin und ich spürte den Schmerz den er in sich trug, ich spürte seinen Schmerz.
Dann schaute ich mich kurz um und erkannte Bierflaschen, mehrere um genau zu sein, einige davon lagen in Scherben da, andere waren noch ganz, aber die Sache war das sie alle ausgetrunken waren.
"Lass mich dir helfen Harry." flüsterte ich während ich ihm durch die Haare strich.
"Ich bin hier und du bist auch da Harry, wir bleiben gemeinsam hier. Weder du noch ich gehen irgendwohin, wir bleiben genau hier, in dieser Stadt, an diesem Ort. Hast du mich verstanden?" sagte ich entschlossen und er nickte in der Umarmung. 
Irgendwie verletzte es mich Harry so zu sehen, denn nie hätte ich gedacht, dass mehr unter dem aufgeweckten, witzigen Jungen steckt als er mich wissen ließ. 
Natürlich kannten wir uns nicht all' zu lang, aber wir hatten dieses Etwas und ich wusste es würde uns nur schlechtes mitbringen, doch anscheinend brauchten wir beide dieses Schlechte im Leben, um das Gute sehen zu können
"Ich werde da sein, immer Harry. In den dunkelsten sowie den hellsten Stunden. Ich werde dir zur Seite stehen."
"Du bist selber gebrochen Alaska. Eine gebrochene Seele kann keine tote Seele reparieren."
"Doch jede Seele braucht eine andere um heilen zu können, Harry. Ich werde deine Seele zum Leben erwecken und du wirst meine zusammenflicken."
Er schaute mich wie ein kleines Kind an, verheult und mit blutroten Augen. Ich atmete tief ein und aus um nicht auch zu weinen. Er sah so gebrochen aus, ich wollte ihm meine letzten Strahlen im Leben schenken, um diesen dunklen Augenblick einfach nur zu erhellen.
"Komm Harry, steh auf." Meinte ich leise, während er seine Tränen wegwischte.
Wir standen beide zusammen auf und er schwankte kurz, wobei ich ihn sofort stützte, er war ziemlich angetrunken, er war völlig dicht.
"Du wirst mir auch noch erzählen müssen wieso-" 
"Aber doch nicht jetzt, erst wenn ich ausgeschlafen bin, Alaska." murmelte er, wir stolperten langsam aus diesem verdammten Friedhof und ich bekam langsam wieder regelmäßig Luft, je weiter weg wir von dem Friedhof gingen, desto besser ging es mir, desto klarer wurde meine Sicht, desto weniger wurde die Last auf meinen Schultern.
Ich setzte ihn auf die Beifahrerseite und ging selber auf meinen Sitz.
"So, jetzt fahre ich dich zu deiner Grams und dann-"
"Nein Alaska ich will nach Hause."
"Harry deine Grams macht sich Sorgen um dich und du willst Heim?"
"Ich will nach Hause, ich will alleine sein, ich will mich besaufen und den morgigen Tag nicht mehr erleben. Ich will-"
"HARRY! Verdammt hörst du mir überhaupt zu? Ich werde dich heute sicherlich nicht alleine lassen, du wirst weswegen auch immer die Tage nicht alleine überstehen und du wirst den morgigen, sowie all' die anderen Tage erleben, egal ob mit oder ohne mich, egal ob hier oder wo anders, egal ob voller Hass und Trauer oder voller Freude und Mut. Du wirst leben und ich werde eine bestimmte Zeit lang an deiner Seite sein, ich werde wie auch schon gesagt bei deinen Zusammenbrüchen bei dir sein, in deinen dunkelsten Zeiten werde ich an deiner Seite sein." 
"Wieso Alaska? Wieso willst du mich nicht einfach in Ruhe lassen!" schrie er auf einmal und ich erschreckte mich, weswegen ich ziemlich scharf bremste und wir zum Stehen kamen.
"Weil ich weiß wie sich das Alleinsein fühlt Harry! Weil ich weiß das man in den dunkelsten Zeiten jemanden als Stütze braucht. Weil ich einfach angst um dich habe, Harry und das passiert nicht oft. Mich interessiert sonst kaum jemand, bitte lass mich dir zur Seite stehen!" zum Ende hin wurde ich leiser und starrte auf die dunkle, verlassene Straße.
"Hör auf, Alaska. Glaub mir ich bin nicht so wie du denkst, ich bin ein Wrack." ertönte seine Stimme ziemlich eisig, durch welche ich eine Gänsehaut bekam.
"Wieso will mir jeder Weis machen, dass du nicht gut bist, nur ein Wrack bist. Lasst mich doch verdammt nochmal ein Risiko eingehen, ich will selber herausfinden ob du gut oder schlecht bist, was für einen Einfluss auf mich haben wirst, ob wir gute Freunde bleiben oder uns verfeinden. Lasst mich doch über mein Leben entscheiden!" schrie ich mittlerweile, Harry schaute mich ausdruckslos an und als ich keine Antwort bekam fuhr ich einfach los, schneller als erlaubt war, doch in diesem Moment war es mir so egal, ich war wütend und genervt.

