Kapitel 12

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Was sollte ich den jetzt machen? Zoe durfte auf keinen Fall erfahren, dass Manuel GermanLetsPlay war! Ich wusste als ihre große Schwester nämlich sehr gut, dass man ihr kein großes Geheimnis anvertrauen konnte. Diesen Fehler machte man nur einmal! Also musste ich versuchen, dass Zoe ihn nicht besser kennenlernen konnte. So verrückt, wie sie drauf war, würde wahrscheinlich auch schon Manus Stimme reichen um aufzufliegen. Dass ich mich mit Manuel bei mir zuhause traf, war also schon ausgeschlossen. Sollte ich ihm überhaupt davon erzählen, dass Zoe ein Fangirl von ihm war? Würde es ihn nicht eher beunruhigen? Oder konnten wir nur gemeinsam verhindern, dass sie sich mal über den Weg liefen? Ich hatte keine Ahnung und leider auch nicht mehr so viel Zeit um darüber nachzudenken, denn morgen fing die Schule wieder an. Eine neue Schule, unbekannte Gesichter... Das war auch nochmal zusätzlicher Stress für mich! Daher hatte ich schon am Anfang des nächsten Tages keine Motivation, sodass ich ziemlich erschöpft und nicht gerade fröhlich zur Schule lief. Aber auf halbem Weg traf ich Manuel und wir konnten uns unterhalten. Er erzählte mir, dass er in meiner Parallelklasse wäre und wir uns deswegen immer in den Pausen sehen würden. Außerdem mussten wir uns keine Sorgen machen, Zoe zu begegnen, denn die ging auf eine andere Schule. Vielleicht würde der heutige Tag ja doch besser werden als erwartet...

Wurde er nicht wirklich. Zwar waren meine Mitschüler eigentlich recht nett und meine Sitznachbarin lustig drauf, aber es gab etwas das mich störte. Ich konnte es kaum fassen, als ich es bemerkte, aber zwei sehr bekannte blonde und braunhaarige Jungs, Taddl und Ardy waren in dieser Klasse. Die beiden Brudis waren zwar nicht wirklich gemein, machten sich aber einen Spaß daraus mich zu verfolgen und mich auszufragen. Was ziemlich blöd war, da ich die Pausen eigentlich mit Manuel verbringen wollte. In einem Moment sah ich ihn um die Ecke und wollte mit ihm reden, aber zum Glück ließ ich es dann doch. Schließlich hatte Manu sich doch auch Taddl und Ardy nie gezeigt, richtig? Es würde ihn also in Schwierigkeiten bringen, wenn ich jetzt zu ihm gehen würde. Deswegen konzentrierte ich mich eher darauf, vor den Jungs zu verschwinden.

Hand in Hand liefen Manuel und ich die Straße entlang. Diesen Nachmittag war es angenehm warm und ich war sehr glücklich. Nicht nur darüber, dass er spontan bei mir geklingelt hatte um mich zu fragen, ob ich Lust hätte etwas zu unternehmen, sondern auch, weil für mich die Welt einfach perfekt war, wenn Manu bei mir war. Er hatte mir erzählt, dass er eigentlich nicht sonderlich viel nach draußen ging, auch weil er nicht viel Zeit dafür hatte. Meistens war er am Vorproduzieren und Schneiden von Videos, deshalb schätzte ich unseren gemeinsamen Nachmittag noch viel mehr. Trotzdem bemerkte ich, dass Manu auffallend still war. „Was ist los?", fragte ich ihn. „Nichts", meinte Manuel etwas geistesabwesend und sah mich dann mit seinen grünen Augen durchdringend an. „Wie sind deine Klassenkameraden so?" „Du meinst natürlich auch Klassenkameradinnen", ergänzte ich ihn. „Ähm, ja klar." „Die sind alle ziemlich nett und ich denke, die Lehrer kann man aushalten", erzählte ich ihm. „Du verbringst wohl viel Zeit mit Thaddeus und Ardian..." Plötzlich wusste ich genau was los war und musste lachen. „Du bist eifersüchtig!", stellte ich fest und grinste. Manuel sah mich ertappt an. „Nein, also ok, vielleicht ein bisschen", gab er zu und wirkte dabei ziemlich verlegen. Ich legte meinen Kopf auf seine Schulter. „Niemand kann dich ersetzen", flüsterte ich ihm ins Ohr. „Na dann ist ja gut", schmunzelte Manu. „Übrigens, ich wollte dir noch etwas zeigen!" Er kramte in seiner Jackentasche herum und reichte mir anschließend ein etwas verknittertes Papier herüber. Ich entfaltete den Zettel, strich ihn glatt und las ihn mir durch. Es ging um das Casting eines Musikwettbewerbs, der auch ins Fernsehen übertragen werden sollte. Bald würde dazu in unserer Nebenstadt ein kleiner Contest stattfinden, um mögliche Kandidaten für die Musikshow zu finden. Zudem war dieser Wettbewerb auch noch extra für Jugendliche und wurde von einem sehr beliebten Sender ausgestrahlt. „Und, was hältst du davon?", erkundigte Manu sich neugierig. „Hört sich auf jeden Fall cool an! Ich werde meine Eltern fragen, ob sie mir erlauben, dort mitzumachen." „Du kommst bestimmt weiter, ich kenne niemanden, der so gut singt wie du!", meinte Manuel bewundernd. „Außer dir selbst natürlich!", sagte ich und spielte damit auf die Karaokeparty Videos auf seinem Kanal GermanLetsTrash an (kann ich sehr empfehlen, am geilsten finde ich „My heart will go on", seit ich das Video kenne bekomme ich immer fast einen Lachflash, wenn wir das Lied im Musikunterricht singen XD). Wir beide brachen in lautes Gelächter aus und das Casting war auch noch ein paar Tage später ein Gesprächsthema von uns.

Ziemlich erfreut lächelte ich meine Eltern an, die mir gerade eben verkündet hatten, dass sie mir erlaubten, zum Contest der Talentshow zu gehen. Sofort schrieb ich Manuel eine Nachricht und es dauerte nicht lange, bis ich die Antwort bekam, dass er mich total gerne dorthin begleiten würde. Da er aber kein eigenes Auto hatte, würde er mit mir, meiner Mutter und meinem Vater mit im Wagen sitzen. Alles war perfekt geplant, doch ich hatte einen wichtigen Faktor nicht miteinberechnet: Meine kleine Schwester. Zoe brannte nämlich darauf, unbedingt mitzukommen. Sie hatte sich schon längst einmal erträumt, von irgendwelchen Talentsuchern als Schauspielerin entdeckt zu werden. Und laut den Schlüssen, die sie zog, war ein Fernsehsender schließlich ein Fernsehsender, das hieß, die Filmproduzenten waren garantiert gleich um die Ecke bei der Musikbranche. Ich hatte Zoe versucht, ihre kreativen Theorien auszureden, aber bei ihr kam ich da wie erwartet nicht weiter. Auch meine Mutter fand es total süß von ihr, dass sie ihre große Schwester unterstützen wollte. So ganz uneigennützig. Ist klar. Da ich niemandem die vertrackte Situation erklären konnte, konnte ich weder Manuel absagen, noch meine Eltern dazu zu bringen, Zoe zuhause zu lassen. Alles in allem würde ich mal sagen: Scheiße gelaufen. Fehlte nur noch, dass Zoe an dem Tag GLP's Merchandize anzog.

Wie eine bereits berühmte Schauspielerin, ging meine Schwester erhaben die Treppe zum Frühstück hinunter. Es war der Tag des Castings, nach dem Essen würden wir Manuel abholen und dann losfahren und selbstverständlich trug Zoe an diesem besonderen Tag nichts Anderes als ihr momentan größtes Heiligtum, ihr ZomGer-Shirt. Unbemerkt seufzte ich, verfluchte das Schicksal aber nicht weiter, denn jetzt war schnelles Handeln angesagt. Meine Mutter hatte heute, zu besonderem Anlass, Crêpes gemacht und wie ich wusste, aß meine Schwester ihre Pfannkuchen am liebsten mit viel Nutella. Die geniale Idee durchzuckte mich wie ein Geistesblitz. Ich gab mich als die hilfsbereite Schwester aus, ging zu Zoes Platz und bestrich ihre Crêpes dann mit dem Aufstrich. Ich tat etwas tollpatschig und wie erwartet landete ein großer Klecks Nutella auf ihrem Oberteil. Zoe wollte mir deswegen die Augen auskratzen, aber meine Mutter beruhigte sie und bestand darauf, dass sie ein anderes T-shirt anzog. Eins zu null für mich.

Och nee, das arme ZomGer-Shirt! :( Aber naja, ich denke, es kann in die Waschmaschine und würde sich genauso wie ich sehr über eine Review freuen ^^

Ein Urlaub ohne MaskeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt