Lonelieness

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Das stumpfe Braun-Grün seiner Augen wanderte rastlos durch den Raum, blieb hier und da an einzelnen Gegenständen hängen, nur um dann noch müder als zuvor weiter zu suchen. Sie suchten nach etwas, dass sie fesselte, festhielt und nicht wieder losließ, doch genau das war in dem kleinen, spärlich eingerichteten Zimmer mit zugezogenen Vorhängen und kahlen, weißen Wänden nicht möglich. Alles was sie tun konnten war wandern, von einer Ecke zur nächsten, zur nächsten und immer so weiter.

Melancholisch seufzend richtete er sich auf und schüttelte den Kopf. Die Stille in seinem Zimmer war so erdrückend, dass es ihm vorkam, als schrie sie ihm in's Gesicht. Um diesem Paradoxon entgegen zu wirken, stand er auf, nicht ohne dabei erneut schwerfällig zu seufzen, und schlurfte zu seiner Anlage. Unentschlossen strich er über die Rücken der CD-Cover, nahm eine heraus, betrachtete sie einen flüchtigen Moment, stellte sie dann jedoch wieder an ihren Platz zurück. Schlussendlich fand er dann doch eine, die seinen aktuellen Ansprüchen genügte und legte sie ein. 

Die dumpfen Bässe hallten von den leeren Wänden wieder, anfangs ziemlich dezent, bis der Braunhaarige sie auf maximale Lautstärke stellte. Seine traurigen Gedanken und die Einsamkeit verschwanden, wurden vertrieben von den Tönen, die sein Trommelfell vibrieren ließen. 

Seine Zimmertür wurde aufgerissen, eine blauhaarige Gestalt schlüpfte in den Raum, entließ die Musik für einen kurzen Moment aus ihrem Käfig, bevor sie wieder zugeschlagen und eingesperrt wurde. Die Person trat zielstrebig auf ihn zu, die gefärbten Haare wippten bei jedem Schritt auf und ab, umschmeichelten das bildschöne Gesicht, das von einem sanften Lächeln geprägt wurde. Zärtlich strich er über die Wange des Anderen, hob ihn dann hoch und setzte sich mit ihm auf das Bett des Zimmerbesitzers. 

Mit melodischer Stimme begann er zu reden, kam ohne Mühe gegen die vorherrschende Lautstärke an, berichtete von fernen Ländern und wundersamen Tieren. Er wusste, wie er seinem Freund helfen konnte, wenn er seine Phasen hatte, kannte sie zur Genüge. Seine Erzählungen waren es, die halfen, die Fantasie, die nur er mit seiner wunderbar tiefen Stimme anregen konnte. Mit ihr konnte er ihn an ferne Orte entführen und ihn für ein paar Minuten glauben lassen, er sein jemand anderes, an einem anderen Platz der Welt, zu einer anderen Zeit.

Er redete über die Musik hinweg, erzählte von neuen Klängen und Geräuschen, bis nicht nur der Bass, sondern auch die Stimme im Kopf seines Freundes verstummte.

Als dieser die Augen wieder aufschlug, war die Freude in ihnen zurückgekehrt und mit ihnen auch die Liebe zum Leben. Erneut hatte Taddl ihn gerettet, erneut verliebte er sich ein Stück mehr in den Kleineren in seinen Armen.

Erneut wurde ihm bewusst, dass er niemals von seiner eigenen Traurigkeit geheilt werden konnte, denn sie kam durch das Glück des Anderen. Das Glück in Form eines Mädchens, welches in eben jenem Augenblick durch die Tür kam und seine Liebe von ihm fort riss.

Die Einsamkeit verschmolz lächelnd mit ihrem nächsten Besitzer, weitergegeben wie eine ansteckende Krankheit.

Tardy OneshotsOnde as histórias ganham vida. Descobre agora