[17] He is so close

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Ich fühlte mich seltsam als das Zunähen der Wunde endlich hinter mir war. Sofort zog ich meine Hand, die immer noch auf der Schulter des Soldaten lag, weg.

Es schien als wären tausende kleine Stromschläge durch meine Hand geflogen als sie mit der Schulter des Soldaten in Kontakt kam. Doch durch den Schmerz der die Wunde verursachte, hatte ich das nicht mitbekommen. Unsicher ließ ich meine Hand sinken. 

Ich hörte wie der Soldat den ganzen Verbandskasten zusammen räumte und sich dann erhob. Die Tür ging einmal kurz auf und kurze Zeit später wurde sie wieder verschlossen. Der Feuersoldat stand wieder vor mir und griff mir unerwartet unter die Arme, er hob mich wie als würde ich nichts wiegen auf die Beine. Mir wurde ein Stoff in die Hand gedrückt und er sagte:"Zieh diese Hose an, sie ist zwar kurz aber in kürzester Zeit sind wir sowieso wieder im Süden." 

Ich verkrampfte mich bei dem Wort Süden. Wie konnte man soviel Hass auf ein Wort haben? Ich schluckte den großen schwarzen Ball in meinem Rachen wieder hinunter, die Zeit war noch nicht reif genug um den Ball platzen zu lassen. 

Unterwürfig versuchte ich die Hose anzuziehen, das Problem war, dass ich immer noch Probleme mit dem Gleichgewicht hatte. Also nicht so gut nur auf einem Bein zu stehen, plötzlich den Halt der Wand zu verlieren und dazu noch eine Augenbinde zu tragen. Ich kippte wie ein Mehlsack nach rechts, ich machte mir nichtmal die Mühe meinen Sturz mit den Händen aufzufangen. Ich wollte sowieso lieber liegen, stehen war zu anstrengend.

Doch da hatte ich vergessen dass immer noch jemand vor mir stand und dessen Reflexe sehr gut ausgeprägt waren. Bereits den Schmerz spürend wenn ich mit dem Boden in Kontakt kam, spürte ich plötzlich wie sich zwei muskulöse Arme um meine Taille schlangen. Mein Körper wurde wieder zurück gezogen und dabei wurde ich noch gegen den Körper des Soldaten gedrückt. Mir wurde augenblicklich heiß, meine Atmung beschleunigte sich binnen wenigen Sekunden. Durch die Augenbinde konnte ich nicht ausmachen was mein Gegenüber gerade dachte. Doch die Stille die uns umgab und sein Atem der gegen mein Gesicht blies, lies mich darauf schließen, dass er in eine Art Starre gefallen sein müsste. Und der Fakt dass sich seine Arme immer noch um meinen Körper befanden, machte mich nervös. 

Es schien als seien bereits Minuten vergangen, doch es waren nur Sekunden, bis er mich von sich weg stieß. Mein Körper machte Bekanntschaft mit der Wand und erlöst von seiner Nähe, lehnte ich mich mit meinem vollen Gewicht gegen die Wand. 

Ich dachte ich wäre jetzt für immer frei von dieser Nähe die ich bis vor kurzem gefühlt hatte, doch ich hatte mich geirrt.

Ich spürte wie er plötzlich vor mir in die Knie ging, ein Rascheln ließ mich vermuten dass er die Hose aufhob. Seine Hand umschloss plötzlich meinen Knöchel und übte leichten Druck darauf aus. "Anheben.", sagte er nur. Ich hob meinen Fuß etwas an um ja nicht wieder den Halt zu verlieren. Der weiche Stoff wurde über meinen Fuß gestülpt. Automatisch hob ich nach absetzen des einen Fußes den anderen. Als sich die Hose dann über beide meiner Füße lag, zog der Soldat sie mir dann hoch bis an die Hüfte. Dass er sich dabei sehr nah an mir befand, schien ihn nicht zu kümmern. Geschickt band er sie mir fest, da sie sonst sehr locker saß. Meine Füße wurden noch in meine Stiefel gesteckt und dann wurde ich am Arm hinaus gezogen, bevor wir jedoch den Raum verließen, wurden meine Hände wieder am Rücken zusammen gebunden.

Wir bogen einmal nach links ab und dann gingen wir eine Treppe nach unten. Unten wurde ich dann wieder nach links gezogen wo wir dann stehen blieben. Hier unten herrschte hektisches Treiben, jedes Mal wenn jemand neben mir entlang lief, erschrak ich innerlich. Ein Radio spielte leise Musik, wurde jedoch von dem ganzen Stimmengewirr begraben.

"Ich bin fertig, wir können aufbrechen.", ertönte die Stimme des Feuersoldaten neben mir.

"Wie weit ist es bis zum nächsten Aufenthaltsort?", fragte jemand aus der Gruppe. 

"Wir sind vor Sonnenuntergang am letzten Aufenthaltsort, dort bleiben wir eine Nacht, bis wir am nächsten Tag unsere Reise auf dem Meer fortsetzten werden. Sobald wir wieder auf unserem Land sind, ist es nur noch ein Katzensprung bis ins Hauptlager.", eine Stimme am anderen Ende des Raumes ertönte über die ganzen Gespräche, sofort verstummten die Soldaten, muss wohl der Anführer sein der gesprochen hatte.

Während des Sprechens näherte sich der Anführer uns. Als er fertig mit sprechen war stand er genau vor mir und dem Feuersoldaten.

"Devil, ich übergebe dir die volle Verantwortung über sie, wenn sie nicht lebend im Süden ankommt, geht das alles auf deine Kappe. Ich vertraue dir und ich weiß dass du sie ganz zum König bringen wirst, wo sie dann ihre gerechte Strafe erhält."

Er hieß Devil. Devil. Devil. Der Name kam mir bekannt vor, irgendwo tief in mir drin bewegte sich etwas bei dem Namen. Devil

"Ja, sir.", mein Gedankengang wurde von Devil's Stimme unterbrochen. 

Der Anführer lief an uns vorbei, seine Stimme wiederholte sich plötzlich in meinem Kopf. 

Ihre gerechte Strafe erhalten.

Strafe an dem Massenmord ihrer Männer. Bei uns im Norden wird Mord mit dem Tod bestraft. Durch Erzählungen von Reisenden habe ich jedoch gehört dass der wehrlose Todschlag im Süden abgesetzt wurde, stattdessen wird eine Art Zweikampf ausgetragen, zwischen dem Verurteilten und einem anderen Verurteilten. Der Kampf endet erst wenn einer der beiden stirbt. Das Unfaire daran ist dass der Gewinner zurück in Gefangenschaft muss, bis der nächste Kampf ausgetragen wird und dort wieder um Leben und Tod entschieden wird.

Keine Frage, wenn es soweit kommen würde, würde ich mit allem was ich besitzen würde kämpfen. Aber für was kämpft man nach einer Zeit dann noch? Einige würden jetzt sagen dass man für das Leben kämpft aber ein Leben in Gefangenschaft ist eher ein Leidensweg der niemals endet bis zum Tod. Warum sich also nicht sofort töten lassen? Rutscht man einmal drin, kommt man nie mehr daraus, nur noch der Tod ist die Erlösung.

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