Rythmus

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"Magst du Musik hören?"
Ariel stand an ihrer Musikanlage und durchforstete ihr Handy nach Titeln.
"Klar" nickte ich.
Wir hatten schnell unseren Tee ausgetrunken und ein Blick zu Ariel hatte gereicht um ihr klar zu machen, dass ich weg von dieser Frau musste.
Ihr Zimmer war groß, aber nicht so groß wie ich es erwartet hatte.
An den Wänden hingen ein paar Fotos von Wasserfällen und einer Ariel mit einem Surfbrett vor einem blauen Ozean.
Ich ließ mich rückwärts auf ihr Bett fallen und starrte an die Decke.
Wenn reich sein so ist, war ich froh es nicht zu sein.
Die Lautsprecher ließen mit einem Mal das Zimmer vibrieren, doch so laut der Bass am Anfang war, so leise und schön wurde das Lied.
Ariel legte sich neben mich und wir starrten zusammen an die Decke.
"Warum bist du auf unsere Schule gekommen?" fragte ich irgendwann.
"Ach, ich mochte meine alte einfach nicht so, weißt du".
Sie lächelte mich kurz an.
"Naja die hier ist auch nicht besser was?" lachte ich.
Sie zuckte mit den Schultern.
"Hast du Geschwister?" fragte sie mich.
"Ja einen Bruder, aber er... wohnt nicht bei uns"
Sie nickte, als würde sie wissen was ich meinte.
"Und du?"
Ich sah sie an.
"Eine kleine Schwester" seufzte sie.
"Wie heißt sie?"
"Raksha. Das heißt Schutz, weißt du"
Sie sah mich an als hätte ich es wissen müssen.
"Schön" nickte ich wissend.
"Was bedeutet Ariel?"
"Hm. Sowas wie Gottes Löwe glaub ich"
"Schön" nickte ich wieder.
Sie fragte nicht wie mein Bruder heißt und auch nicht, was mein Name bedeutete.
"Hast du ein Lieblingslied?" fragte ich, als ich bemerkte dass ihre Lautsprecher die Charts spielten.
"Ja, aber... das magst du nicht" lächelte sie.
"Doch bestimmt" .
Sie stand auf und sah mich noch ein mal an bevor der Sound den Raum füllte.
Das Lied war voller Emotionen, die Klänge krochen mir unter die Haut und ließen mein Blut pulsieren.
Es war, als würde mich das Lied verstehen, auch wenn es keinen Sinn ergab.
"Wie heißt es?" ich sah sie an.
"Paralyzed. Magst du es?" sie sah mich überrascht an.
"Ja. Sehr" nickte ich lächelnd und trommelte den Rythmus mit meinen Fingern auf die Decke.

Irgendwann musste ich nach Hause.
Wir verabschiedeten uns an der Tür und als ich sie ansah, lief ich rückwärts in den Schwan.
Ariel fing an zu lachen und ich drehte mich grinsend zum Gehen um.

Im Bus dachte ich  an ihre Augen. Ich hatte noch nie so dunkelblaue Augen gesehen.
Und an ihren Geruch.
Sie roch nicht nach Parfum wie die anderen Mädchen, sie roch nach Erdbeershampoo und ein bisschen nach Zigaretten.
Rauchte sie?
Ich stieg in meiner Straße aus und freute mich meinen normalen Vater ohne gebleichte Zähne zu sehen.

What about angels?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt