2 - Peinlich, peinlich.

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Kapitel 2

Meinem Gesicht zufolge, war hier eben ein Einhorn aus dem Boden gestiegen, hatte mir ein Brett vor den Kopf geschlagen und war dann mit rosa wehender Mähne davongaloppiert.

Meine Wangen hatten einen, definitiv nur von der Kälte herrührenden, Rotton angenommen und trotzdem sprach ich in meinem Kopf tausend Hasstiraden gegen diesen Arsch von Rajan aus. Kein Gesicht verabscheute ich mehr als seins. Sobald ich auch nur diese Stimme zu hören bekam, zog sich mein Magen schmerzhaft zusammen.
Alle Bilder schoben sich schonungslos vor meine Augen und trotz des seltsam wohligen Gefühls in meinem Bauch, traten mir Tränen in die Augen. Und was hatte dieser Luke, viel wichtiger, was hatte Rajan auf Gut Eichenwald verloren?

Kopfschüttelnd steckte ich meine Hände in die Jackentaschen und schlenderte zum Haus, wo mich eine eher unerwartete Konversation erwartete, die nicht unbedingt mein Beiwohnen benötigt hätte.

Kaum hatte ich die Haustür aufgeschlossen, drangen gedämpfte Stimmen an meine Ohren. Leise drückte ich mir mit den Füßen die Schuhe von den Fersen und hängte die Jacke an einen Haken. Auf Zehenspitzen schlich ich in Richtung Küche. Ich lauschte. Kein gutes Benehmen? Egal!

Meine Mutter stöhnte genervt auf. Ein Stuhl rückte nach hinten. "Thomas, das können wir nicht tun", stellte sie fest.

"Das kommt jetzt etwas spät, meinst du nicht?", entgegnete mein Vater und die Wut in seinem Ton ließ mich zusammenfahren. "Er hat bereits unterschrieben und die erste Rate bezahlt, Ellen."

Meine Mutter lief unruhig durch den Raum. Ihre Absätze schienen sich brutal in die Fliesen bohren zu wollen. "Wenn sogar er behauptet, dass es doch zu gefährlich ist...", setzte meine Mutter erneut an, doch mein Vater unterbrach sie: "Ellen, jetzt hör mir gut zu: Er plant bereits morgen zu kommen, hat bezahlt und scheint sich nicht persönlich um das Tier kümmern zu wollen. Wenigstens stellen wir so dessen Sicherheit fest und das ist und war doch schon immer das Wichtigste, oder?" Sein Ton war sanft und das nervenaufreibende, nervöse Schuhtippen meiner Mutter war nach einem tiefen Seufzer beendet.

"Schatz?"

"Mhh?", nuschelte mein Vater.

"Du hast recht."

Ich konnte sein Grinsen förmlich vor mir sehen. "Das weiß ich doch." Stille.

Okay, urgh. In aller Liebe meine Eltern gegenüber, aber das war meiner Meinung nach, der Punkt, an dem die Kinder ihren Erzeugern etwas Privatsphäre gönnen sollten. Das, was nun durch die Tür drang war nicht mehr Teil der Unterhaltung...
Ich ging federleicht die Treppe hoch, okay... nein, ich war in etwa so laut, wie ein Elefant auf Drogen. Nebenbei zog ich mir, froh gleich endlich eine Dusche von innen sehen zu können, den Pullover über den Kopf. An meinem Haarband herumzupfend spazierte ich ins Badezimmer.

Erst das erschrockene Keuchen, welches mein Bruder von sich gab, signalisierte mir, dass ich eine Tür zu früh abgebogen war.

"Florence?", kam es grob von Paul.
Entschuldigung, ich wollte nicht stören! - Was sollte man denn auch anderes sagen? Man drehte sich um und verließ den Raum. Wenn da nicht das klitzekleine Detail gewesen wäre, dass ich nur in BH und Reithose in seinem Zimmer stand.

Nicht schlimm, denkt man darüber. Florence, reg dich ab! Dein Bruder hat mit dir im BH sicher kein Problem.
Was daran dann so schlimm ist?

Er war nicht der einzige, der mich mit heruntergeklapptem Kiefer anstarrte. Auf dem Bett saßen, jeweils mit einem Controller in der Hand und einem verdutzten Gesicht, sein bester Freund Timo und zu allem Überfluss: Luke?

Cross Canter (pausiert)Where stories live. Discover now