Kapitel 14

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Etwas verschlafen tauchte ich am nächsten Morgen zum Frühstück auf. Ich hatte ziemlich viel nachgedacht und ehrlich gesagt, beschäftigte es mich doch sehr, warum ich in meiner Klasse nicht wirklich aufgenommen wurde, vor allem, was die Mädchen betraf. Wenigstens hatte ich noch Manu, auf den ich mich voll und ganz verlassen konnte. „Sag mal, hast du dich schon nach einem neuen Gesangslehrer umgesehen?", fragte mich meine Mutter und nahm einen Schluck von ihrem Kaffee, ohne den sie frühmorgens nicht so gut gelaunt wäre. Das war noch so eine Sache, um die ich mich kümmern sollte. Schließlich konnte ich seit unserem Umzug nicht mehr meinen alten Gesangsunterricht besuchen, obwohl ich den in Anbetracht der Musikshow jetzt wirklich gut gebrauchen könnte. „Ich werde mich einfach mal umhören, ob irgendjemand vielleicht einen Musikverein oder so empfehlen kann", murmelte ich und widmete mich dann meinem Frühstück, denn meine Mutter gab sich mit diesem Satz als Antwort schon zufrieden.

„Hey, Helen!", flüsterte ich und tippte meine Sitznachbarin an. Sie war und blieb einfach die einzige, die mich auch ziemlich nett fand und mich als Freundin akzeptierte. „Was ist?" Helen folgte dem Unterricht immer sehr aufmerksam, deshalb fand sie es nicht so toll, gestört zu werden, als sie gerade eine Aufgabe ausrechnete. Aber bei unserer unsympathischen und strengen Lehrerin, Frau Kübel, wollte man auch lieber nicht beim Reden erwischt werden. Doch die Pause war, meiner Meinung nach, noch viel zu weit entfernt. „Kann man hier irgendwo Gesangsunterricht nehmen?" „Miriam!" Frau Kübel stand vor meinem Tisch und blickte mich unbarmherzig an. „Anscheinend kannst du alles und hältst es deswegen nicht für nötig, zuzuhören, nicht wahr?" Sie nahm sich mein Heft und blätterte darin herum. In dem Moment war es mir etwas peinlich, an den Rand immer Manuels Namen hinzuschreiben, jeweils umrundet mit einem Herz. Doch was Frau Kübel suchte, waren garantiert Rechenfehler. Als sie diese wohl gefunden hatte, musste ich nach vorne an die Tafel. Ich erhob mich von meinem Platz und ging langsam nach vorne. Die Gleichung, die dort stand, sah keinesfalls einfach aus und ich hörte, wie Isabelle anfing zu kichern. „Wetten wir, dass sie keine Ahnung hat, was sie machen soll?" Sie wurde natürlich nicht ermahnt und jetzt stand ich ratlos vor der Tafel und würde mich gleich schrecklich blamieren. Plötzlich hob Taddl die Hand. Soweit ich wusste, war er der einzige, der in Mathe noch schlechter war als ich. „Ich habe die Hausaufgaben nicht." Das war der Satz, mit dem man unsere Lehrerin verrückt machen konnte, auch, weil man sich ganz am Anfang der Stunde deswegen melden sollte. Also durfte ich zurück auf meinen Platz und stattdessen holte sie den blonden Jungen nach vorne. „Danke", formte ich lautlos mit meinen Lippen und Taddl grinste mich an.

