~ Kapitel 5 ~

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„Das tut mir so leid.", entschuldigte er sich. Ich sah es ihm an, dass er es wirklich ernst meinte. „Ich kaufe dir ein neues Oberteil.", schob er hinterher ohne mich zu Wort kommen zu lassen.

„Hey.", unterbrach ich ihn. „Ist schon in Ordnung. Ich brauche eh neue Klamotten und so habe ich einen Grund mal was Neues anzuziehen." Ich versuchte ihm mit einem Lächeln zu zeigen, dass es mir wirklich nichts ausmachte. „Außerdem siehst du so aus, als wärst du gestresst."

„Ja, irgendwie schon. Ich sollte vor einer halben Stunde im Büro sein, aber der Zug hatte Verspätung und jetzt das." Er schlug sich mit der Hand vor die Stirn. „Und du bist dir ganz sicher, dass alles Ok ist?", erkundigte er sich erneut. Woraufhin ich mit einem freundlichen Lächeln nickte.

„Ich hoffe du bekommst keinen Ärger fürs zu spät kommen."

„Die sind das von mir eh nicht anders gewohnt.", erwiderte er, bevor er sich sein Longboard schnappte und über die Domplatte verschwand. Irgendetwas kam mir an ihm komisch vor. Entweder, dass er mit kurzer Hose und Pulli auf einem Longboard ins Büro fährst oder das Gefühl, dass ich ihn irgendwo schon einmal gesehen habe.

Ich stand schließlich auf und warf die Taschentücher, die er mir gegeben hatte damit ich mein Oberteil vom Eis zu säubern kann, in den Mülleimer und ging direkt den ersten Klamottenladen, den ich finden konnte. Ich kaufte mir ein schlichte hellgraues Top, das an den Seiten etwas tiefer ausgeschnitten war und ein Bandeau-Top, was ich unter das Graue anziehen konnte, damit meine Mitmenschen nicht meinen BH anstarrten. Meine Hotpants waren zum Glück verschont geblieben, sodass ich mir darum meine Sorgen machen musste.

Mittlerweile wurde es an der Domplatte immer voller, also beschloss ich etwas durch die Kölner Straßen zu fahren, um schon einmal meine Umgebung besser kennen zu lernen. Ich kam irgendwo an einem Park raus und zu meiner Überraschung kam er mir sogar bekannt vor. Es war der Mediapark, wo die Jungs und ich gestern gedreht hatten. Ich hob mein Longboard vom Boden und lief zur nächsten Bank, um hier in aller Ruhe die Kommentare unter meinem letzten Blog durchzugehen.

Es waren knapp unter hundert Kommentare seit heute Morgen. Viele davon wiederholten sich, aber wer liest schon alle Kommentare, bevor man einen eigenen schreibt? Ich beschloss kurzerhand einen weiteren Eintrag zu schreiben.

Hallöchen,

ihr scheint heute echt Glück zu haben, dass gleich zwei Blogs an einem Tag kommen! Der Grund ist eigentlich folgender:

Unter meinem Blog von heute früh habe ich einen Kommentar von RebelGirl14 bekommen. Es wurde vorgeschlagen, dass ich mir ein Longboard kaufe. Gesagt getan. Auch wenn die Verkäufer echt überrascht waren, dass sich eine junge Frau mit Boards auskennt. Naja auf jeden Fall bin ich dann in die Innenstadt und hatte auch schon einen Grund, um shoppen zu gehen –nur ein Oberteil- da ein Fremder dafür gesorgt hat, dass mein Eis auf mir gelandet ist. Dann bin ich etwas durch die Stadt gefahren und ich muss sagen, dass es hier echt richtig schön ist! Es war definitiv die richtige Entscheidung. Momentan sitze ich hier in einem der vielen Parks auf einer Bank im Sonnen schein und genieße das Wetter, bevor ich nachher noch eine Verabredung habe. (Es ist kein Date!)

Ich rate euch jetzt einfach mal, dass ihr die Augen offenhalten solltet, denn man weiß nie, wer euer nächster bester Freund oder beste Freundin wird.

