11. Zusammen?

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Heute bin ich es, die unpünktlich ist und stehe fünf Minuten zu spät vor Lucas Wagen, der nebenbei bemerkt definitiv im Halteverbot steht.

Die meisten Polizisten hier würden es wohl nicht wagen ihn einen Strafzettel zu verpassen. Gutsituierte Urlauber dürfen alles, gut vielleicht nicht wirklich alles, bei einem Mord wäre das schon nicht so einfach davonzukommen. Aber solange niemand stirbt können sie ihre Freiheiten genießen und nebenbei die eingerostete Wirtschaft etwas auf Vordermann bringen.

Lucas ist da, sogar pünktlich, das ist doch schon mal ein gutes Zeichen. Mein Herz beruhigt sich bei seinem Anblick sofort, ja ich hatte Angst, dass er mich wieder versetzt. Kann man mir das verübeln? Aber dieses Mal hält er sein Wort. Als er mich sieht winkt er mir zu und automatisch gehe ich schneller. Es ist noch relativ früh am Morgen, erst sieben Uhr, aber trotzdem kann man schon jetzt erahnen, wie die Temperaturen heute in die Höhe schießen werden.

„Morgen", begrüß mich Lucas mit einem leichten lächeln.

„Guten Morgen", antworte ich und warte auf seinem nächsten Schritt, eine Umarmung zur Begrüßung scheint mir etwas unpassend und nur ein Händeschütteln doch etwas zu förmlich. Lucas meistert die, etwas seltsame, Situation mit Bravour indem er mich einfach galant die Beifahrer Tür seinen Autos öffnet.

„So wo geht's hin?", fragt er mich als er sich auf den Fahrersitz fallen lässt.

„Auf die andere Seite der Insel? Da gibt es ein paar nette Plätzchen, wo sonst eigentlich keine Touristen hinkommen", schlage ich vor.

„Klingt gut", Lucas hohl aus einem Fach ein kleines schwarzes Kästchen hervor, aus dem er eine Sonnenbrille nimmt und sie sich aufsetzt.

„Na dann, du bist heute mein Navi, ich fahr überall dort lang wo du mich hin lotst." Leise springt das Auto an und schon fahren wir auf der Straße und Lucas wartet auf meine Anweisungen.

„Wie wär's wenn wir zuerst noch bei einem Supermarkt anhalten um was zu trinken und vielleicht was fürs Mittagessen zu kaufen?", schlage ich vor.

„Hab ich schon alles erledigt", meint Lucas mit einem Grinsen und deutet über seine Schulter auf den Rücksitz, wo sich zwei kleine Kühlboxen und ein Berg aus Decken befindet. Ich muss wohl einen ziemlich überraschten und verblüfften ausgesehen haben, denn Lucas meint nur: „Ich habe noch was gut zu machen, schließlich wäre ich ohne dich in diesem Sturm vielleicht gestorben oder eine Monster Erkältung hätte mich ins Grab genbracht. Das wäre schon ein ziemlich peinlicher Tod gewesen."

Da ist sie, diese komplett andere Seite, die mir Lucas bis jetzt nur selten von sich gezeigt hat. Kein Macho Getue, zumindest kein Ernstgemeintes, so hat er etwas lockeres und verspieltes. Ich kann nicht anders als mich sofort in seiner Gegenwart wohlzufühlen.

Die Fahrt an sich dauert nicht besonders Lange, sobald wir uns der Küste näher, biegen wir von der asphaltierten Hauptstraße ab und fahren noch gut 15 Minuten auf einer unebenen Schotterstraße bis ich Lucas einen Platz zeige, wo er parken kann.

„Und jetzt?", fragend blickt er zu mir. „Das letzte Stück müssen wir zu Fuß machen. Keine Angst, es ist nicht weit und hier ist dein Auto sicher. Es kommen nur selten Leute hier vorbei."

„Gut, ich vertrau dir", sagt er öffnet die Fahrertür.

Dieser Satz, dieses Wort vertrauen, das ist unglaublich schön zu hören.

Damit ich nicht anfangen zu träumen, stupst mich mein inneres Ich an und ich tue es Lucas gleich und steige aus dem Wagen.

„Wenn du die Decken und ein Paar Kissen tragen kannst, dann nehme ich den Rest", schlägt er vor und schon habe ich zwei Decken in den Händen, zwei Kissen unter den Armen klemmt und ein weiteres zwischen Kinn und Hals. Lucas hat es aber eindeutig schwerer. Die zwei Kühlboxen schauen nicht unbedingt wie Fliegengewichte aus. Ich konnte ihm aus dem Augenwinkel beobachten, als er sie aus dem Auto hervorgeholt hat und ich muss zugeben, es ist nicht gerade unattraktiv wie sich seine Oberarme anspannen als sie das Gewicht anheben. Ja, man merkt eindeutig, dass ich bis jetzt noch nicht besonders oft etwas alleine mit einem Vertreter des anderen Geschlechts unternommen habe, so peinlich und Hormon gesteuert meine Gedanken sind.

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