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Der Nebel verschwand und wir befanden uns jetzt in einer großen Halle. Einer Lagerhalle. Thomas ließ mich los und begrüßte mich.
"Willkommen, könne wir noch mal von vorne anfangen?"
"Meinetwegen, aber nur wenn sie mir alles erklären", fragte ich etwas gereizt.
"Guuut. Weißt du..., dieser Koffer, der bedeutet mir sehr viel, deswegen brauche ich ihn wieder zurück."
"Warum hat ihn dann Grace getragen? Als ich sie fragte ob ich ihr den Koffer abnehmen soll, dachte ich nicht, dass sie wirklich ja sagt. Sie müssen doch wissen, dass sie nicht die Hellste ist."
"Hey, hey nicht so schnell! Erstens hat sie ihn holen müssen. Zweitens wären wir nicht in der Öffentlichkeit gewesen, hätte ich euch mit Sicherheit aufhalten können -"
"Sie vergessen Felicity!", unterbrach ich ihn.
"Felicity? Ah, Aster!"
"Ihr Name ist Felicity und Aster hat eine Freundin von uns umgebracht!", schrie ich.
"Das war reiner Eigenschutz...", versuchte er mich zu beruhigen.
"Warum macht sie so etwas, sie ist jetzt schon in Felicity, seit sie 13 ist!"
"Es ist eigentlich sowieso verboten. Früher nahm man Kinder für die Tauschung her, aber man bemerkte erst spät, dass sie zu schwach sind um noch eine Seele in sich zu tragen. Ich, zum Glück, habe diese Tauschung noch nie voll ziehen müssen. Einige jedoch wie Aster haben früher daran glauben müssen und außerdem war sie schon immer sehr eigenwillig."
"Aha....Was ist in dem Koffer?", fragte ich neugierig.
"Das kann ich dir nicht verraten."
"Warum haben sie mich mitgenommen? Felicity wäre ihnen mit Sicherheit hilfreicher gewesen."
"Das schon, aber vielleicht benötige ich in nächster Zeit auch eine Tauschung und du scheinst mir nicht so dumm zu sein."
"Haha, lustig..."
Er drehte sich zu mir und schaute mir wieder in die Augen. Ich bin echt nicht klein aber er sah von oben herab.
"Du bist klein", sagte er vorwurfsvoll.
"Nein, ich bin 1.75, das ist nicht klein. Warum haben sie so altmodische Kleidung an?"
"Das ist nicht altmodisch, das ist total modern. Aber ich habe bemerkt, dass heutzutage Modegeschmack, deutlich abgenommen hat...Kannst du nicht mal an etwas anderes denken."
Er durchlöcherte mich richtig mit seinen Blicken.
"Hören sie auf! Ich weiß warum sie so seltsame Augen haben!" Ich wand meinen Blick ab. Er las durch meine Augen, meine Gedanken.
"Was? Nur weil ich meinen Blick nicht von ihren verzaubernden Augen abziehen kann?"
Schleimer.
Er nahm mein Kinn mit zwei Finger und zog meine Augen wieder in seinen Bann. Hören sie auf meine Gedanke zu lesen.
Ich schlug ihn auf die Finger.
"Ja, du hast Recht, ich lese deine Gedanke aber ist es nicht einfacher als verbal zu kämpfen?", seuselte er.
Wir können auch psychisch kämpfen wenn Ihnen das lieber ist.
"Pfiffig, aber warum sollten wir? Ich will nur meinen Koffer und sobald dir Aster gesagt hat wo der Koffer ist kannst du gehen."
Warum sollte mir Aster sagen wo der Koffer ist?
"Sie dich doch erst mal um, es ist hier gar nicht so schlecht wie du denkst."

Er ließ von mir ab und ging weg. Diese Lagerhalle war sehr alt und modrig. Im Großen und Ganzen war sie aus Beton gebaut alles war grau und an manchen Stellen an der Wand oder am Boden wuchs Unkraut heraus. Ich entdeckte ein Stiegenhaus und sah, dass es noch weiter runter ging und weiter hoch.
Ich ging zuerst nach unten. Jeden Moment hatte ich Angst, dass etwas hinunter brechen könnte. In jedem Stockwerk war ein riesiges, unverglastes Fenster. Also ein großes Loch in der Wand. Ich beugte mich ein wenig vor um hinaus zu schauen und sah, dass unten am Boden lauter grünes Zeugs heraus wuchs, konnte er sich keinen Gärtner leisten, weil selbst ist er eindeutig zu faul dafür. Oder warum hat das nicht Grace für ihn erledigt? Unten angekommen war eine Tür aus Glas, (wow, Glas!) zu der ich gleich lief und dran riss, zerrte und drückte, sie war verschlossen. Seit meinem missglückten Fluchtversuch aus der Irrenanstalt, zog ich auch an Türen. Warum war die Tür eigentlich nicht zugesperrt?

Ich blickte hinaus, alles war total zu gewachsen und man konnte wirklich nichts hinter dem hohen Gras sehen. Es war im Erdgeschoss nicht so interessant wie ich es mir vorgestellt habe also ging ich wieder hinauf. Als ich in den zweiten Stock hoch steigen wollte, brach gleich nachdem ich meinen Fuß auf eine der Treppen setzte, die Treppe hinunter.
"Ach du Scheiße...", murmelte ich und ging weiter hinauf. Oben angekommen war es genauso wie im ersten Stock. Ich sah mich ein wenig um und entdeckte einen Plattenspieler. Ober dem Plattenspieler, der direkt auf dem dreckigen Boden stand war ein Bild aufgehängt. Es zeigte vier Männer, die an einem Tisch sassen und Weingläser in die Höhe hoben. Einer von ihnen war Thomas. Alle lachten und waren mit Sicherheit betrunken. Nach dem, wie der Raum hinter dem Zentrum des Bildes aussah, musste es zirka in den 20-iger Jahren gespielt haben. Eine Weile lang betrachtete ich die farblose Fotographie. Ich war wie gebannt von diesem Foto. Plötzlich durchfuhr mich ein Schauer als würde ich aufwachen aus einem langen Traum, schüttelte ich mich und drehte mich um.
Ich ließ fast einen Schreckensschrei los als plötzlich Felicity vor mir stand. Es war nicht direkt Felicity, eher eine Abbildung von ihr, ein Hologramm. Und obwohl sie nicht den Mund öffnete konnte ich sie zu mir sprechen hören, wie damals in der Gasse.
Der Koffer ist in einem Müllcontainer in der Redloss Avenue.
Dann verblich ihr Hologramm, bis ich nur mehr auf die graue Betonwand starrte.
Okay, der Koffer ist in einem Müllcontainer in der Redloss Avenue, sagte ich mir. Du weißt wo er ist und jetzt - denk nicht mehr daran. Ich drehte mich einmal im Kreis und ging wieder einen Stock hoch.

Ready Or Not? {#wattys2016}Where stories live. Discover now