"Fahr langsamer." ertönte die raue Stimme von Harry, doch ich wurde nur schneller.
"Fahr langsamer, Alaska!" schrie er mich an und schlug mit seiner Faust gegen die Autotür.
Wieso wir an diesem Punkt waren, war mir unbewusst. Wieso ich so zerbrechlich war, war mir unklar und wieso Tränen an meiner Wange runter rollten verstand ich nicht, doch es kam wie es war. Ich hielt an und stieg aus, Harry war wieder völlig nüchtern und tat es mir gleich.
"Alaska?" 
"Nein Harry, nein. Ich lasse es nicht zu! Was hast du denn in so einer kurzen Zeit aus mir gemacht? Weißt du wie lange ich versucht habe diese Mauer zu errichten? Dann kommst du und bringst das alles zum Schwanken! Das- das lasse ich nicht zu, nein. Das wars. Mach was du willst, geh dahin wo du willst, ich steige aus. Du hast recht, deine Grams hat recht. Du bist nicht-"
"Nicht das was du willst, schon klar. Weder als Kumpel noch als Liebhaber, das war schon immer so und wird scheinbar auch immer so bleiben."
"Was labberst du denn wieder für ne scheiße Harry? Du tust mir nicht gut siehst du das denn nicht? Du bringst Gefühle hervor die ich seit Jahren verbannt habe-"
"Welche denn? Welche Gefühle kannst du denn von heute auf morgen verstecken?"
"Sag mir nie wieder das es von heute auf morgen geschehen ist, Harry. Ich habe mit Verlusten gekämpft, mit mir selber gekämpft, habe mich von jedem abgeschottet, niemanden an mich ran gelassen. Bin in Einsamkeit verrottet und in Selbstmitleid ertrunken. Habe mich in den Schlaf geweint und das über einige Jahre hinweg und deswegen wirst du nie nie wieder erwähnen, dass sowas von heute auf morgen geklappt hat!" ich schrie ihn mit voller Kraft an, schubste ihn immer mehr an und heulte gleichzeitig. In der nächsten Sekunde hielt er meine Arme fest und zog mich zu sich, umarmte mich so fest, dass ich für einen kurzen Augenblick dachte zu ersticken. Ich jedoch war in dem Moment so wütend auf alles und jeden, insbesondere auf ihn und mich, dass ich ihn in den Magen boxte und mich somit aus seiner Umarmung löste, "Lass es sein Harry. Wir sind kein guter Umgang füreinander." flüsterte ich mit heiserer Stimme, die ich aufgrund des Schreien hatte.
Er hatte einen Blick, den ich nicht genau deuten konnte, es blitzte Wut auf und im Nachhinein Enttäuschung und Trauer. Doch ich beließ es dabei, ließ ihn in der Dunkelheit so angetrunken und durcheinander stehen, stieg in meinen Wagen und fuhr los.
Mir war es egal wie er nach Hause kam, ob er erfrierte oder was auch immer, ich wollte nicht bei ihm sein, seine Nähe nicht spüren, nicht mit ihm die selbe Luft einatmen.
Ich wollte wieder weg, ich spürte den Druck der sich wieder in mir ausbreitete, da ich wusste, dass ich wieder allein war.
Ich merkte wie meine Atmung hektischer wurde, da ich wusste, dass ich das was wir hatten zerstört hatte.
Wieso war ich bloß so, wieso ließ ich mich auf etwas Schönes ein, das sowieso kaputt gehen würde. Wieso ließ ich mich verletzen obwohl ich das all' die Jahre so gut im Griff hatte.Wie konnte ich nur denken, dass es dieses mal anders sein würde, dass jemanden gefunden hatte der für mich da sein würde?
Mein Leben war immer gleich, ich war immer alleine und das sollte sich scheinbar auch nicht ändern. Obwohl Harry mir eine super tolle Zeit geschenkt hatte, sollten wir scheinbar getrennte Wege gehen und diese Erkenntnis machte mich wütend und traurig zugleich und ich weinte, weinte mir die Seele aus dem Leib. Mein Blick war verschwommen, doch ich fuhr weiter, denn ich wusste, dass ich sobald ich anhielt zu ihm zurückfahren würde.
Dieses mal nicht, dieses mal fuhr ich weiter, dieses mal ließ ich wieder etwas zurück was mir viel bedeutete, schon wieder passierte es nach dem Friedhof und ein weiteres mal fiel ich ins schwarze Loch. 


Heeeey, meine Lieben.
Hoffe euch hat dieses Kapitel gefallen. Und irgendwie bin ich nicht ganz so zufrieden wie ich sollte, but it's okay...
Ich hoffe ihr findet Alaska nicht komisch oder so, aufgrund ihres Stimmungswechsels, ich versteh sie selber kaum, but she's a girl, so it's allowed :D

Ich wünsche euch, obwohl es ziemlich spät kommt, ein frohes neues Jahr. Macht was aus diesem Jahr, beweist euch selber, dass ihr alles hinbekommt und sonst niemandem. 
Macht euch selber zur Priorität, die anderen kommen erst nach euch, vergesst das bitte nicht.
Und ganz wichtig bricht euch gegenseitig nicht das Herz, wenn man euch gehen lässt, lasst los, denn nichts ist wichtiger als ihr selbst.

Wir hatten einen Trauerfall im Freundeskreis und irgendwie hat mich das voll geprägt, deswegen mein Motto für dieses Jahr: 
"Das Leben ist zu kurz um wütend aufeinander zu sein, liebt und lebt solange ihr noch könnt, umarmt solange ihr noch könnt, spricht euch aus solange ihr noch könnt, lasst Streitereien ganz außen vor, denn man weiß nie wann man die Person zum letzten Mal sieht." 

Irreversibel Where stories live. Discover now