Beim Vorbeigehen spürte sie, wie etwas an ihrem Mantel zupfte. Als sie nach unten sah bemerkte, sie dass es die kleine Gestalt war. Jetzt blickten sie zwei große, blaue Augen an, die sogar noch in dieser Dunkelheit leuchteten. Der Blick war flehend, aber sie sah auch noch etwas anderes darin, sie konnte nur nicht sagen was. "Lass los, verdammt nochmal, ich hab nichts für dich!" fauchte Sheyda. "Bitte, Ma'am." krächzte die Gestalt mit einer piepsigen Stimme. In dem Moment erkannte sie, es war ein Mädchen. Jetzt viel ihr auch auf, dass ihre Haare zu einem kinnlangen Bob geschnitten waren und sie zerfetzte Kleidung trug. Bei genauerem Hinsehen, sah sie, dass es die Sachen waren, die die Kinder im Waisenhaus getragen hatten. "Bist du eins dieser Kinder aus dem abgebrannten Waisenhaus? Ich dachte die sind alle tot." fragte sie verwirrt. "Ich nicht, Ma'am. Können sie mir bitte ihren Mantel geben, mir ist kalt." flehte die kleine. Ihrem Aussehen nach zu urteilen, war sie höchstens 13, wenn nicht gar 12. "Du bekommst gar nichts von mir, bettle jemand anderen an. Oder geh doch zur Polizei, die wollen bestimmt deine Aussage oder so. Die schicken dich dann in ein anderes Waisenhaus. Also, lass mich jetzt in Ruhe!" mit diesen Wort drehte sie sich um und ging davon. Zumindest wollte sie das, denn plötzlich spürte sie etwas Spitzes an ihrer Seite.

"Sie verstehen nicht, Ma'am. Wenn die herausfinden, was ich getan habe, dann sperren sie mich für immer weg!" Die Stimmlage des Mädchens hatte sich geändert und wirkte nun eher drängend. Als sie ihren Kopf ein Stück drehte, um einen Blick in das Gesicht des Mädchens zu werfen, erkannte sie nun, was dieses undefinierbare Funkeln gewesen war. In den blau leuchtenden Augen stand nun ein Anflug von Wahnsinn und ihr Mund hatte sich zu einem merkwürdigem Grinsen verzogen. "Was hast du denn getan? Und wo hast du das Messer her?" fragte sie, mehr verblüfft als alles andere. "Das Messer hat irgendeiner von den Drogenjunkies verloren, als sie ihn zusammengeschlagen haben." antwortete die kleine und stach ihr mit der Klinge nachdrücklich in die Rippen.

"Lass das besser sein, Kleine. Ich will dir nicht wehtun müssen." sagte sie warnend. Das Mädchen lachte. "Mit einem Messer im Rücken wirst du mir gar nicht wehtun können. Also gibt mir einfach deinen Mantel und dein Geld." Jetzt reichte es ihr. Sie würde sich nicht von so einer frechen Göre auf der Nase rumtanzen lassen! Während sie plötzlich einen schnellen Schritt nach vorne machte, drehte sie sich herum und packte den Arm des Mädchens.

"Lass das Messer los, oder ich breche dir den Arm!" drohte Sheyda dem, jetzt wieder verängstigtem, Kind. Dieses sah sie nervös an und ließ dann die Klinge fallen. "Bitte tun sie mir nichts. Die werden mich sonst töten." Die Kleine sah sie mit einem flehenden Blick an und sie dachte nach. Sie dachte daran, wie sie selbst mal so verängstigt in einer Gasse gestanden hatte. Sie war noch klein gewesen und hatte befürchtet, irgendjemand würde sie finden und für immer wegsperren. Die Angst, die das Mädchen empfand, war ihr nicht fremd. Nur war ihr damals jemand zur Hilfe gekommen. Sascha hatte sie aufgenommen und sich um sie gekümmert. Na toll, jetzt hab ich Mitleid. Das kann ich gar nicht gebrauchen. Sie biss sich auf die Lippe und sah auf das kleine Mädchen hinunter. Ihr stand hier ein unschönes Schicksal bevor. Wenn sie Glück hatte, würde man sie sofort töten. Wenn nicht würde sie verhungern, oder Schlimmeres. Sascha hatte immer Mitgefühl gezeigt, er hätte so ein armes Kind nie so zurück gelassen, selbst wenn es versucht hätte, ihn zu erstechen. Augen rollend ließ die den Arm des Mädchens los. "Na gut, pass auf. Hier draußen wirst du unter Garantie sterben. Ich biete dir hier einmal an, dich mitzunehmen. Du kannst von mir aus mit in meine Wohnung kommen. "In diesem Moment begannen die Augen der Kleinen vor Dankbarkeit zu leuchten und sie schlang ihr die Arme um den Hals. "Vielen dank, ja ich komme mit und ich werde mich auch ganz gut benehmen, versprochen!"

Vorsichtig drückte sie das Mädchen von sich weg und nahm sie bei der Hand. "Na schön, dann komm." Ihre Informationsbeschaffung konnte sie auch morgen fortsetzten. Als sie die Kleine aus der Nebengasse auf die Hauptstraße zog, sah sie wie dreckig diese wirklich war. Ihre schokoladenbraunen Haare waren mit Dreck verkrustet, sie war voller Ruß und ihre Klamotten waren nur noch ein Fall für den Müll."Danke Ma'am, dass sie mich mitgenommen haben" sagte diese leise hinter hier. "Nenn mich nicht immer Ma'am. Mein Name ist Sheyda." "Mein Name ist Kimi." erwiderte das Mädchen lächelnd. "Das heißt Geheimnis."

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