Kapitel 11

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Die nächste Woche verlief ohne große Ereignisse. Am Freitag hatte ich mich mit Adam getroffen und wir haben geredet. Er hat mir von seiner Arbeit erzählt und dass er schon eine kleine Wohnung in Aussicht hat, da sein Geburtstag näher kommt. Ich habe ihm auch von Eric erzählt, aber wie sonst auch wollte er nicht wirklich etwas über ihn hören, weshalb ich es auch ließ. Aber allgemein war es ein schöner Tag, da ich wieder richtig mit ihm reden konnte und nicht über das Telefon. Das Wochenende habe ich mit Luisa und den anderen Mädels verbracht.

Wie gesagt die Woche darauf verlief unspektakulär. Mit der Ausnahme, dass Eric und ich mehr miteinander zu tun hatte. Das heißt, dass wir mehr miteinander geredet haben und es kaum noch komische Stille zwischen uns gibt. Aber das sieht für alle anderen nicht so wichtig aus. Inzwischen war es wieder Samstag, und ich war eben erst aufgewacht. Aber ich war mal wieder früh aufgewacht und konnte nicht mehr schlafen. Also entschied ich mich wieder etwas laufen zu gehen. Also war ich nach 15 Minuten draußen und stand an den Bänken am Leichtathletikplatz. Erst streckte ich mich gründlich und wollte so schnell wie möglich anfangen zu rennen, da es wirklich kalt war. Anstatt dass es wärmer wird, wurde es in den letzten Tagen eher kälter. Die Sonne strahlte, aber trotzdem war es kalt. Aber wir sind grade mal Ende Winter/ Anfang Frühling.

Mit Alex Gaskarth's Stimme in den Ohren lief ich schließlich los. Aus irgendeinem Grund wollte ich heute einfach mal schneller laufen als sonst. Mir war es in dem Moment auch egal, dass ich später die Konsequenzen spüren würde. Ich habe wieder einen dieser Tage, an denen es mir egal ist dass ich etwas eigentlich nicht kann oder darf. Das mag aber damit zusammen liegen, dass ich wieder einen Alptraum hatte; über meine Eltern. Das passiert in den letzten Jahren nicht mehr sehr oft, aber wenn, dann wirkt es sich nicht so gut auf meine Stimmung aus.

Aber nach zwei Runden sah ich, dass David und Eric langsam zum Fußballplatz liefen. Die beiden gibt es anscheinend wirklich nur im Doppelpack. Jedenfalls lief ich einfach weiter und ignorierte auch den Schmerz, den ich nach 15 Minuten Non-stop, schnellem Laufen spürte.

Als ich irgendwann wirklich nicht mehr konnte, setzte ich mich auf eine Bank und streckte mein rechtes Bein wieder. Ich atmete ein paar mal tief ein und aus und da an diesem Morgen die Sonne schien, blieb ich noch eine Weile dort sitzen. Ich schloss meine Augen und lehnte mich etwas nach hinten. Aber meine Gedanken wanderten immer wieder zu meinen Eltern. Immer, nachdem ich diese Träume habe, in denen ich sehe wie mir der Polizist mitteilt, dass meine Eltern gestorben sind, geht es mir nicht so gut. Ich habe nicht mehr so oft solche Tage. Meistens schaffe ich es mich auf die schönen Gedanken an meine Eltern zu konzentrieren, trotzdem klappt es einfach nicht immer.

Je länger ich dort saß, desto trauriger wurde ich. Wieso konnte die laute Musik in meinen Ohren nicht meine Gedanken übertönen?!

Bevor es dazu kommen konnte, dass ich noch trauriger wurde, stand ich auf und lief zum Wohngebäude hin. Aus dem Augenwinkel sah ich ein paar Leute in die selbe Richtung laufen, sie schienen vom Fußballplatz zu kommen.

Sobald ich im Gebäude war, sprintete ich die Treppen rauf, in mein Zimmer. Luisa war wach und trocknete sich grade ihre Haare. Ich lächelte sie nur kurz an und ging ins Bad um zu duschen.

Als ich aus der Dusche kam, packte Luisa grade ein paar Sachen in ihre Tasche. Sie war fertig, hatte ihre Jacke an und drehte sich dann zu mir.

"Meine Mama hat eben angerufen und will dass die Familie am Wochenende zusammen ist, weil meine Schwester auch da ist. Deswegen schlafe ich heute zu Hause und bin morgen Abend wieder da.", teilte sie mir mit und ich nickte leicht lächelnd.

"Ok. Viel Spaß", sagte ich und sie umarmte mich schnell, nachdem sie merkte, dass sie schon zu spät ist.

Also war ich das Wochenende wohl alleine. Aus Langeweile entschied ich mich meine noch nicht ausgepackten Sachen auszupacken. Ich habe nicht all zu viele Sachen, aber eine Kiste hatte ich noch. Diese hatte ich provisorisch unter mein Bett geschoben. Ich nahm die Kiste und legte sie auf mein Bett. Nach dem Öffnen sah man erst ein paar Blätter. Da sie unwichtig waren, konnte ich sie auch wegschmeißen. Dadrunter waren nur noch Bilder. Weitgehend Bilder von meinen Eltern und meiner frühen Kindheit. Das waren die Bilder, die ich behalten wollte, als ich ins Heim umziehen musste.  So ironisch es auch ist, das sind die Bilder, die ich mir immer anschaue, wenn ich meine Eltern sehr vermisse. Und das war in dem Moment der Fall. Das erste Bild ist eins von meinem Papa, als er am Schreibtisch zu Hause sitzt und sein Bein hochgelegt hat. Er sieht sehr konzentriert auf die Unterlagen auf dem Tisch. Mein Vater war Anwalt und obwohl er in dieser Zeit gerade am Knie operiert wurde, wollte er nicht untätig herumsitzen. Meine Knieprobleme sind teilweise erblich bedingt. Das Bild habe ich sogar selbst geschossen, als ich 8 war. Ein Jahr bevor sie gegangen sind. Das nächste Bild war eins von uns dreien; Mama, Papa und ich. Früher hatte ich noch kein Problem damit auf Fotos zu sein, aber inzwischen bin ich immer die, die es meidet fotografiert zu werden. Die langen, braunen Locken meiner Mutter fielen ihr über die Schulter. Ihre strahlend grünen Augen sind auf mich gerichtet und sie lacht. Meine Mutter war eine der schönsten Frauen die ich je gesehen hatte. Wegen meinen Locken sagten immer alle, dass ich ihr sehr ähnlich sehe. Ich war höchsten 9. Ich spürte schon wieder wie mir Tränen die Wangen runterliefen, weswegen ich die Kiste von mir weg schob und die Tränen wegstrich. Ich will nicht weinen. Aber so einfach war es nicht. So endet es immer, wenn ich mir die Kiste ansehe, aber ich kann es nicht lassen. Durch die schönen Erinnerungen habe ich manchmal das Gefühl, dass meine Eltern bei mir sind und ich alles wiederbelebe .

My so called best friendWhere stories live. Discover now