Kapitel 18

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Wir lagen noch lange so da, redeten über die Klinik, Niall, Liam, Zayn, und die Anderen, und ich hatte das Gefühl, dass ich ihn schon ewig kannte. Irgendwann fing ich an, abzudriften. Immer wieder fielen mir die Augen zu, bis ich sie einfach geschlossen ließ. Ich lauschte weiterhin dem dunklen Grummeln von Haz' tiefer Stimme in seiner Brust und genoss das schöne Gefühl, ihm so nahe zu sein - solange es noch anhalten würde. Irgendwann war ich so weit abgedriftet, dass ich kaum noch mitbekam, als eine Schwester das Zimmer betrat und Haz leise ermahnte, dass ich Ruhe bräuchte und er sich nicht einfach zu mir legen dürfte. Ich spürte, wie er versuchte, sich von mir zu entknoten - und wenn ich mich dadurch nur noch enger an ihn kuschelte, war das sicher nicht mehr als ein Reflex. Ganz bestimmt.
Schließlich schaffte Haz es, sich von mir zu lösen. Er flüsterte mir noch etwas zu, und als er den Raum mit der Schwester verließ, war ich schon tief und fest eingeschlafen.

Als ich morgens erwachte, schien mir die frische Morgensonne ins Gesicht. Ich warf einen Blick auf den kleinen Wecker, den mir die Schwester gebracht hatte - kurz nach 7 Uhr. Ich war es definitiv nicht mehr gewohnt, so früh aufzuwachen; erst recht nicht ohne Wecker. Aber ich musste zugeben - so gut wie in dieser Nacht hatte ich lange nicht mehr geschlafen.

Ich ließ die letzte Nacht Revue passieren - und starrte gedankenverloren und breit grinsend an die Zimmerdecke. Ich hatte das Gefühl, dass ich Haz sehr viel näher gekommen war und ihn jetzt deutlich besser kannte. Und das machte mich unheimlich froh. Es blieb mir auch kein Zweifel mehr daran, dass Haz die Beschützerpersönlichkeit war.

Irgendwann fiel mir ein, dass heute meine Mutter zu Besuch kommen würde. Ein unbehagliches Gefühl stieg in mir auf, als ich mir vorstellte, wie sie mich hier sehen würde. Noch nicht mal eine Woche hier und schon ans Krankenbett gefesselt. Sie würde sicher wahnsinnig enttäuscht sein.

Das ist sie doch gewohnt.

Eine Schwester betrat den Raum und brachte mir mein Frühstück. Ich bedanke mich bei ihr und als sie das Zimmer wieder verlassen wollte, siegte meine Neugier.

"Entschuldigung?"

Sie wandte sich mit einem Lächeln wieder mir zu. "Ja?"

"Gibt es eine Chance, dass ich heute wieder zurück zu meinem Mitbewohner kann?"

Sie sah mich mitleidig an. "Ich glaube nicht, dass das möglich sein wird."

Ich sackte scheinbar sichtbar in mich zusammen.

Sie zögerte. "Gibt es einen bestimmten Grund, wieso du fragst?"

"Ich, ähm", ich errötete etwas, "meine Mutter kommt mich heute besuchen. Und... ich möchte nicht, dass sie mich so sieht."

Die Schwester hielt kurz inne, bevor sie seufzte. "Ich werde mich mal erkundigen, was sich machen lässt."

Ich lächelte ihr noch dankend zu, bevor sie das Zimmer verließ.

Hungrig machte ich mich über mein Frühstück her und ruhte mich noch ein wenig aus, um später so fit wie möglich zu sein. Es schienen Stunden zu vergehen - sehr, sehr langweilige Stunden. Ich war allein, hatte nichts zu tun, nichts, um mich zu unterhalten. Meine Gedanken drehten völlig durch. Wie ein bunter Wirbelwind, der mich nach und nach verschlang, mit seinem Sog der mich immer weiter in sein Auge zerrte. Doch das Auge dieses Sturms war nicht friedlich - ganz im Gegenteil. Ich wusste genau, was mich dort erwarten würde. Wut, Hass, Angst, Zorn. Erdrückende Dunkelheit und schmerzende Stille - wie nach einer Explosion. Diese Orientierungslosigkeit, diese dumpfe Stille und dieser nervenaufreibende Piepton - dieser feine, doch hartnäckige, hohe, langanhaltende Ton, der sich konstant durch deinen Gehörsinn zieht und dir ein Gefühl gibt, als sticht es dir durch den gesamten Körper. Schmerz, Chaos, Wut, Hass.

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⏰ Last updated: May 04, 2018 ⏰

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