Böcke und Irrlichter

Start from the beginning
                                    


Wir irrten eine Weile in der Dunkelheit umher, beschlossen dann uns einfach unter einen der dichten, schattigen Umrisse nieder zu lassen um den Sonnenanbruch abzuwarten. So hätten wir eine bessere Möglichkeit unsere Umgebung im Augenschein zu haben und die Fackel würde so oder so abbrennen. Tatsächlich, als sich die grelle Morgensonne zeigte, umgab uns auf einmal ein großer Wald. Dicht gedrängte Kiefern, mit Moos bedeckte tote Bäume. ,,Kein Wunder, dass Shruikan nicht in der Nähe ist. Hier würde er niemals durch passen." Helen nickte wissend und zeigte gen Sonnenaufgang. ,,Lass uns einfach nach Osten wandern. Sicher wird der Wald irgendwo aufhören müssen." ,,Gut, dann mal los." Wir durchstreiften eine Zeit lang den dichten Wald. Das orangene Licht tauchte den Wald in ein mysteriöses Licht, Nebel bildete sich in kleine Schwaden um uns herum, vermieste unsere Sicht. Der Duft von Kiefernnadeln, Morast und Moos umgab uns. Endlich lichtete sich der Wald ein wenig und wir kamen auf eine große Lichtung. Doch den Pfad konnte ich immer noch nicht entdecken. ,, Versuch jetzt Shruikan zu rufen," wandte sich Helen zu mir. Ich nickte, schloss die Augen konzentriert und tastete nach dem Band. Es schien wieder an Wärme und Bewegung zugenommen zu haben. Shruikan konnte also nicht weit sein. ,,Shruikan?!" rief ich. Das Band begann zu surren, sich noch weiter aufzuhitzen, verbrannte fast schon mein Innerstes. ,,Aya!" brüllte es über unseren Köpfen. Ruckartig schnellte mein Blick hoch zu den sich biegenden Baumwipfeln. Ein schwarzer Schatten schoss zu uns hinab, zerbrach Äste, ließ Bäume erzittern, nur um sich genügend Platz zu schaffen. Shruikan richtete sich zur voller Größe auf, seine Augen loderten wie die heißen Öfen in einer Schmiede, suchten die Lichtung nach Gefahr ab. ,,Wo sind sie! Ich werde sie qualvoll verbrennen, sie meine Zähne spüren lassen, meine Wut nur ihnen wappnen!" brüllte er rasend. Helen wich neben mir zurück, unsicher wie sie sich bei einem wütenden Himmelsdrachen verhalten sollte. Doch ich trat ohne mit der Wimper zu zucken zu seiner Flanke, legte meine Hände auf seine bebenden Schuppen. ,,Alles ist jetzt gut, Shruikan. Sie sind fort. Ich konnte sie noch rechtzeitig vertreiben." ,,Rechtzeitig?" rasselte er in meinen Gedanken, streckte mir seinen Kopf entgegen und musterte mich wie eine besorgte Katzenmutter. Kleine Rauchwolken pusteten aus seinen Nüstern, seinem leicht geöffneten Maul. Er sah in dem Moment wirklich Angst einflößend aus. ,,Vielleicht ein anderes Mal, wenn ich dir das erklären soll. Aber könntest du uns bitte hier fort bringen? Mir gefällt es ganz und gar nicht hier. Als wäre dieser Ort verflucht." Ein unverständliches Knurren drang gereizt aus seiner Kehle. ,,Bitte Shruikan," rief ich mit lauter werdender Stimme zu ihm hoch. Er verstummte, drückte sich als Antwort in die Erde. ,,Helen, kommst du?" Diese starrte mich mit großen Auge an. ,,I-Ich bin mir nicht sicher, ob ich das kann." ,,Keine Sorge, halte dich einfach an einer seiner Zacken fest. Er trägt keinen Sattel, also musst du deine Beine so fest wie es nur geht an seinen Körper pressen, verstanden?" Sie erbleichte nur noch mehr, ging dennoch zu mir rüber und ich half ihr hinauf. Sie platzierte sich hinter mich auf Shruikan's Schulterblätter. Auch ich presste meinen Körper ganz dicht an den von Shruikan, packte die Zacke vor mir, da ich bereits wusste, was jetzt kam. Der Druck, der uns entgegen kam, als Shruikan sich hoch in die Lüfte begab, riss an unseren Körpern wie Fahnen im Wind. Ich hörte Helen aufkeuchen, doch als Shruikan schließlich sich nur vom Wind tragen ließ und ganz sanft zu schweben schien, atmete sie erleichtert aus. Ich wagte es, meinen Kopf zu ihr zu drehen und lächelte sie ermutigend an, dann schaute ich hinab, beobachtete wie Shruikan ganz gezielt in eine Richtung flog. ,,Also kann man den Pfad verlassen? Und was ist überhaupt genau in der Nacht passiert?"  fragte ich Shruikan. Er brummte missmutig ,,Der Pfad dient nur zur Orientierung, er besitzt nichts magisches. Ich vermute es ist einfach der Wanderpfad der Irrlichter, welche uns führen werden. Und was in der Nacht passiert ist...Ich habe eigenartige Geräusche gehört und bin aufgewacht, da ich eure Bewegungen auf mir spürte. Als ich jedoch meine Augen aufschlug, wart ihr fort. Nur eine Duftspur von einer Ziege oder so lag in der Luft. Sofort habe ich mich an das erinnert, was du mir damals erzählt hattest, was dieser alte Drache dir gesagt hatte. Das dich Mischwesen, halb Mensch halb Bock entführen wollen. Ich bin sofort aufgebrochen, habe euch überall gesucht und schließlich deine Stimme gehört. Und Aya, ich habe zudem etwas interessantes entdeckt." ,,Was?" ,,Eine riesige Gebirgskette, jedoch ist es noch einige Meilen von uns entfernt." ,,Das Aora Gebirge, dort wo die Elfen leben sollen." Er summte bestätigend. ,,Wir sind da." Shruikan landete genau auf dem Kiesweg, den wir verlassen hatten. Sofort sprangen mir Jakul, unser Reisegepäck, sowie Shruikan's Sattel in die Augen. Jakul begrüßte mich erfreut schnaubend, rieb seine weichen Nüstern gegen meine ausgestreckte Hand. Da fiel mir plötzlich wieder etwas ein. Schnell ging zurück zu Shruikan, der sich dösend nieder gelegt hatte. Helen saß wie versteinert noch immer auf ihn. Ich konnte mir bei dem Anblick einfach kein Lachen zu zurück halten. ,,Alles in Ordnung bei dir?" lachte ich Tränen. Sie drehte ihren angespannten Körper zu mir. ,,Kö-Könntest du mir runter helfen, bitte?" hauchte sie mit weit aufgerissenen Augen. Ich nickte nur, half ihr und fing sie sofort auf, als sie plötzlich anfing zu taumeln. ,,Dein erster Flug, oder?" ,,Natürlich. Als wäre es normalen Untergebenen wie mir gestattet auf einen Drachen zu fliegen," brachte sie gespielt schnippisch hervor, setzte sich und ich holte eilig ihr den Wasserschlauch aus meinem Beutel. Gierig schluckte sie das Wasser hinunter. ,,Danke," keuchte sie und ich legte den Wasserschlauch wieder zurück. ,,Wollen wir weiter zusammen den Pfad entlang wandern, oder willst du, jetzt wo wir wissen, dass man ihn verlassen kann, auf Shruikan reiten?" ,,Ich bleib bei dir und Jakul. Shruikan kann gern fliegen. Ich will erstens dich nicht allein lassen, wer weiß ob diese Mischwesen wieder auftauchen. Und zudem könnten die Irrlichter ja auftauchen." So machten wir uns weiter auf den Weg. Ich ließ die noch immer in Schock geratene Helen auf Jakul reiten und ging zu Fuß neben her. Shruikan kreiste einige Male über uns, entfernte sich manchmal auch von uns. Verträumt sah ich ihm nach, wie er seine Flugmanöver trainierte, sich wilde Wettrennen mit dem Wind lieferte oder einfach nur majestätisch dahin gleitete. ,,Ihr beide seid wirklich unzertrennlich geworden," merkte Helen auf einmal an ",wie füreinander bestimmt." Ich grinste glücklich. ,,Das glaube ich auch manchmal."

Aya -Tochter der Drachen (Wird überarbeitet)Where stories live. Discover now