Bis dahin, brüllt nicht so laut, eure Leo.

Der Post wurde hoch geladen und als ich mein Handy grade wegpacken wollte, piepste mein Handy auf. Ich hatte grade eine Nachricht von Jimmy bekommen.

Jimmy: Ich hoffe, dass das jetzt nicht zu viel wird, aber könntest du vielleicht bei der Pizzeria in unserer Straße vorbei schauen? Wir haben da grade Essen bestellt und schon bezahlt, nur wir haben grade alle Hände voll zu tun. Wirst du sehen, wenn du da bist.

Ich: Kein Problem. Welche Etage seid ihr nochmal?

Jimmy: 4

Es war irgendwie schon Nachmittag geworden, also ging ich zu Fuß zum Rand des Parks, da ich auf den Schottersteinen nicht mit meinem Longboard hätte fahren können. Als ich dann auch dem geteerten Weg angekommen war, konnte ich eine Gruppe aus drei jungen Männern sehen, die auf eine Kamera guckten. Ein paar Sekunden später ging der blonde wieder vor die Kamera und gab seinem Kameramann Toni Anweisungen. Was genau es war, wusste ich nicht, aber es schien dann zu laufen.

Ich legte mein Board auf den Boden und mit einem Push, waren die Männer hinter den Gebäuden verschwunden. Kurze Zeit später stand ich in der Pizzeria und ich hatte keine Ahnung, auf wen die Bestellung ging.

„'Tschuldigung.", fing ich etwas zurückhaltend. „Ein Kumpel von mir hat grade Pizza bestellt und ich wollte die gerne abholen."

„Für Julian Bam?", fragte der Mann hinter der Theke mit einem italienischen Dialekt.

„Ja genau," erwiderte ich. „Für Julien Bam."

„Ach mein kleine Julian bestellt hier oft. Liebenswerter Mensch er ist.", sagte er, als er mir die fünf Pizzakartons überreichte. „Schaffst du?"

Ich nickte. „Ist ja nur um die Ecke. Vielen Dank und schönen Tag noch."

„Ciao."

Als ich die Pizzeria verlasse hatte, legte ich die Kartons einfach auf mein Board und trug es so die Straße hinunter. Viel einfacher. Ich klingelte, fuhr mit dem Fahrstuhl bis zur 4. Etage und lief dann zur Tür, vor der Jimmy und ich auf die Jungs gewartet hatten. Ich atmete noch einmal tief durch und drückte dann den Schalter. Ein leises ding dong war zu hören. Kurz darauf ging die Tür auf und vor mir stand ein Asiate, der weder Ju noch Vince war.

„Ich wusste gar nicht, dass Pablo jetzt einen Lieferdienst hat."

Ich hörte Jimmy lachen. „Nein, Joon, das ist Leonie. Sei nett zu ihr."

„Oh, hi, ich bin Joon.", sagte er und reichte mir die Hand. „Ich glaube, ich nehme dir das erstmal ab." Ergänzte er verlegen.

„Danke.", erwiderte ich. „Wie Jimmy gesagt hat, ich bin Leonie."

„Na dann komm mal rein.", sagte Jimmy am Ende des Flurs wartend. „Du kannst dein Longboard einfach da hinter die Tür zu dem anderen stellen.

Ich nickte um ihm zu zeigen, dass ich verstanden hatte und als ich mich umdrehte, sah ich das andere Longboard, von dem er gesprochen hatte. Mir kam da so ein Gedanke, aber ich schob ihn beiseite und den Flur entlang bis zum Zimmer, wo sie vier Computer reingequetscht hatte. Da waren Ju, Jimmy, Joon und ein weiter junger Mann, dessen Gesicht noch vom Monitor verdeckt war. Als ich jedoch ein freundliches „Hi." In den Raum sagte, hob sich sein Kopf und er sah genauso überrascht aus mich zu sehen.

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+L

One Day I Will FlyWhere stories live. Discover now