𝟬𝟰 || 𝙐𝙣𝙩𝙚𝙧𝙧𝙞𝙘𝙝𝙩 𝙭 𝙗𝙚𝙞 𝙭 𝙈𝙚𝙞𝙨𝙩𝙚𝙧 𝙒𝙞𝙣𝙜

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Am nächsten Morgen stand ich unglaublich früh im Raum und dehnte mich etwas, um langsam aber sicher wach zu werden und in Schwung zu kommen. Um meinen Kreislauf anzukurbeln. Gon hatte sich gestern bereiterklärt mit Killua für die Nächte das Zimmer zu teilen, da ich lieber alleine im Bett schlafen wollte, wofür ich ihnen auch sehr dankbar war. Um sich beim Trainieren nicht in die Quere zu kommen, kam er tagsüber aber zurück in sein Zimmer, was mir aber nur recht war. Auch mein Fieber war ein wenig zurückgegangen, weshalb ich mich auch nicht mehr den ganzen Tag im Bett rumliegen musste. Das war ohnehin ziemlich langweilig, auch wenn ich mir die Zeit gut mit Lesen vertreiben konnte, bevor ich Nachts schlafen gegangen war.

Ich schaute wirklich dumm aus der Wäsche, als Gon mir am vorherigen Tag erzählte, dass er ein professioneller Hunter wäre und dann auch noch seine Lizenz als Beweis vorzeigte. Ich war wirklich überrascht gewesen, dass ein Junge in seinem Alter so eine schwere und gefährliche Prüfung überhaupt bestehen konnte. Und das auch noch, bevor er in der Kampfarena angefangen hatte. Er erzählte mir auch, dass Killua ebenfalls ein Hunter werden wollte und an der nächsten Prüfung teilnehmen würde, da er in der vorherigen durchgefallen war. Warum, sagte er mir aber nicht. Was mich aber umso mehr um meine Gedanken brachte, war sein Vorschlag, ihrem Vorgehen zu folgen. Er bestand schon fast darauf, dass ich auch zur Hunterprüfung gehen sollte. Doch ich war mir dem mehr als nur unsicher. Ich hatte keinerlei Kampferfahrungen und wüsste auch nicht, wie ich das überleben sollte.

»Killua wird bestimmt auf dich aufpassen«, waren Gons Worte auf meinen zweifelhaften Blick. Und trotz seines Vorschlags, würde mir die Prüfung auch nicht viel bringen, wenn man mich die ganze Zeit über beschützen müsste. Zudem schien es so, als wenn es das Letzte wäre, was er tun würde, nach dem ausdrücklichen Hinweis vom gestrigen Tag. Um Gon aber dennoch zufrieden zu stellen, stimmte ich wenigstens dem Unterricht im Nen zu, auch wenn ich noch nicht wusste, was auf mich zukommen würde und auf was ich mich da eigentlich einlassen würde. Aber das klang zumindest ein wenig sicherer, als die Prüfung zu bestreiten.

Die Hunterprüfung war laut meines Wissens nämlich eine sehr gefährliche Prüfung. Sehr viele Menschen waren dabei schon umgekommen. Außerdem fand sie jedes Jahr zur anderen Zeit und an einem anderen Ort statt. Wenn man den Ort in der richtigen Zeitspanne fand, war man automatisch für diese Prüfung qualifiziert. Also konnten ihn nur die Besten der Besten finden. Und diese Besten wurden dann noch mal separat aussortiert, um wirklich sichergehen zu können, dass die Gewinner auch wirklich das Zeug zu einem Hunter hatten. Auch die Kriterien waren immer unterschiedlich. Gon hatte mir erzählt, dass sie zum Beispiel einen kilometerlangen Ausdauerlauf meistern und zudem auch noch sehr schwer zu beschaffene Zutaten besorgen mussten. Außerdem gab es viele Rätsel, eine Jagd auf- wortwörtlich- Leben und Tod und zum Schluss ein Kampf zwischen den letzten Teilnehmern. Ausgeschieden wurde der, der jemanden in der Prüfung ohne Freigabe umbrachte oder einen der Prüfer angriff. Oder eben, wenn man bestimmte Bedingungen einer Prüfung nicht erfüllt hatte. Ansonsten war alles erlaubt. Und das war eben das, was mir am meisten Angst bereitete. Ich hatte noch nicht vor, das Zeitliche zu segnen. Die Belohnung, wenn man diese Prüfung bestand, war dafür aber umso nennenswerter. Man durfte an Orte, an denen normale Menschen keinen Zutritt hatten. Außerdem konnte man sich einfacher Informationen beschaffen und verdiente sehr schnell sehr viel Geld. Das Beängstigendste war aber, dass man für Mord nicht zur Rechenschaft gezogen wurde, wenn man ein Hunter war. Man hatte quasi alle Rechte. Hieß, dass selbst die Stärksten unter ihnen, die im Grunde genommen eigentlich böse waren, keine Strafe bekommen würden, da sie ja in gewisser Weise dennoch nützlich für den Staat sein könnten. Zwar konnte ich mir vorstellen, dass man in sehr extremen Fällen Kopfgeld auf solche Hunter setzen würde, aber es war dennoch ziemlich beängstigend.

