Kapitel 10

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Mit einem unwohlen Gefühl im Magen wachte ich auf. Es war kein Traum gewesen, die Polizei hatte gestern Lisa Hayls Haus durchsucht, hatte dort Drogen gefunden und wir waren live und in Szene dabei gewesen. Ich war mir sicher, dass diese Neuigkeiten sofort in den Nachrichten am Morgen berichtet wurden. Immer noch schlich sich die Frage in meinen Kopf, warum Lisa Hayls vielleicht zu Drogen gegriffen hatte und ob sie sich erst seit dem Verschwinden von Lucy im Haus befanden.

Vielleicht wurde Lisa einfach alles zu viel und sie dröhnte sich zu, um die Sorge um Lucy zu vergessen. Was war nur mit dieser Stadt geschehen? Immer neue Dinge wurden aufgedeckt und es waren hauptsächlich keine Guten.

Ich griff nach meinem Handy, auch als mein Wecker bekannt und ging auf den Chat zwischen Noah und mir. Tatsächlich hatte er mir eine Nachricht geschrieben.

"Na Ave, gibt es Neuigkeiten?"

Er war genauso neugierig wie ich, schon immer konnten wir es beide nicht gut sein lassen, immer wieder spielten wir Detektive und jedes Mal kam ich mir vor wie eine schlechte Version von Sherlock Holmes.

"Nein."

Ich war nicht in der Laune dazu, einen ganzen Roman zu verfassen, denn etwas Neues gab es nicht. Ich stand auf und lief die Treppe hinunter, bis ins Wohnzimmer. Das Fernsehen lief und meine Mutter saß gebannt davor. Die Nachrichten liefen und ich hatte Recht behalten.

"Bei Familie Hayls, dessen Kind Lucy Hayls erst vor ein paar Tagen verwunden ist, wurden Drogen in ihrem eigenen Familienhaus gefunden."

Ein Familienhaus war es schon lange nicht mehr.

"Die Polizei spricht von einem geheimen Tipp, den sie gestern bekommen haben, will die Quelle aber nicht verraten. Es wird gegen die Mutter ermittelt, ob es nun ihre Drogen oder doch die ihres Mannes waren, der aber ebenfalls nicht aufzufinden ist."

Meine Mutter erhob sich und erschrak als sie mich sah. "Avery, hast du mich erschreckt!"

"Was glaubst du?" Fragend sah ich sie an.

"Du meist ob ich glaube, dass es ihre Drogen waren? Keine Ahnung, ich vertraue ihr, aber ich weiß nicht was ich getan hätte, wenn du entführt worden wärst."

Ich schätze, da hatte sie Recht, ich wüsste auch nicht, was meine Mutter in so einer Situation tun könnte. Was auch jeder andere Mensch, dessen Kind entführt wurde, getan hätte. Ich setzte mich an den Esstisch und machte mir ein Brot. Stillschweigend aß ich es auf und ging dann hoch um mich fertig zu machen.

Harper klingelte wie jeden Tag und gemeinsam liefen wir zur Bushaltestelle und stiegen in den Bus ein. Ich schaute mich um, was, wenn ich wieder Elijah Jackson sah? Den gesuchten Verbrecher, den ich an die Polizei verraten hatte, es aber dennoch keine Neuigkeiten gab.

Erleichtert stellte ich fest, dass er nicht im Bus saß. Ich lief mit Harper gemeinsam in das Schulgebäude wo Henry und Noah schon auf uns warteten. Vielleicht dachten viele warum wir beide nie bei Noah und Henry mitfuhren, sondern anstelle des Autos, den überfüllten Bus wählten.

Ganz einfach, Henry und Harper, gleichzeitig in einem Auto, das ging nicht wirklich oft gut aus und passierte nur dann, bei gemeinsamen Treffen, wie das im Kino. Harper alleine Bus fahren zu lassen, war wohl nicht gerade das, was man als beste Freundin tun sollte.

Die Schule war aus. Endlich!

Gemeinsam stiegen Harper und ich aus dem Bus und liefen so lange zusammen den Weg entlang, bis sie links in ihre Straße abbog. Ich blickte durch die Straßen, ich hatte das Glück in einer Gegend zu wohnen, wo es auch einmal ruhig zu gehen konnte. Wenn man mal von den vielen Entführungen absah, war es ein schöner Ort.

Ich lief gegen etwas Hartes und taumelte ein paar Schritte zurück, als mich plötzlich jemand am Arm packte und mir somit einen sicheren Halt verschaffte.

"Vorsicht Kleine, nicht, dass du dir noch was brichst und mich am Ende dafür verantwortlich machst."

Noch etwas leicht geschockt blickte ich zu der tiefen Männerstimme auf. Er nahm seine Kapuze ab und vor mir stand niemand geringeres als Elijah Jackson. Mann, hatte ich ein Glück.

"Wir sehen uns öfter, als ich meine Freunde in einem Monat." Ein tiefes Lachen verließ seine Kehle.

Ich antwortete nicht, sondern blieb still.

Mir war nicht zum Lachen zu Mute.

"Hab ich dir die Sprache verschlagen, oder wo ist das Mädchen hin, das mich vor ein paar Tagen angefaucht hat?"

Ganz ehrlich, ich wusste es nicht. Ich wusste nicht, warum ich mich jetzt so eingeschüchtert von ihm fühlte. Vielleicht weil er direkt vor mir stand und ich neben ihm wie ein Zwerg und das netteste Mädchen auf Erden aussah?

Er setzte an und lief an mir vorbei. "Wir sehen uns, Avery." Rief er mir zu.

Avery. Woher kannte er meinen Namen? Ich wollte ihm hinterherrufen, aber ich wusste, er würde es nicht beachten.

Tattooed Monster Where stories live. Discover now