11

157 28 5
                                    


Scheiße.

Alles war so gut verlaufen.
Und nun? Jetzt würde es nur wegen so einem kleinen Fitzelchen Papier den Bach heruntergehen?

Sofort bemerkte ich, wie meine Hände begannen zu zittern. Ich verknotete sie ineinander, damit das unübersehbare Zeichen der Unsicherheit so schnell wie möglich verschwand. Meine gesamte Willenskraft war notwendig, nicht unter dem strengen Blick von Mr. Richards zusammenzuzucken.

Nimm dich zusammen, Louisa.

"Nun, wissen Sie was?", stellte ich die rhetorische Frage um Zeit zu schinden.
"Das ist.." Noch immer erhellte keine zündende Idee meinen Geist. "Das hat nichts mit dem Fall zutun. Nur eine private Sache, die niemanden etwas angeht."
Heilige, noch unglaubwürdiger ging es auch nicht.

"Entschuldigen Sie, Miss Thompson, aber leider geht es uns sehr wohl etwas an. Hier handelt es sich um Rebellen. Ein Angriff auf das System, das uns allen überhaupt eine Lebensgrundlage schafft.
Sie verstehen sicher, dass wir alle möglichen Beweise mit einbeziehen müssen, auch ihre privaten Angelegenheiten."
Die beiden letzten Worte betonte er mit so einer ekligen, übertriebenen Freundlichkeit, dass ich das Gefühl hatte, kotzen zu müssen.

"Ja, ja natürlich, sie haben vollkommen recht", sagte ich, seinen Tonfall imitierend. "Ich erkläre Ihnen, wie ich an den Zettel gekommen bin."

Mr. Richards, der mich immer noch am Oberarm festhielt, nahm wieder seinen TabCom, startete das Aufnahmeprogramm und hielt ihn mir unter die Nase.
Ich räusperte mich extra laut.

"Nun, die Geschichte ist simpel. Gestern, als ich mit der Magnetbahn zu meinem Urgroßvater gefahren bin, habe ich einen herrenlosen TabCom gefunden. Es war komisch, er schien wirklich niemandem zu gehören, ich habe mich durch das ganze Abteil gefragt. Also habe ich ihn mitgenommen, denn soweit ich weiß gibt es ja in der Zentrale ein Büro für so etwas.
Gerade, als meine Station angekündigt wurde, habe ich bemerkt, dass dieser Zettel hier in der Hülle des TabComs geklemmt hat.
Den habe ich einfach eingesteckt, ich dachte, vielleicht nutzt er mir noch etwas. Kann ja die, wie heißt es noch, Telefonnummer des Besitzers sein? Ich weiß ja nicht, in welchem Jahrhundert manche Menschen noch leben.
Also, keinerlei Gefahr von diesem Zettelchen hier."

Wow, die Geschichte landete in der Liste der unglaubwürdigen Geschichten definitiv nur knapp auf Platz zwei hinter der mit dem Hundezwinger.

Das schien auch Mr. Richards so zu sehen, denn er kniff zweifelnd seine Augenbrauen zusammen während er auf Nialls Zettel starrte.
"So leid es mir tut, ich muss das Ding hier konfiszieren. Um die Sache mit dem TabCom können wir uns allerdings kümmern."
Mit diesen Worten ließ er das Stückchen Papier in ein Beutelchen verschwinden und damit ging gleichzeitig meine letzte Hoffnung unter.

"Hab ihn leider bei meinem Gramps vergessen. Sorry. Aber ich mach das schon. Sie haben derzeit andere Sorgen. Viel Erfolg weiterhin bei der Suche nach Horan!"
Damit stürmte ich aus der Küche, meinen Dad ignorierend, der mich anscheinend erwartet hatte.

Ich schlängelte mich durch all die herumwuselnden Systemschützer in Richtung Treppe und rannte diese dann auch hinauf.
Selbst im ersten Stock blieb ich nicht von den weißen Anzügen verschont, zwei von den Sys kamen gerade aus dem Arbeitszimmer Dads.
Mit zusammengepressten Lippen nickte ich ihnen zu und verschwand dann in mein Zimmer.

Das Erste, was ich dort angekommen tat, war mich aus der verdreckten Bluse zu schälen. Mit einem gezielten Wurf landete sie in dem Wäschecontainer, welcher sie sofort schluckte.
Nur zwei wie von selbst kommende Klicks waren nötig, dass mein Kleiderschrank mir Wohlfühlklamotten vor die Nase hielt.

Soulmates ⏸Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt