XV

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,,Hallo Faye, schön, dich zu sehen." Mrs. Walsh lächelte mir freundlich zu und bedeutete mir, mich zu setzen.
Ich tat ihr den Gefallen, nahm Platz und begann, nervös meine Hände zu kneten.
,,Nur ruhig, Faye." Meinte die Direktorin, die meine Nervosität offensichtlich bemerkt hatte.
,,Wenn du wirklich nicht freiwillig gehandelt hast, dann werde ich dich natürlich nicht bestrafen."
Sie lächelte mir erneut aufmunternd zu und ich erwiderte das Lächeln vorsichtig.
,,Dann erzähl mal." Forderte sie mich auf.

Ich biss mir auf die Lippen. Es war wie ein innerer Schutzreflex, dass ich nichts von der ganzen Sache erzählen wollte. Aber hier würde mir geholfen werden, ich musste jetzt auspacken.
,,Sara erpresst mich." Platzte ich heraus.
,,Sie hat herausgefunden, dass..." Nein, so konnte ich nicht anfangen. Das war ja beinahe schon das Ende der gesamten Geschichte.

,,Entschuldigung." Murmelte ich leise. ,,Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll."
,,Am besten ganz am Anfang." Schlug die Direktorin wenig hilfreich vor und lehnte sich zurück, als würde ich ihr gleich ein Märchen erzählen. Hätte sie jetzt Kakao und Kekse geholt und mich mit großen Kinderaugen angesehen, ich hätte mich nicht gewundert.

,,Also, ich war mit einigen anderen im verbotenen Teil der Bibliothek. Aber ich bin einfach ahnungslos mitgegangen, ich hatte keine Ahnung, dass wir da nicht hin dürfen." Begann ich. ,,Die Anderen wollten von mir, dass ich das Feuerbuch öffne."
,,Hast du es geschafft?" Mrs. Walsh setzte sich aufrechter hin und blickte mich gebannt an.

,,Ja, aber da war ich alleine. Jedenfalls habe ich dann in dem Buch gelesen und das hier gesehen." Ich zog die Seite mit dem Bild von Azita hervor und legte es der Direktorin hin. Sie nahm das Papier, verglich mich mit der abgebildetes Person und legte fragend den Kopf schief.
,,Warum siehst du aus wie sie?" Murmelte sie, mehr zu sich selbst.
,,Dann kamen aber die Anderen zurück und ich musste das verstecken. Also habe ich die Seite herausgerissen." Schuldbewusst senkte ich den Blick. ,,Ich habe in meinem Zimmer weitergelesen und Sara hat mich gesehen. Auf der Rückseite steht, womit sie mich erpresst hat."

Ich brachte es nicht über mich, das alles auch zu erzählen. So beobachtete ich Mrs. Walsh, wie sie bedächtig das Blatt wendete und sich die Rückseite aufmerksam durchlas. Schließlich sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen hoch und fragte mich:
,,Und? Wirst du dich rächen?"
Ich riss die Augen auf.
,,Bitte, glauben Sie diesen Mist nicht auch noch!" Flehte ich. ,,Ich sehe vielleicht aus wie sie, aber ich bin nicht wie Azita!"

,,Azita." Murmelte die Direktorin vorsichtig. ,,So lange schon wurde dieser Name nicht mehr ausgesprochen. Wir wissen viel zu wenig von ihr."
,,Kannten sie den Namen schon?" Erkundigte ich mich, denn die Art und Weise, wie Mrs. Walsh von der Erwählten sprach, ließ mich stutzig werden.
,,Nein, aber den Fluch." Sie stand auf und nahm ein dünnes Heft aus dem Regal in die Hand. ,,Hier ist er vermerkt:"
Sie schlug eine Seite auf, gab mir das Heft und ich las den Text.

Lasst euch gesagt sein, ich werde wiederkommen. Eines Tages werde ich wiederkommen und dann bin ich die, die andere ermordet. Ich werde mich rächen. Feuer wird gewinnen und alles zerstören, was ihm im Weg ist!

Mit einer Gänsehaut gab ich den Wisch zurück.
,,Ich werde ganz bestimmt niemanden umbringen." Sagte ich mit belegter Stimme. ,,Ich könnte ja nicht mal mit meinem Element umgehen."
,,Daran zweifle ich nicht." Mrs. Walsh verstaute das Heft wieder und sah mich besorgt an. ,,Aber Sara weiß bestimmt auch von dem Fluch. Sie hat Angst, du wirst alle umbringen."

,,Die und Angst? Niemals!" Entfuhr es mir.
,,Doch. Das, was man von Azita noch weiß, ist sehr angsteinflößend. Sie war eine brutale Mörderin und ihre Anhängerschaft soll für sie alles getan haben. Niemand weiß jedoch, wie stark ihre Kraft war. Nur, dass sie sehr stark war."
Sie schüttelte ungläubig den Kopf.
,,Das sind völlig neue Erkenntnisse."

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