III.

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Ich kannte die Stimme. So eine tiefe, raue Stimme hatte ich selten vorher gehört und sie hatte sich wahrscheinlich für immer in mein Hirn gebrannt. „Wenn ich meine Hand weg nehme,dann wirst du nicht schreien. Nicht spucken, beißen oder sonst was, Glaub mir, das hat es alle schon gegeben! Und sie haben es alle bereut." Ich nickte. Ich wollte ihm tatsächlich eigentlich in die Hand beißen und weg laufen, aber das hätte alles womöglich noch schlimmer gemacht. Es war schwer die Situation einzuschätzen also tat ich lieber was mir gesagt wurde. Er nahm seine Hand von meinem Mund und ich drehte mich zu ihm. „Es ist sehr unhöflich bei seinen Gastgebern herum zuschnüffeln. Das würdest du auch nicht wollen!" Ich antwortete nicht und folgte ihm einfach nur. „Ich meine es ernst. Sei froh, dass ich dich gefunden habe. Es wissen noch nicht alle, dass wir einen Gast haben. Die hätten kurzen Prozess mit dir gemacht!" Das wollte ich nicht in Frage stellen. Schnellen Schrittes brachte mich Balor in ein anderes, sehr verfallenes Haus. „Ich habe nicht aufgeräumt, ich hoffe du verzeihst." grinsend ließ er sich auf ein großes Sofa fallen. Das musste seine Hütte sein. Ich hatte mir ehrlich gesagt etwas anderes vorgestellt, für einen Anführer. Aber er legte wahrscheinlich nicht viel wert darauf, opulent zu wohnen. Abgesehen davon, dass die Möglichkeiten nicht gegeben waren.„Setz dich wo du magst. Ich glaube da blieben einige Fragen ungeklärt." Ich zögerte kurz, setzte mich dann aber auf einen wackeligen Stuhl. Zufrieden lehnte sich der Rothaarige zurück.„Eigentlich sollte Dancer dir ja alles wichtige erklären. Aber es scheint mir, dass der Junge da etwas geschlampt hat. Also... schieß los!" Ich atmete tief ein und aus und versuchte gut zu überlegen was ich sagen sollte. „Ich habe keine Fragen mehr. Das war genug umzu wissen, dass meine Eltern absolut Recht hatten! Ihr seid Bestien!"Ich konnte mich nicht zusammen reißen. Es war nur die Wahrheit. Balor lachte."Bestien nennst du das? Wir versuchen lediglich zu überleben, wie jeder andere auch." Ich schüttelte den Kopf. „Ihr seid scheiß Kannibalen! Ihr jagt unschuldige Menschen und tötet sie, nur damit ihr sie fressen könnt!" Der Anführer atmete scharf ein und stand auf. Zum Glück blieb er aber von mir fern, sondern stellte sich ans Fenster und schaute hinaus. „Du solltest niemals jemanden verurteilen, dessen Geschichte du nicht kennst!" „Ich will eure Geschichte aber gar nicht kennen!" Ich stand auf und wollte nur raus. Weg hier. Aber bevor ich die Tür erreichte hielt mich Balor zurück. „Solange du hier bist, wirst du hören was man dir sagt. Du wirst unsere Seite der Geschichte kennen lernen. Nur so,wirst du von Nutzen sein." Er ließ mich los und ich riss die Tür auf und lief so schnell ich konnte.

Wohin nun? Zurück zu „meinen" Wohnwagen wollte ich auf keinen Fall. Allerdings war es auch keine Option mich in einem der Häuser zu verkriechen, wer weiß was mich da erwarten würde. Ich wollte nie wieder eine Leiche sehen. Schon gar nicht ausgeweidet und kurz davor serviert zu werden. Diesen Anblick würde ich nie wieder aus dem Kopf bekommen. Mir war speiübel. Ich suchte mir ein etwas abgelegeneres Gebüsch und kotzte mir die Seele aus dem Leib. Der Gedanke daran,dass die Leute hier die verschwundenen Kids nur für einen Zweck hier hatten war einfach unerträglich. Und hier würden freiwillig andere Menschen leben wollen? Ich sackte zusammen und fragte mich was mein Vater mit diesem Haufen Wilder zu tun hatte. Ich zog meine Beine an und hoffte, dass ich hier meine Ruhe hatte. Aber natürlich war dem nicht so. „Hier bist du. Ich such dich schon die ganze Zeit" Zum Glück war es nicht Balor. Ich schaute auf und mit verheulter Stimme schrie ich Dancer an, dass er verschwinden sollte. „Lass mich einfach hier verrecken." Dancer schüttelte den Kopf und lächelte mich an. „Mit Sicherheit nicht. Balor würde mich einen Kopf kürzer machen." Er hielt mir seine Hand hin und wollte mir aufhelfen.„Scheiß doch auf den.", murmelte ich kaum hörbar. Trotzdem hatte der Schwarzhaarige jedes Wort verstanden. „Was ist passiert? Er war doch bis jetzt ganz nett zu dir?" Ich seufzte und stand auf,allerdings ohne seine Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es nutzte nichts,wenn ich jetzt nicht mitkommen würde, dann würde jemand anderes kommen und mich holen. Von ihm schien wenigstens keine Gefahr auszugehen,. Jedenfalls im Moment noch. "Dancer? Wieso bist du hier? Wieso tust du dir das freiwillig an?" Angesprochener stutzte und blieb stehen. Er schaute mich fragend an, als ob es das normalste der Welt wäre was hier abging. „Jetzt tu doch nicht so!" Ich seufzte und ging weiter den Weg zu meinem Wohnwagen. Der Junge folgte mir still. Diesmal blieb er nicht im Türrahmen stehen, sondern
Kam mit in den Wagen und setzte sich an den Tisch. „Jetzt erklär mir mal, was du gerade meintest. Was tu ich mir hier an?" Mir fiel ein, dass er ja gar nichts von meinem kleinen Ausflug wusste. Wusste er überhaupt was hinter den Kulissen, hinter seiner heilen Ödlandfassade, ablief? Vielleicht könnte ich ihn auf meine Seiteziehen! Ich glaubte nicht, dass er mit seinen 15 Jahren scharf drauf war Menschenfleisch zu essen. „ Dancer... weißt du, was ihr da jeden Abend zu essen bekommt?" Sein Blick erhellte sich, er schien zu verstehen worauf ich hinaus wollte. „Es wundert mich gerade etwas, dass DU es weißt. Normalerweise erzählt Balor das nicht, bis das erste gemeinsame Abendessen war. Das erleichtert den neuen Leuten die Sache ein wenig. Wer einmal Blut geleckt hat, der will mehr. Du machst es ihm nicht gerade leicht!" Er musste laut lachen. „Du weißt es und es macht dir nichts aus?"Ich war völlig perplex. Meine letzte Hoffnung, Dancer die Augen zu öffnen und mit ihm zu fliehen, war dahin. Er zuckte nur mit den Achseln" Was anderes bleibt uns hier ja nicht übrig", sprach er mit völliger Gleichgültigkeit. Ich ließ den Kopf hängen und gestand klein laut, dass ich im Schlachthaus, oder was auch immer das war, von Balor aufgegriffen worden war. „Du hast herumgeschnüffelt!" Er grinste mich an. „Balor wird angepisst sein, aber trotzdem wird dir hier nichts passieren. Und nein, mir macht es nichts aus Menschenfleisch zu essen. Es ist eine Sache der Gewohnheit und wenn man die Leute nicht kannte, die hier auf demTisch landen, ist es nichts anderes als Hühnchen oder Schweinefleisch. Und das ist ja das tolle, Menschen sind nicht verseucht. Und außerdem landet hier kein Mensch ohne Grund"

TagX war der Tag am dem Russland den dritten Weltkrieg für sich entscheiden wollte und eine Atom bombe abfeuerte. Auch wenn der Einschlag an der anderen Küste war, merkten wir hier die Ausmaße.Bei Unwetter war es strengstens verboten nach draußen zu gehen, da der Regen, auch 20 Jahre danach, immer noch so sauer war, dass einem die Klamotten vom Körper weg geätzt wurden.

