Die Sammlung voller Kuriositäten

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Die nächste Woche wird zu einem kompletten Chaos - okay, Chaos gab's hier immer schon. Also, willkommen zu unserer kleinen Wochenübersicht!

Klaus, unser Filmführer, hat sich nach einem Tag heftigster Kopfschmerzen einigermaßen erholt und ansonsten läuft auch alles einigermaßen nach Plan. Nur unser kleiner „Horschti" tanzt etwas aus der Reihe. Neben der leicht demolierten Kamera, die er fallen gelassen hat, ist er auch für die Kaffee-getränkte Erstausgabe unseres Skripts verantwortlich und einer weiteren kaputten Fensterscheibe.

Irgendwie kriegt der Typ nichts gebacken und ich frag mich so langsam wieso zur Hölle dieser Vollpfosten überhaupt hier ist... nein, eher wie er es in die SS geschafft hat! Moment, ja richtig, sein Vater ist ja der ... Engelbert Wolfe. Das erklärt's.

Eigentlich hätten wir ihn ja alles schon längst rausgeschmissen... geht nur leider nicht. Grund dafür steht oben. Sein Vater, der ja der eigentliche Leiter dieses Projekts ist. Also müssen wir ihn und seine Mutter Brunhilde, die anscheinend tatsächlich Engelberts Frau ist, aushalten. Mittlerweile besucht sie den „Dreh" nämlich immer öfter, um ihren kleinen „Horschti", ja, sie nennt ihn ernsthaft so!, zu besuchen.

Achja und Irenka „genießt" trotz sehr viel Prostest beider seitens immer noch Deutschstunden bei Adolf...

Aber jetzt erst mal zum Drehbuch...

In unserem Zimmer in Johanns Haus betrachten wir unsere „Ausbeute" von diesem Tag, also den ganzen Schwachsinn den wir heimlich gefilmt haben. Großteils ist es wirklich Schwachsinn. Dann finden wir eine Aufnahme aus Günthers Büro. Er und Herbert sind schwer mit dem Drehbuch beschäftigt.

„Es muss romantisch sein, Herbert!", seufzt Günther Eva theatralisch, „Es muss die Herzen unserer Zuschauer berühren!"
„Und wie sollen wir das machen?", Herbert wirkt etwas planlos.
„Ich habe eine Idee! Unser Johann trifft Elena zufällig bei einer Rede und es ist Liebe auf den ersten Blick! Aber sie kann sich das nicht eingestehen...", bei diesen Worten hüpft Günther aufgeregt im Raum herum.
„Und dann...", er stoppt und wendet sich abrupt Herbert zu.
„Und dann, Herbert, eine romantisch-dramatische Szene, in der sie in seinen Armen liegt!" Dabei zieht Günther den Oberfunker in seine Arme und dreht sich elegant ein paar Mal mit ihm durch den Raum. „Und dann, dann nähern sich die beiden zu einem innigen Kuss...", dabei beugt sich Günther langsam zu Herbert hinab, der etwas rot geworden ist.

In dieser Position bleiben die beiden einen Moment, ehe sie sich -beide rot bis zu beiden Ohren- voneinander lösen. „Äh...j-ja, das wäre eine tolle Szene... S-so...romantisch...", stottert Herbert und blickt dabei auf seine Stiefelspitzen.

„Boah, Alter, ist das schnulzig!", ruft Irenka aus und verzieht angeekelt das Gesicht.
Ich starre auf die Kamera. „Irenka, ich glaube, da hat's heftig gefunkt und ich meine damit nicht den Oberfunker Herbert!"

__

Tatsächlich ist das Drehbuch bald fertig und -welch Wunder! - Klaus hält es nicht für kompletten Schwachsinn! Auch für Host fand sich noch eine Rolle: Er ist jetzt der SS-Soldat Nummer 7, der im ganzen Film nur einmal auftritt und dabei nicht mehr als salutieren und „Jawohl!" rufen muss... Aber Rolle ist Rolle oder nicht? Also kann der Dreh mehr oder weniger beginnen...

„Elena! Irenka! Wollt ihr beiden nicht das Drehbuch aus meinem Büro holen? Ihr seht ja, ich und Herbert, haben alle Hände voll zu tun", trällert Günther fröhlich.

„O ja... das sehen wir", Irenka und ich grinsen uns vielsagend an. Zwischen denen hatte es ja mehr als eindeutig gefunkt.
Also eile ich mit Irenka zu seinem Büro. Schon wieder sehen uns von allen Wänden die Bilder entgegen. Hitler, Himmler, Goebbels, Göring... dieser Raum ist wirklich zum Fürchten!
„Wo ist denn nun dieses verdammte Drehbuch?"
Ich und Irenka müssen fast den ganzen Raum den Kopf stellen, bis wir endlich etwas finden, dass das Drehbuch sein könnte. Eine braune Mappe ohne Aufschrift.
„Isch hab's!", ruft Irenka und schwenkt triumphierend die Mappe umher.
„Na endlich!" Ich seufze erleichtert und öffne die Mappe...und erstarre. „Alter", rutscht es mir heraus und ich starre verstört auf den Inhalt der Mappe.
Irenka guckt über meine Schulter. Ein leises „Alter...", ist alles was sie zustande bringt. Vor mir sehe ich eine ganze Reihe von Zeichnungen, alle mit „Günther Eva Heil- GEH" unterzeichnet. Die ersten noch nicht so ungewöhnlich, wenn man mal drüber hinwegsieht, dass die Motive Hitler, Goebbels und co. sind. Aber dann kommt es schlimmer: Aktbilder sowie einige... ähm besondere Szenen von Hitler, Goebbels und co.!

