II

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Als ich wieder zu Bewusstsein komme, spüre ich ein seltsames Gewicht auf mir. Nicht unangenahm, eher ungewohnt. Blinzelnd öffne ich die Augen. Das Laub unter mir ist weich und trocken. Jetzt ist die Zeit im Jahr, die man 'Lasselanta'[lasses= Blätter; lanta= fallen] nennt. Die Zeit, wenn die Blätter fallen und sich verfärben. Ich rappel mich auf und versteife mich. Das Gewicht auf mir, ist der Flügel des Drachen, der auf mir liegt. Er muss ihn über mich gelegt haben, als ich in Ohnmacht fiel. Langsam krieche ich unter ihm hervor. Er schläft noch. So wie er daliegt, friedlich und sanft, könnte man meinen er wäre gar nicht so furchteinflößend. Er scheint zu merken, dass ich nicht mehr da bin und bewegt sich. Er öffnet die Augen und blickt mich an. Wieder einmal verliere ich mich in seinen Augen. Ohne den Blickkontakt zu unterbrechen gehe ich zu seinem Bein, wo noch die Binden drum sind. Er rührt sich nicht. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass er mir vertraut. Und ich .... ihm auch. Sanft berühre ich den Stoff, der mit rotem Blut verkrustet ist, was jedoch nicht mehr feucht ist, was schon mal ein gutes Zeichen ist. Vorsichtig löse ich die Knoten und ziehe den provisorischen Verband weg. Erstaunt schnappe ich nach Luft. Die Wunde ist fast komplett verheilt. Nur noch ein rosaner, gezackter Kreis ist zu sehen. Doch an dieser Stelle fehlt die Schuppe. Soweit ich weiß sind schuppen wie Körperteile bei Drachen und regenerieren sich demnach nicht. Lächelnd streichle ich ihn über jene. Dann reiße ich mich von seiner Pracht los und gehe zu meiner Tasche, die immer noch da liegt, wo ich sie gestern liegen gelassen habe. Ich finde noch etwas essbares, was ich auch sofort verschlinge, weil ich meine Kraft erst wieder regenerieren muss, was somit beschleunigt wird. Hinter mir höre ich ein Rascheln und drehe mich deshalb um. Rovhón versucht gerade aufzustehen und schafft es sogar. Er schüttelt sich dann wie ein Hund, der aus dem Wasser kommt und belastet probeweise seinen Fuß. Lächelnd hänge ich mir meine Tasche über die Schulter.

Auch wenn ich noch sehr jung war, als ich in den Wald floh, habe ich schon einen Plan von der Welt gehabt, welche Völker es gibt und welche die 'Guten' und welche die 'nicht ganz so guten' sind. Meine Mutter, eine wunderschöne Elbin mit langen braunen Haaren, war stehts der Meinung, dass jedes Volk Mittelerdes auf seinen Art besonders ist, so auch die Elben. Mein Vater, war aber der Meinung, die Elben sollten über alle anderen Völker herrschen, weil sie ,mehr wert sind. Er war ein Elb mit kurzen braunen Haaren und hatte immer eine grimmige Mine aufgesetzt. Ich sehe meine Eltern kein Stück ähnlich. Meine Mutter hatte blaue und mein Vater braune Augen, meine dagegen sind grün, giftgrün. Für eine Elbin bin ich eher klein und meine Gesichtszüge sind zu kantig. Meine langen, lockigen roten Haare habe ich fast immer zurückgebunden, weil sie mich sonst stören. Jenen verdanke ich nebenbei auch meinen Namen. Náriell[Náre = Flamme; -iell = Mädchensuffix bzw. die Bezeichung für Tochter ], als ob ich nicht schon genug mit meinen Kräften zu kämpfen hätte...

Zurück zu den Völkern Mittelerdes. Das Geräusch, was ich gerade höre gehört definitiv keinem der 'Guten'. Ich ziehe  zwei Dolche aus meinem Gürtel. Mehr habe ich nicht. Wenn hier im Wald mal jemand vorbeikommt, dann haben sie nur Handelsgüter oder solche kleinen Waffen dabei. Rovhón zieht die Lefzen hoch und knurrt. Ich gehe in Kampfstellung und warte, dass sie jeden Moment aus dem  Unterholz brechen. Die Geräusche werden lauter und lauter. Langsam bekomme ich Panik. Das klingt nach verdammt vielen Orks. Ich tue das einzig sinnvolle, was mir noch übrig bleibt. Ich stecke die Dolche weg und renne.

Ich setzte gerade zum Sprung über eine größere Wurzel an, als sich mein Fuß verfängt und ich der Länge nach auf den Boden falle. Ich spüre ein verräterisches Bersten. Verflucht, warum passiert mir immer sowas. Ich rappel mich hoch, doch als ich meinen rechten Knöchel belaste spüre ich den Schmerz mein Bein hinaufschießen. Ich knicke weg und falle auf die Knie. Die Meute kommt immer näher. Ich ziehe mich ein weiteres Mal an einem Ast hoch und humpel ein paar Schritte. Mist, so kriegen sie mich noch. Dann spüre ich einen Ruck und Pranken umschließen mich. Schreiend halte ich mich fest als der Drache mit mir in die Höhe fliegt. Wir sind jetzt hoch genug, dass ich über den Wald sehen kann. Unter uns ziehen die Bäume dahin. Rovhón steuert auf die Berge zu. Seine riesigen Schwingen durchschneiden die Luft.

Schneller als erwartet landen wir auf einem Felsvorsprung. Sobald er mich los lässt krieche ich zitternd von ihm weg. Ich fluche leise, als mein Rücken die Felswand berührt. Jetzt ist es so weit. Er wird mich fressen. Er hat gewartet, bis er wieder gesund ist und ich wehrlos bin. Er geht vor mir auf und ab und bleibt schließlich vor mir stehen. Dann lässt er sich auf sein Hinterteil fallen und legt seinen Schwanz über seinen Beine. Aufmerksam beäugt er jede meiner Bewegungen. Entgeistert starre ich ihn an. Warum hat er mich noch nicht getötet? Schluckend widme ich mich meinem Knöchel. Wie es scheint habe ich mir meinen Knöchel nur gestaucht. Das wird in ein oder 2 Tagen wieder so weit gut sein, dass ich laufen kann. Doch wenn ich wirklich so lange überleben sollte, wie komme ich dann wieder hier runter. Bevor ich meine Überlegung weiter führen kann, dreht sich Rovhón um, springt ab und fliegt wieder Richtung Wald.

Laica Lóce || Herr der Ringe FF🛑Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt