6.

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6. Kapitel

Freitagnachmittag.

Die Sonne steht an ihrem höchsten Punkt, als ich mit dem Schlüssel in meiner Hand die Haustür unseres Hauses aufschließe.
Innen ist es zum Glück etwas erträglicher, als in der schwülen Hitze draußen.

"AIDEN, ICH BIN ZUHAUSE!", rufe ich durchs ganze Haus, doch bekomme keine Antwort.

Ich werfe achtlos meine Schultasche neben die Tür und schlüpfe aus meinen Sneakers. Meine Jeansjacke werfe ich über den Kleiderhaken, bevor ich in die Küche schlurfe.

Endlich Wochenende.
Ich habe mich schon die ganze Woche auf den Freitag gefreut. Die erste Schulwoche war zwar weniger anspruchsvoll, da sich die Unterrichtszeit eigentlich großteils mit der Vorstellung unserer neuen Lehrer und dem geplanten Schulstoff befasst hat, aber ich muss dennoch erstmal wieder in den normalen Alltag finden, bevor ich mich groß anstrengen kann.

Meine Mutter ist anscheinend noch länger in ihrem Friseursalon und mein Vater verbringt wie üblich noch seine Nacharbeitszeit in der Schule.
Ja, mein Vater ist Lehrer.
Zum Glück an der Middleschool.
Aber dennoch. Eine Qual.

Wo steckt Aiden nur?

Ich öffne die Kühlschranktür und nehme mir einen Orangensaft heraus.
Normalerweise mache ich mir jetzt Pizza oder wärme Essensreste von gestern abend auf, doch heute habe ich nicht allzu viel Hunger.
Das könnte eventuell daran liegen, dass mein Bauch voll mit aufgeregten Vorfreudeblubberblasen gefüllt ist und deshalb kein Essen mehr hinein passt.
Denn heute ist es soweit.
Alex und ich gehen gemeinsam auf die Party von Jason und seinem großen Bruder!
Am Anfang war ich noch etwas skeptisch über die Idee, aber jetzt kann ich es kaum noch abwarten, dorthin zu gehen.
Ich gieße den Orangensaft in mein Glas und muss bei dem Gedanken an heute Abend breit grinsen.

Als ich meinen Kopf herumdrehe, erschrecke ich mich fast zu Tode.
Meine Eltern stehen mit verschränkten Armen und strengem Blick in der Soldatenauftellung vor mir aufgebaut und meine Mutter hält ein Telefon in der linken Hand.
Sie sind anscheinend früher nach Hause gekommen.
Und dazu noch stocksauer auf mich.
Mist. Das kann nicht gut gehen.

"Mein Fräulein, wir müssen reden.", zischt meine Mutter zwischen zusammengebissenen Zähnen.

"Das... hab ich mir gedacht." Ich stelle das Glas an die Seite.

"Kannst du dir vorstellen, wer gerade angerufen hat?" Mein Vater schaut ziemlich verärgert aus der Wäsche. Er hat dieses Vorwurfsvolle in seiner Stimme.
Ich schüttel wahrheitsgemäß den Kopf.

"Madame Guiot.", beantwortet meine Mutter die Frage.
Oh, Mist.

"Sie hat gemeint, du hättest in dieser Woche mehrfach den Ballettunterricht geschwänzt.", ergänzt mein Vater.

"Willst du uns was dazu sagen?", fragt meine Mutter und schlägt das Telefon lautstark auf den Tisch. Hoffentlich ist das Ding kaputt.

Meine Eltern blicken mich abwartend an. Sie erwarten eine Antwort auf ihre Frage. Eine Antwort, die ich ihnen nicht geben kann.
"Ich kann das erklären...", fange ich direkt mit einer Lüge an. "Die... äh... Schule..."

"Was ist mit der Schule?"

"Es ist alles ein bisschen stressig mit den Hausaufgaben in letzter Zeit und dem Wiedereinfinden in den Lernstoff, sodass ich ein wenig... überfordert bin.", sage ich und presse meine Lippen aufeinander.

"Ich sag ja, wir hätten sie auf ein Internat schicken sollen.", raunt meine Mutter meinem Vater zu.

Ich reiße die Augen auf.
"Nein! Ich, ich bekomm das hin! Ehrlich! Ihr müsst mir nur etwas Zeit geben..."

Once upon a fuckboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt