Tardy Oneshots

I love you more than good marks

Die Pausenglocke läutete durch die Gänge der Neighton Highschool und schreckte mich aus meinen Matheaufgaben auf. Mit leicht zittrigen Fingern packte ich so langsam wie möglich meine Sachen zusammen und unterhielt mich noch mit dem Lehrer, nur um so viel Zeit wie möglich herauszuschinden.

Das Leben als Spitzenschüler an der Neighton war hart. Schrieb man mehr als dreimal im Jahr ein A, wurde man direkt in die HassSchublade gesteckt und tyrannisiert, egal ob man sich die Note ehrlich verdient oder einfach erschlafen hatte. Viele wehrten sich vehement und schafften es tatsächlich aus dem Teufelskreis heraus, doch für mich gab es keine Hoffnung. Ich war seit eh und je ein schüchterner und verklemmter Schüler, niemand hier erinnerte sich noch an die Zeit, als ich genau so schlecht wie alle anderen gewesen war. Den Wandel hatte der Schulboss, Thaddeus Tjarks, verursacht. Als wir uns das erste Mal begegnet waren, hatte ich meine erste Strafe für nicht gemachte Hausaufgaben absitzen und feststellen müssen, dass mein Englischbuch komplett zerknittert und in eine limonadenähnliche Flüssigkeit getränkt war. Daraufhin hatte unsere Lehrerin mich neben Thaddeus gesetzt. Die gesamte Stunde lang, hatte ich ihn so unauffällig wie möglich angestarrt, wie er sich seine langen, noch blonden Haare aus dem Gesicht strich und beim Lesen konzentriert die Augenbrauen zusammenzog. Auf dem Nachhauseweg wurde mir klar, dass sich etwas ändern musste. Bis heute hatte ich keine Ahnung, warum er mich dazu inspiriert hatte, doch seitdem lernte ich jeden Tag, machte meine Hausaufgaben und achtete generell mehr auf mich, was dazu führte, dass ich zwar besser in der Schule, dafür aber auch verhasster innerhalb dieser wurde. Obwohl Thaddeus der Boss der Schule und somit auch verantwortlich für viele Streiche, Schlägereien und andere Kleinigkeiten hier war, hielt er sich, sobald es um mich ging, raus. Niemand hinterfragte das, niemand hinterfragte irgendeine Tätigkeit von ihm.

Bis heute.

„Es ist bestimmt nichts in meinem Schließfach, vielleicht haben sie mich heute ja vergessen..." sprach ich mir beruhigend zu und öffnete mit einem Ruck meinen Spind. Weißer, stechend duftender Schaum quoll mir entgegen, landete mit einem Platsch vor meinen Schuhen und bedeckte das Innerste meines Schließfachs vollständig. Meine Lippe begann leicht zu zittern, als ich das Wort 'Schwuchtel' an der Innenseite der Metalltür entdeckte. „Hey Schwulette, kein Grund gleich zu heulen." rief mir jemand zu, woraufhin alle zu lachen begannen. Alle. Bis auf einen.

Thaddeus stand wie ein Racheengel neben mir, sein Gesichtsausdruck beherrscht ruhig, doch in seinen Augen tobte ein Sturm. „Wer war das?" Seine tiefe Bassstimme drohte mein Herz zum Zerbersten zu bringen. Der Junge der eben gesprochen hatte, trat feixend vor. „Ich war's. Was willst du jetzt machen?" Als der Angesprochene hinlaufen und ihm eine reinhauen wollte, hielt ich ihn zurück. Er schenkte mir einen verwunderten Blick. „I-i-ich will...das n-nicht." Das strahlende Blau fixierte mein Gesicht und verursachte Gänsehaut. Langsam nickte er, bevor er sich räusperte um sich Gehör zu verschaffen.

„Hört mir jetzt alle genau zu. Wer diesen Jungen hier" er zeigte auf mich und sofort wurde ich rot, „Nochmal verarscht oder ihm wehtut, dem drohe ich ganz persönlich. Er gehört mir und niemand sonst darf ihn anfassen, verstanden?" Alle nickten synchron, bis auf den Typen, der meinen Spind verunstaltet hatte. „Warum?" Augenblicklich wurde es still und alle sahen zu mir und dem Blauhaarigen, der sich zu mir drehte und mich liebevoll ansah. Liebevoll? Behutsam strich er mir eine Strähne hinters Ohr. Seine Hand verharrte länger als nötig auf meinem Gesicht und ich war mir sicher, dass er meinen rasenden Puls und die Hitze, die meinen Hals hinaufkroch, spüren konnte.

„Weil ich in meinen wunderschönen, einzigartigen, perfekten, unschuldigen Ardian verliebt bin." Ich schnappte nach Luft und bekam weiche Knie. Mit großen Augen starrte ich ihn an. „Und weil ich ihn fragen will, ob er im Gegenzug dafür, dass ich ihn beschütze, mit mir ausgehen will."