„Kneif misch, ich glaub isch träum", murmelt Irenka geschockt.
In dem Moment kommt Günther in den Raum. „Mädels, wo bleibt ihr denn so lange? Wir warten schon alle auf eu-" Erschrocken lasse ich die Mappe fallen und verteile damit alle Zeichnungen am Boden.
Günther sieht uns geschockt an und wird erst kreidebleich und dann rot wie die kleine Hakenkreuzflagge, die auf seinem Schreibtisch steht.
„Also ich äh... Woher habt ihr denn...? Wie...?", stammelt er unverständlich und lacht dann nervös, wobei er die Zeichnungen in Sekundenschnelle aufsammelt, in die Mappe stopft und diese in einer Schublade verschwinden lässt. „Also äh... das ist äh... g-gar nichts", meint er, während er abschließt. Dann schnappt er das richtige Drehbuch, das wohl doch die ganze Zeit auf seinem Schreibtisch gelegen hat, und flüchtet fast aus dem Büro. „Kommt Mädchen... wir müssen los!", hören wir ihn noch rufen.

Mit dem Schock unseres Lebens folgen wir ihm hinaus. Ich glaube, ich krieg diese Bilder nie wieder aus meinen Kopf!

__

„Husch husch! Alle in eure Kostüme!" - Eigentlich eine leichte Anweisung. Nur bei Johann klappt's nicht so ganz.

„Was soll das hier bitteschön?", Klaus deutet genervt auf Johanns Schuhe. Johann, der sich mittlerweile seine Uniform aus- und etwas Normales angezogen hat, was er für die erste Szene braucht, trägt trotz aller Anweisungen immer noch seine Stiefel. „Zieh die sofort aus!"
„Aber wieso denn? Das sind doch meine SS!", ruft er verzweifelt aus.
„Äh...was?", fragen Irenka, Klaus und ich wie aus einem Mund.
„Na meine SS! Meine Sommer Stiefel!", erklärt Johann mit ernster Miene.
„Ist mir doch egal! Du ziehst dir jetzt normale Schuhe an, zum Kuckuck!", schimpft Klaus.
„Aber ich brauche meine Stiefel!", jammert Johann, „...wie wär's mit meinen SSS? Oder meinen SSSS?"
„Was soll denn das jetzt sein?", frage ich verwirrt.
„Na 'Schicke Sommer Stiefel ' und meine 'Super Schicken Sommer Stiefel'„, erklärt Johann als wäre das vollkommen logisch.

Wie viele Stiefel hat er denn bitte?

„Mir ist egal wie viele 'S' du da noch anhängst, du ziehst jetzt diese verdammten Stiefel aus!", schreit Klaus und Johann schleicht traurig davon. Nachdem er sich dann doch von seinen Stiefeln getrennt hat, beginnt der Dreh der ersten Szene, in der nur Johann vorkommen soll.

Sein Lampenfieber zieht die fünf Minuten, die das ganze dauern sollte, aber gehörig in die Länge.

Deshalb beschließen wie, in seinem Büro auf ihn zu warten. Gelangweilt starren Irenka und ich in die Luft. Dann fällt mein Blick auf die Bonbons, die Johann in einer hübschen, großen Schüssel auf seinem Schreibtisch stehen hat. Wenn eins fehlt, wird ihn das ja wohl nicht stören, oder? Ich nehme mir also eins und versuche das Hakenkreuz auf der Verpackung zu ignorieren.

Überraschenderweise schmeckten die echt gut...

Erst eine gute halbe Stunde später kommt Johann wieder, jetzt wieder in Uniform, und setzt sich seufzend hinter seinen Schreibtisch. Er nimmt die Schirmmütze ab und lehnt sich zurück. Irgendwie wirkt er ganz schön erschöpft. Gerade will er nach einem Bonbon greifen, hält dann aber inne. Konzentriert starrt er auf die Schüssel, die mit mindestens 50 Bonbons gefüllt ist.

„Das hier sind nur... 74."
„Ja und?", frage ich verwirrt. Wie kann der das überhaupt erkennen?
„Eigentlich müssten es 75 sein. Also, wer von euch zwei hat mein Bonbon geklaut?", fragt er streng und sieht uns an.

Unauffällig lasse ich die Verpackung in meiner Tasche verschwinden und lächle unschuldig

unter roten FahnenOn viuen les histories. Descobreix ara