Nachdem ich mich gedehnt und entspannt aufs Bett fallen lassen hatte, dauerte es auch nicht lange, bis Gon den Raum betrat. »Guten Morgen.« Er lächelte mich aufgeweckt an und schien anscheinend jetzt schon losgehen zu wollen.

»Willst du jetzt schon zu eurem Meister?«, fragte ich ihn ein wenig irritiert, da ich mich von meiner Erkältung noch etwas gerädert fühlte, ehe mich Gon einfach zu mir ans Bett trat und meine Hand ergriff, um mich einfach mit zu zerren.

»Aber natürlich jetzt! Du musst doch alles nachholen, wenn er dich unterrichten will.«

Da war was dran. Ich wollte den beiden Jungs auch keine Last sein, also beschloss ich, einfach mein Bestes zu geben. So zog mich Gon früh morgens also zu einem Gebäude, welches in der Nähe der Himmelsarena stand. Und ihr Meister befand sich laut Gon im zweiten Stock, weshalb wir kurz auf Killua warten mussten, der uns die Tür öffnete. Bevor wir aber eintraten, ließ er meine Hand wieder los und schob mich vor sich her in ein Zimmer, in dem ein junger Herr mit Brille und ein weiterer Junge in unserem Alter standen. Sie hatten mich wohl erwartet. Ihre Blicke wandten sich an uns, als wir mitten im Raum zum Stehen kamen, ehe mich die beiden Fremden neugierig musterten. »Du musst Nia sein. Ich bin Meister Wing.« Der junge Mann, der soeben seine dunkle Brille zurechtgerückte und sein weißes Hemd in die Hose gestopft hatte, betrachtete mich interessiert, während ich nur zurückhaltend zur Bestätigung nickte. Killua hatte ihm offensichtlich schon nach dem Unterricht gefragt und ihn über alles aufgeklärt. »Ich werde dich unterrichten. Aber ich kann dich nur die Grundprinzipien lehren. Und es wird auch eine Weile dauern, bis du sie gemeistert haben wirst. Da ich davon ausgehe, dass Gon und Killua bald weiterziehen wollen, schlage ich vor, dass ich dir die Theorie so gut, wie es mir nur möglich ist, erklären werde. Die Praxis werden wir wahrscheinlich nur jeweils anschneiden können. Wie gut du die Techniken dann aber festigst und ausbaust überlasse ich dann dir. Und Gon und Killua werden dir mit Sicherheit auch noch behilflich sein.« Der Meister sah die beiden Jungs nur abwechselnd an.

»Osu!«, kam es von Gon und Killua gleichzeitig, was wohl so viel wie »Verstanden!« bedeutete.

»Die Wahrscheinlichkeit steht eins zu einer Million, um auf solch talentierte Menschen wie euch zu treffen. Macht also keine Dummheiten.«

Der Grund, warum der Meister so hoch von ihnen sprach, war ganz einfach, wie ich im Verlauf des Gesprächs noch erfahren konnte. Die beiden hatten wohl in kürzester Zeit alle Prinzipien des Nens erlernen können, wenn man Gon und seinen Erzählungen Glauben schenkte. Sie hatten sogar den Jungen, der still neben dem Meister stand, überholt, obwohl er schon viel länger von Meister Wing unterrichtet wurde. Ich war wirklich beeindruckt. Wie lange ich wohl brauchen würde, um Nen zu meistern? Zudem stellte ich mir die Frage, wie sie es so schnell lernen konnten, wenn der Prozess doch eigentlich um einiges länger dauern sollte. Nebenbei stellte Killua mir auch den eigentlichen Schüler von Meister Wing vor, der ein paar Schritte auf mich zu kam. Er hatte sehr kurz geschorenes, braunes Haar und trug eine Art Bademantel. Nach genauerem Hinsehen erkannte ich aber, dass es ein Mantel für eine bestimmte Kampfsportart war, die er zu lernen schien. Aber diesbezüglich kannte ich mich nicht weiter aus. »Nia, das ist Zushi. Er ist ebenfalls ein Schüler von Meister Wing«, erklärte Killua.

»Freut mich«, brachte ich nur leise heraus und lächelte ein wenig zurückhaltend.

So viele neue Bekanntschaften in so kurzer Zeit überforderten mich dann doch ein wenig. Es ging alles so schnell, als wenn sich das alles nur in einem meiner Träume abspielen würde. Aber es freute mich, dass wir uns alle von Anfang ganz gut verstanden. Es war, als hätte ich alte Freunde getroffen, mit denen ich meine einsame Zeit nachholen würde, doch ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht einmal, was Freundschaft überhaupt bedeutete, geschweige denn, was sie so einzigartig machte. Sie waren einfach nur nette Jungs in meinem Alter, die mir auf ihre Art halfen, mich neu aufzubauen, auch wenn sie es nicht bewusst taten.

𝙃𝙪𝙣𝙩𝙚𝙧 𝙓 𝙃𝙪𝙣𝙩𝙚𝙧 || 𝙒𝙤𝙣𝙖𝙘𝙝 𝙨𝙞𝙚 𝙨𝙞𝙘𝙝 𝙨𝙚𝙝𝙣𝙩Where stories live. Discover now