Der Abschied

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Die Stimmung am nächsten Tag war gedrückt. Es wurde kaum ein Wort gesprochen- jeder schien den gleichen Gedanken zu haben und ihn nicht mehr los zu werden. Severus Snape war tot und anscheinend hatte Voldemort den Elderstab, der jetzt voll und ganz ihm gehorchte. Harry hatte mindestens eine Stunde lang, die Szene und jedes gesprochene Wort beschrieben und wiederholt. Eigentlich hätte er am liebsten diese Bilder aus seinem Kopf, aus seinem Leben verbannt- doch die anderen hatten ein Recht darauf, alles zu erfahren.

Die erste Hälfte des Tages war verstrichen, ohne dass viele der anderen ihren Weg in die große Höhle gefunden hatten, alle schienen sich irgendwo hin zurückgezogen zu haben.

Doch Harry, Hermine und Ron saßen auf den Sofas und Sesseln, wie schon zuvor- noch entschlossener einen guten Plan zu schmieden um endlich Rache zu nehmen. Irgendwie mussten sie die restlichen Horkruxe zerstören. Auf jeden guten Vorschlag und jede schlaue Idee folgte ein ernüchternder Kommentar und angestrengte Stille, bis das ganze von vorne losging.

Die gerade ausgebrochene, angeregte Diskussion darüber, was Voldemort als nächstes plante verstummte augenblicklich, als sie Remus Lupin den Raum betreten sahen. Er sah noch schrecklicher aus, als die letzen Tage- soweit das überhaupt möglich war.

„Heute Nacht ist Vollmond.", meinte Lupin langsam, er hatte die letzten Tage nicht geschlafen, so sah er zumindest aus. „Ich bin in ein paar Tagen wieder da. Macht euch keine Sorgen." Es war schrecklich, was der Vollmond und dieser grausame Fluch mit dem eigentlich noch recht jungen Mann mit den bereits angegrauten Haaren anstellten- aus dem netten, mutigen und schlauen Remus Lupin wurde dann etwas wie eine bleiche Hülle, bis er sich verwandelte und danach wieder erholen konnte.

Harry stand auf- er wollte wirklich nicht, dass Lupin ging, aber er wusste, dass es nötig war. Snape hatte ihm immer den Wolfsbanntrank gebraut, doch Snape war jetzt tot.

Lupin schloss Harry in seine Arme, er war eine Vaterfigur für ihn geworden- eine weitere, die ihn jetzt verlassen würde, wenn auch nur kurz. Hoffentlich.

Lupin verabschiedete sich auch von Hermine und Ron, die ähnlich bedrückt und niedergeschlagen dreinschauten wie Harry, dann verließ er die Höhle in Richtung Ausgang. Bevor er verschwand lächelte er den drei noch einmal schwach über die Schulter zu, dann war er weg und das Echo seiner schweren Schritte verklang langsam.

Harry fühlte sich komisch- es war merkwürdig Remus nicht mehr hier zu wissen. Er wird zurückkommen, redete er sich immer wieder ein, er wird zurückkommen.

Das goldene Trio setzte sich wieder auf die braunen Sofas- keine Sekunde später betrat Ginny die Grotte. Sie bemerkte Harry auf dem Cordsofa und lief leicht rosa an.
„Habt ihr Fred und George gesehen?", fragte sie mit offensichtlichem Unbehagen.
„Sie sind vorhin im Südgang verschwunden.", antwortete Ron- er schien nicht mitbekommen zu haben, was zwischen Harry und seiner Schwester vorgefallen war.

Ginny nickte abgehackt und verschwand so schnell wie möglich im beschriebenen Gang. Hermine warf Harry einen besorgen Blick zu, er versuchte ein beruhigendes und unbekümmertes Lächeln, doch sie schien es ihm nicht wirklich abzukaufen. Harry zwang sich an ihre gestrigen Worte zu denken, dasselbe Feuer wie unter dem Sternenhimmel entfachte erneut in ihm.

„Glaubt ihr, dass ihr wisst schon wer im Ministerium ist?", fragte Ron, der auch den Blickwechsel zwischen Harry und Hermine nicht mitbekommen hatte.
„Als er Snape tötete war er in Malfoy Manor.", meinte Harry und runzelte die Stirn. Malfoy Manor, ein Ort des Grauens für ihn und seine Freunde, besonders für Hermine. Als er den Namen des Uralten Anwesens aussprach, glitt ihre Hand wie zufällig an ihren Unterarm, in den Bellatrix Lestrange damals das Wort Schlammblut hineingeritzt hatte. Als sie Harrys Blick bemerkte, ließ sie die Hand sinken- es war fast wie die vorherige Szene, nur, dass die beiden die Rollen getauscht hatten.
„Hmh.", machte Ron.

„Wir könnten einen Vielsafttrank benutzen.", überlegte Hermine und schien schon die Zutaten im Kopf aufzusagen.
„Wir haben keine Ahnung ob er noch dort ist.", erwiderte Harry, er hatte gesehen, wie Voldemort den Raum verlassen hatte, aber er hatten nicht sehen oder fühlen können, wohin der dunkle Lord wollte.
„Das ist ja genau so erfolgreich wie letztes Mal.", seufzte Ron und fuhr sich durch die Haare, die irgendwie weniger feuerrot als früher schienen.

Harry wollte ihm gerade zustimmen, als ein lauter Knall ihm zuvorkam.
Alle drei waren gleichzeitig aufgesprungen. Verwirrt sah Harry seine Freunde an, sie sahen mit dem gleichen Ausdruck zurück.
Was war passiert?

Harry Potter und der Zeitumkehrer (abgebrochen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt