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Ninth Hour

Acht Stunden lag Oliver schon so da. Sein bisheriges Leben spielte sich mal wieder vor seinem inneren Auge ab, ob das nun gut oder schlecht war, darüber wollte und konnte er nicht nachdenken.

Die einzige Frage, die ihn beschäftigte war die, ob er diesen Film, der sich als sein Leben herausstellte, zum letzten Mal so sehen würde. Oder ob er sich wiederholen würde. Oder ob er sich ändern würde.

Oliver war sich unsicher. Er wollte es auch eigentlich nicht genau wissen. Er wollte keine genaue Gewissheit darüber, ob er seinen Film erneut sehen würde.

Menschen sammelten nicht ohne Grund Erfahrungen.

Hätte Oliver jemand gesagt, dass es weh tut, wenn er vom Baum fällt, wäre er doch nie im Leben darauf herum geturnt.

Hätt ihm jemand gesagt, dass seine Eltern ihn aus reinem Eigennutz weggegeben haben, hätte er sich als Kleinkind nie ausgedacht, dass sie in Wahrheit Wonderwomen und Superman waren, die die Welt beschützen müssen und deshalb nicht auf ihr Kind aufpassen können.

Hätte man ihm damals gesagt, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt, hätte er vermutlich keine Geschenke an Weihnachten gewollt.

Hätte man ihm gesagt, dass er ein wunderbares Leben führen wird, würde er darauf hin arbeiten und nicht mit leblosen Blick seine Zimmerdecke anstarren.

Seit Stunden haben diese braunen Augen nicht anderes mehr erfassen dürfen als die Zimmerdecke Olivers.

Warum auch, es gab nichts Besonderes mehr in der Wohnung. Dean war fort.

Ohne ein weiteres Wort zu sagen ging er.

Oliver wusste nicht, dass Dean ihm einige wichtigen Dinge noch gerne gesagt hätte.

„Danke, Oliver."

„Ich habe dich lieb."

„Du bist wie ein Bruder, Bruder."

„Du Nerd."

„Komm raus und lass uns einen Film schauen."

„Du bist ein Idiot. Zwar der schlauste Idiot, den ich kenne, aber ein Idiot."

Solche Dinge hätte Dean gerne noch gesagt, doch das Schicksal wollte es eben anders. 

Twelve HoursWhere stories live. Discover now