Kapitel 1

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"Sie wissen, was das für Sie bedeutet?" Ich nicke. "Und dass Sie drei Monate fristlos gekündigt werden können?" Erneut nicke ich. "Ja." Meine Stimme ist rau und kratzig. Ich habe bisher nicht besonders viel geredet, nur als er mir ein paar Fragen stellte, die ich mit irgendwelche Gesten überhaupt nicht beantworten kann. Immerhin hat er meine Bewerbung vor sich liegen und muss nicht mehr besonders viel über mich in Erfahrung bringen.

"Eine Frage hätte ich da noch, Herr Doll." Ich sehe auf. Er weiß wahrscheinlich, dass ich heute nicht besonders gesprächig bin, auch wenn das überhaupt keine gute Voraussetzung für so einen Gelegenheitsjob ist, für den ich mich gerade vorstelle, aber trotzdem wartet er darauf, dass ich auf irgendeine Art reagiere. Also bringe ich ein stilles "Ja?" heraus und sehe meinen in naher Zukunft eventuellen Chef an.
"Wäre es immer freitagabends so um 17 Uhr für Sie gelegen?"
Er fragt, wegen meines momentanen Studiums. Ich studiere Informations- und Elektrotechnik und habe deshalb viel zu viel zutun. Manchmal zumindest. Gut, dass die Zeit der Klausuren vorüber ist. Da bleibt mir mehr als genug Zeit einen Nebenjob als Nachhilfelehrer zu starten. Ich muss auch wirklich nicht so oft zur Uni und an einem Freitagabend sowieso nicht.

"Klar!", lächle ich. Mein Chef, Herr Kallak, lächelt ebenfalls, nur freundlicher als ich es mache. "Gut, ich denke, wir haben so weit alles geregelt." Wir stehen auf und Herr Kallak reicht mir seine Hand, die ich kurz darauf glücklich schüttel. "Dann sehen wir uns wohl morgen Abend!" Ich nicke lächelnd. "Ich freue mich."

Schließlich verlasse ich das Gebäude. Ich könnte vor Freude gegen einen Zug tanzen. Okay, vielleicht lieber nicht. Ich trotte langsam nach Hause.

"Mama?", rufe ich, während ich den Schlüssel auf den Küchentisch schmeiße. "Mama?", rufe ich lauter. Ich laufe in das schmale Wohnzimmer. Vielleicht ist sie ja einkaufen gegangen. Letztendlich laufe ich die wenigen Treppenstufen auf die erste Etage und anschließend in das Badezimmer.
Draußen war es heute wieder mal besonders warm. Mein Gesicht könnte man mit dem eines Allergiker vergleichen, der wegen irgendwelcher Nüsse rot anläuft. Nach ein paar vollen Händen Wasser, die in meinem Gesicht landen, laufe ich in mein Zimmer und schließe als aller erstes das Fenster, lasse die Rollläden fast vollständig runterfahren und drehe mich einmal kurz durch den Raum. 

"Wie ich diese Hitze im Sommer hasse", brülle ich humorvoll. Wir haben ja nicht einmal Sommer. Meine Jogginghose ziehe ich mir schnell über, wechsle nebenbei gesagt noch mein T-Shirt, und starte letztendlich meinen Computer.
Mein Tagesablauf ist eigentlich so gut wie immer derselbe. Wenn ich von der Uni oder der Stadt Heim komme, dann rede ich als Erstes mit meinen Freunden. Also, wir trafen uns nie, reden eigentlich immer nur oder spielen Computerspiele. Ja, die heutige Generation ist doch die beste!

"maudado?" "Hi!", antworte ich wild. Wir sprechen uns eigentlich nur mit unseren virtuellen Namen an. Ich weiß nicht. Es wurde zur Gewohnheit und einer meiner Internetfreunde, Zombey zum Beispiel, mag seinen richtigen Namen nicht. Überraschenderweise nennt ihn nicht mal seine Freundin mit richtigen Namen. Da hört man dann immer irgendwelche Kosenamen wie Schatz. 

"Wieso denn so glücklich?" Ich bin gerade mit Osaft in einem Gespräch.
"Ich hab' nen Job!", kichere ich. "Was? Machst du nicht ein Studium?" Er wusste zuvor noch nicht, dass ich mich als Nachhilfelehrer beworben habe. Okay, die Idee war auch ziemlich spontan. Im Grunde fiel sie mir gestern Nachmittag ein. Dass ich überhaupt so schnell zum Gespräch gerufen worden bin, zeigt doch nur noch mehr, dass sie Hilfe brauchten. 

Der einzige Nachteil ist, sie wählen, in welchem Fach ich unterrichte. Natürlich wählen sie nur das, was ich selber auch kann. Und ich muss auch wirklich nicht mehr machen, als das was in diesen dicken Büchern geschrieben steht, welche die jeweiligen Personen mitbringen. Wer weiß, vielleicht darf ich ja in Physik helfen.
Mein Chef meinte auch, dass ich auch mal Grundlagen unterrichten soll. Da geht es dann nicht mehr um Nachhilfe für Schüler von weiterführenden Schulen. Anscheinend gibt es dort Kurse für ältere Generationen, also beispielsweise zwanzigjährige Immigranten, die die Sprache lernen oder generell Menschen, die irgendeine Sprache lernen wollen - oder vielleicht auch insgesamt in Deutsch oder Mathe fitter werden müssen.

Herr Doll... Zomdado & DadosaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt