4. Rache

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Ivan schien erst noch unentschlossen und runzelte geistesabwesend die Stirn. Wahrscheinlich wusste er nicht wo er anfangen sollte.

„Okay hör zu. Ich hab keine Ahnung wie ich das anstellen soll, ich musste es noch nie jemandem erzählen, aber mach dich darauf gefasst das es etwas länger dauern könnte."

Ich nippte an meinem Getränk während ich gebannt lauschte. Okay, jetzt war ich erst recht neugierig!

Seine Muskeln spannten sich unter seinem Oberteil immer mehr an und jetzt erst fiel mir sein leichter russischer Akzent auf. Er war nicht wirklich auffällig und kam wahrscheinlich nur in unkonzentrierten Momenten durch.

„Also dann fangen wir am Besten mal ganz am Anfang an, ansonsten verstehst du nur Bahnhof.

Okay also es ist folgendermaßen: Meine Mutter hat mit ihrem Mann ein glückliches Leben in Russland geführt. Alles Friede, Freude, Eierkuchen, aber so wie es nun mal immer im Leben ist, gab es einen Haken. Einen gigantischen Haken um genau zu sein. Sie konnten sich ihren damaligen Lebensstandard nämlich nur leisten weil der Mann, Carlos, in die Machenschaften der russischen Mafia verwickelt war. Er war ein wirklich guter Mensch, das schwöre ich dir Saphira, und ich habe ihn auch als meinen Vater angesehen, aber wenn man da einmal rein rutscht kommt man nicht mehr raus. Du musst dich dann damit abfinden, anders geht es nicht...

Auf jeden Fall musste er dann eben aufgrund seines ‚Jobs' hier her und sein Abteil in Deutschland unterstützen. Diese Verdammte Organisation ist überall auf dieser verfluchten Welt mit von der Partie!

Er wurde dann eben von ihnen immer mehr in Anspruch genommen und war somit nur noch selten zu Hause, womit sich meine Mutter nicht abfinden wollte. Sie ging zu dem Mann, der den Abschnitt hier in Deutschland regelt und wollte sich beschweren. Keine Ahnung was sie sich dabei gedacht hat. Ziemlich dämlich wenn du mich fragst, man hätte doch ahnen können wie das ausgeht, verdammt!"

An dieser Stelle seufze er kurz, schien sich aber kurz darauf wieder gefangen zu haben.

„Dem Boss passte das alles natürlich gar nicht und er vergewaltigte sie. Zur Strafe quasi. Wenn diese Menschen etwas wollen, dann bekommen sie es auch. Immer und egal zu welchem Preis"

Oh shit, das hatte ich nicht erwartet. Er stockte kein einziges Mal beim Erzählen, sein Gesicht emotionslos und kalt. Er lieferte einfach nur harte Fakten.

„Dann bin ich entstanden."

Bis gerade war nichts zu sehen in seinen wunderschönen grünen Augen, doch jetzt war dort etwas. Für einen kurzen Moment konnte man dort puren Selbsthass erkennen. Er war der Sohn eines kriminellen Vergewaltigers. Dann verschwand es wieder und wurde durch die undurchsichtige Maske ersetzt.

„Der Boss war so ‚gütig' weder ihr, noch Carlos mehr als das anzutun aber Carlos sprühte nur so vor Zorn und Rachsucht. Er zog mich groß als wäre ich sein Sohn, doch meine Mutter hat an dem Tag etwas verloren. Sie war kalt und abwesend.

Carlos plante seine Rache Jahre lang und als alles so weit war, hat er sie angegriffen. Er wollte die Ehre meiner Mutter zurück. Er hat es sogar geschafft mehrere von ihnen in die Hölle zu schicken, aber den Boss hat er nicht erwischt. Schließlich wurde er getötet und auf diese Nachricht hin hat meine Mom ihre Sachen gepackt und ist abgehauen. Nicht einmal einen Brief oder so hat sie zurückgelassen.

Nun Lebe ich schon seit einem Jahr hier bei meiner babushka"

Oh je, der Arme. Ich konnte seine Gefühle durchaus nachvollziehen. Er hat alles verloren; genauso wie ich...

„Schau mich nicht so dämlich an. Ich brauche kein Mitleid von dir oder sonst jemandem. Du sollst mir nur helfen. Der Deal, schon vergessen?" fuhr er mich an.

„Nein, natürlich nicht. Tut mir leid. Ich verstehe nur meine Rolle in dem Ganzen noch nicht so richtig." Abwehrend und überrascht von seiner plötzlichen Grobheit hob ich meine Hände vor mich.

„Du bist wiederum bei meiner Rache behilflich. Ich werde sie alle abschlachten für das was sie meiner Familie angetan haben! Mir, und so vielen anderen auf der ganzen Welt. Ich will einen Schandfleck dieser Erde auslöschen und mich für meine Mutter und Carlos revanchieren. Es klingt in deinen Ohren womöglich dumm und naiv aber ich weiß dass wir das mit deiner Hilfe schaffen können. Man kann nicht immer einfach alles durchgehen lassen."

Oh fuck, was hatte ich nur getan? Ich hätte den Winter doch auch einfach in meiner Hütte im Wald verbringen können aber nein, Saphira reitet sich mal wieder lieber in die größte Scheiße der Welt. Das war so typisch...

Er war doch völlig besessen! Eine komplette verdammte Mafia auslöschen?! Wie sollte man das mit einem bisschen Wind denn schaffen? Sie einfach alle von der Erde pusten oder was?! Dass ich nicht lache!

Aber trotz der Tatsache dass diese Aktion höchstwahrscheinlich hoffnungslos und ein reines Selbstmordkommando war, hatte ich irgendwie das Bedürfnis ihm zu helfen. Er hatte ein Recht auf Gerechtigkeit und noch eine Chance seine Familie zu rächen. Ich hatte diese nicht mehr und auch nichts mehr zu verlieren. Irgendwie konnte ich mich in ihn hinein versetzten denn mir ging es einmal ähnlich. Ich wusste wie es sich anfühlt allein und von allen verlassen zu sein. Seine Situation spiegelte in einer absurden Weise meine eigene wieder und deshalb musste ich ihm einfach helfen.

Wie schon gesagt ich hatte nichts mehr zu verlieren und niemanden für den es sich gelohnt hätte zu gehen, also konnte ich ja auch einfach mal einer guten Sache angehören.

In diesem Moment fasste ich einen Entschluss. Ich würde diesem Jungen helfen, selbst wenn es mich das Leben kostete. Mal sehen was ich aus mir herausholen konnte, vielleicht war ich ja wirklich nützlich...


A/N: Hättet ihr mit so was gerechnet? Könnt ihr Ivans und auch auch Saphiras Entscheidung nachvollziehen?

Ich bin jetzt in nem anderen Appartement und bin endlich wieder online!! Wuhuuuu

Mein Handy wäre fast explodiert, so viele Nachrichten hab ich bekommen...

<3


Saphira - Tochter der ElementeWhere stories live. Discover now