Pflanzen mussten besonders geschützt werden, mit Säure resistenten Planen,die immer nur bei Regen drauf geworfen wurden. Das Fleisch der Tiere war über Generationen verseucht, deshalb wurden sie nur noch als Nutztiere gehalten um auf den Feldern zu helfen oder Güter zufahren. Natürlich konnte man Glück haben und jahrelang Fleischessen, ohne das etwas passierte, aber aß man auch nur ein bisschen vom falschen Fleisch konnte es auf der Stelle tödlich sein. Zum Glück hatte mein Vater Leute engagiert die es irgendwie schafften,Vieh zu züchten, dessen Fleisch kaum bis gar nicht verseucht war.Deswegen wurde unsere Stadt eine große Nummer in der kompletten Westküste. Jedes kleine Dorf, jede größere Metropole war interessiert daran sich mit unserem Fleisch zu versorgen. Die Nachfrage war riesig und es gab richtige Wartelisten mit Monatelangen Zeiten. Aber alle anderen Gemeinden, die zu arm waren mussten weiterhin auf ihren Anteil verzichten. Es war ganz anders, als es all die Jahre vorher prophezeit wurde.

„Ja aber Dancer, wird sind doch Monster. Wie können wir nur unschuldige Menschen töten?" Da war er wieder. Seine Stimme ließ mich jedesmal wieder zusammen zucken. Balor stand in der Tür und spielte theatralisch geschockt. Ohne zu fragen kam er rein und ließ sich gegenüber von Dancer auf den Stuhl fallen. „Weißt du, die Kleine hat sich absolut unladylike verhalten. Außerdem will sie partout nicht einsehen, dass wir nichts falsches machen." Balor schüttelteden Kopf. Der Jüngere schaute zwischen mir und seinem Anführer hin und her. Es kam mir so vor als würde er nichts falsches sagen wollen, aber schließlich ergriff er doch das Wort. „Sie kommt halt aus einer heilen Welt. Mit genug Essen für alle." Balor fuhr sich mit der Hand durch seinen Iro und lächelte mich an. „Wir sollten dich Prinzessin nennen, das würde dir mit Sicherheit gefallen."„Jetzt hör aber mal!", ich war wirklich angepisst. „Ich bin keine scheiß verwöhnte Prinzessin, nur weil ich euch verabscheue für das was ihr macht!" „WAS machen wir denn hier?", seine Stimme wurde lauter und er schien nicht mehr so entspannt wie sonst die ganze Zeit über. „Weißt du eigentlich WARUM wir das machen müssen? Denkst du, wir haben uns das ausgesucht? Vielleicht solltest du mal Papi fragen warum das hier geschieht!" „Lass meinen Vater aus dem Spiel!" Ich konnte mir nicht zusammen reimen, was er mit dem Ganzen hier zu tun haben sollte. Er war ein einflussreicher Mann innerhalb unserer Stadt, aber alles was außerhalb ablief interessierte ihn nicht. „Prinzessin ist nicht nur verwöhnt, sondern auch naiv. Großartig! Dancer was mach ich nur mit ihr?" Balor verschränkte die Arme und sah mich ratlos an. Er stand auf und lief im Wohnwagen auf und ab und überlegte.

Nach einer gefühlten Ewigkeit nahm er seinen Stuhl und stellte ihn zu mir ans Bett. Er setzte sich und verschränkte die Arme auf der Stuhllehne und grinste mich an. Es dämmerte mittlerweile und man konnte nur noch das weiße von Balors Totenkopschminke sehen. Es machte ihn noch bedrohlicher als so schon. Ich war angespannt und versuchte bei Dancer irgendeine Regung zu erkennen. Aber er hielt sich völlig im Hintergrund. Schlauer Junge, ich würde in so einem Moment auch lieber schweigen. Der rothaarige nahm mein Kinn in seine Hand und zog mich nah an sein Gesicht. „Ich werde dich schon noch von der richtigen Seite überzeugen können", flüsterte er mir kaum hörbar zu. Er stand auf und ein weiteres mal wurde ich einfach mitgezogen. Dancer folgte unauffällig in einiger Entfernung. Und schon wieder hatte ich keine Ahnung was auf mich zukommen sollte. Es konnte alles sein, angespannt fügte ich mich.

Hunting HumansWhere stories live. Discover now