Helen hatte mir in der Pause von einer Schulband erzählt, die es hier gab und hatte gemeint, ich sollte bei Interesse mit unserer Musiklehrerin Frau Koch reden. Frau Koch war eher klein geraten, jedoch mochte sie mich sehr, was auch daran lag, dass in der Klasse sonst keiner so gut wie ich über Musiktheorie Bescheid wusste und, laut ihrer Aussage, so schön singen konnte. Deshalb war sie sehr erfreut, als ich ihr alles erzählte. Ich sollte ihr folgen, also lief ich hinter ihr her durchs Schulgebäude, bis wir letztendlich im Proberaum der Band angelangt waren. An einer Seite stand ein Sofa mit bunten Kissen, in der einen Ecke Wasserflaschen und in den anderen Ecken Musikinstrumente oder Notenständer. Die Gesangsbücher und Notenblätter waren fast im ganzen Raum verteilt, insgesamt sah alles ziemlich chaotisch aus. Gedanklich fing ich schon mal an, diesen Proberaum zu ordnen und mir einen tollen Arbeitsplatz für das Singen zu schaffen. Dabei hatte ich in meiner Planung nur eines vergessen: die Band. „Wer ist überhaupt alles in der Schulband?" In dem Moment öffnete sich die Tür und ich drehte mich um. Ardy war hereingekommen. „Oh, Sorry, ich wollte nicht stören", meinte er und wollte den Raum gleich wieder verlassen. „Warte doch kurz!", sagte ich. „Genau, du kannst Miriam gleich etwas über eure Band erzählen", fügte Frau Koch noch hinzu. Ardy kratzte sich am Kopf. „Ähm ja, so viel gibt es da gar nicht zu erzählen." „Außer, dass wir eine Leadsängerin suchen!", meinte Taddl, der auf einmal hinter seinem Freund stand. Ardian schaute Taddl verwirrt an. „Ach, tun wir? Seit wann..." Taddl boxte seinem Brudi in die Seite und dieser verstummte daraufhin. Frau Koch strahlte die beiden Jungs und anschließend auch mich an. „Perfekt!"

„Ich bin in die Schulband aufgenommen wurden", erzählte ich Manuel am Telefon. Eigentlich sollte ich meine Hausaufgaben fertig machen und mein Zimmer etwas aufräumen, doch ich hatte kurzerhand beschlossen, dass ich das genauso gut tun konnte, während ich Manu anrief. Schließlich sollte er die Neuigkeiten als erster erfahren. „Ist ja super!", rief Manuel und ich musste lächeln. Es war so schön, dass er meiner Meinung war. „Wer ist denn noch in der Band? Helen?" „Nein, sie nicht aber-" Mir stockte der Atem, als ich in meinem Vokabelheft einen Zettel bemerkte. „Was ist los, geht es dir nicht gut?" Ich antworte ihm nicht. Hatte ich das Stück Paper nicht in den Mülleimer geworfen? Aber ich konnte mich schwach daran erinnern, dass die letzte Nachricht auf einem karierten Blatt geschrieben war, dieses hier aber war liniert, doch ebenso geknittert. Fakt war aber: Das, was ich gerade in meiner Hand hielt, war eine neue Botschaft an mich. „Kann ich zu dir kommen?", fragte ich Manu. „Also rein theoretisch schon, aber warum?" „Das erkläre ich dir dann", sagte ich und legte auf.

DenZettel hatte ich mir in die Taschen meines Hoodies gesteckt und dann hatte ichmich auf den Weg zu Manu gemacht. Es war eigentlich ziemlich blöd daran zuglauben, dass die Nachrichten von dieser unbekannten Person wirklich wichtigwaren, doch zugegebenermaßen war ich etwas beunruhigt. Denn diesmal stand aufdem Zettel: Du willst nicht so, wie ich will? Ich habe dich gewarnt, aber wenn dunicht auf mich hörst, wird noch Schreckliches passieren... Wahrscheinlich machte ich mir echt zu viele Gedanken um nichts. Ichsollte wohl aufhören, so negativ zu denken und überall gleich einengefährlichen Fall zu sehen. Anscheinend hatte ich früher viel zu gerneDetektivbücher gelesen, dachte ich, als ich vor Manuels Haus stand undklingelte. Als er mir aufmachte, umarmte ich ihn erstmal. Seine Nähe tat mir sogut und sein Duft war auch einfach wunderbar. Wie ein Gentleman rückte er mirim Esszimmer einen Stuhl nach hinten, damit ich mich setzen konnte. „Willst duetwas zu trinken? Wasser, Cola?", bot er mir an. „Danke, ein Wasser bitte",entschied ich und wartete kurz, bis er mir das Glas hinstellte und sich mirgegenübersetzte. Langsam holte ich den Zettel aus meiner Tasche, legte ihn gutsichtbar auf den Tisch und strich ihn glatt. Manuel beugte sich interessiertnach vorne, wobei ihm seine dunkelbraunen Haare ins Gesicht fielen. Innerhalbvon ein paar Sekunden hatte er sich den Text durchgelesen und begriffen, wasmein Problem war. „Ein Drohbrief? Woher hast du denn?", fragte er. Ich erzählteihm, dass das nicht die einzige anonyme Nachricht war, die ich erhalten hatte.„Aber was will die Person damit erreichen und was soll passieren?" „Ich habekeinen blassen Schimmer und wenn ich ehrlich bin, will ich das auch gar nichtwissen."

Ein Urlaub ohne MaskeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt