Ewige Einigkeit...

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-am Abend-

„So habt ihr jetzt die Ausweise?", Johann kommt mit deutlich müdem Blick auf uns zu, während wir auf irgendeiner Treppe sitzen - ja, ich habe nicht mal mehr darauf geachtet, wo genau wir in diesem verfluchten Gebäude sind. Mein Auge zuckt bedrohlich und ich seufze gestresst.

„Nein...das haben wir nicht, denn niemand ist hier zuständig für die Ausweise", ich presse die Wörter hervor, während ich mich mit meiner Hand in der Betontreppe festkralle...was mir aber nicht mehr beschert als einen abgebrochenen Fingernagel und einen kurzen Schmerz. Johann fasst sich mit seiner Hand an die Schläfe und murmelt genervt. „Nun...jetzt geht jeder nach Hause, meine Schicht ist auch schon zu ende. Wo wohnt ihr, ich fahr euch hin."

Irenka sieht ihn mit großen Augen an. „Ey Alter, isch schwör ick wohn wo...aber es is nich 2016 also ...Ell wo wohn wir?", ich trete ihr zum Bein, worauf sie mit einem „Au Altaa" zurückweicht.

„Wir wohnen nirgendwo...wir wissen nicht einmal, wie wir hier her gekommen sind", ich fange schon fast an zu weinen, ich halt das ganze Chaos nicht mehr aus! Und mir gehen langsam die Ausreden aus...

„Seid ihr etwa Obdachlos?", geschockt sieht uns Johann an und greift in seine Tasche, nur um ein Bonbon herauszuholen, das in roter Folie eingepackt ist.

„Ja was kapieren Sie nicht an: wir wohnen nirgendwo!?", ich starre ihn an, während er die Folie des ebenso roten Bonbons entfernt und dieses sogleich in seinem Mund verschwinden lässt.

„Gott! Euch kann man auch nicht alleine lassen...Ihr könnt bei mir schlafen...Gästezimmer hab ich ja", genervt lässt er das Bonbon gegen seine Zähne stoßen.

„Danke", murmeln Irenka und ich.
„Ja ja...ab zum Auto. Ihr wisst ja, der schwarze VW. Wartet dort auf mich, ich komme gleich nach."

Johann geht voran und wir folgen, bis sich unsere Wege trennen. Ich sehe nur noch, wie die rote Folie des Bonbons aus seiner Tasche rutscht, ehe Johann hinter einer Tür verschwindet. Ohne wirklich nachzudenken hebe ich sie auf und starre sie an. Nein...das kann nicht sein... Das kann doch nicht...

„Das darf doch nicht wahr sein!"
„Wasn los, Ell?" Irenka sieht mich verwirrt an.
„Gibt es in dieser verdammten Zeit denn nichts auf dem kein verfluchtes Hakenkreuz drauf ist!?" Wütend knülle ich die rote, mit Hakenkreuz geschmückte, Folie zusammen und pfeffere sie gegen eine Wand. Das wird mir hier alles zu viel! Hakenkreuze hier, Hakenkreuze da! Wenn das so weiter geht glaube ich bald, dass ich selbst eines bin!

Ein fröhlicher Günther kommt ein Lied summend den Flur entlang. „Eine wunderschöne gute Nacht, meine Damen", flötet der Hauptsturmführer. Überrascht blinzelnd entdeckt er die zusammengeknüllte Bonbon-Folie am Boden und schüttelt den Kopf. „Aber, aber meine Damen, Müll kann man doch nicht einfach so auf den Boden werfen." Mit tadelndem Lächeln drückt er mir die Folie wieder in die Hand.

Fast spöttisch leuchtet mir das Hakenkreuz entgegen. Na, ganz toll! Genervt stopfe ich die Folien in meine Hosentasche, worauf ich hoffe, dass ich es nie wieder sehen muss.

Wir setzen uns wenige Minuten in das schicke Auto und Irenka holt plötzlich ihre Kamera heraus.
„Ey, spinnst du?", ich drücke die Kamera in den Sitz, damit Johann diese nicht sieht.

„Was ey? Wir solln filmen fürs Schule...Isch will filmen. Gegend is nice und dea Johann had sicher nix gegen ok?" Irenka schlägt mir auf den Oberarm und schaltet die Kamera ein...

Sofort setzt sie ein strahlendes Lächeln auf: „Joa Schnuckis. Here is Irenka mit meiner BFF Ell. Heute n Follow me around 19...19..Ell was für n 19 haben wir?"

unter roten FahnenWhere stories live. Discover now