Schlacht

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« Verrat! », höre ich da jemanden rufen,

« Sie haben den König getötet! Telmarer, Angriff! ». Es ist der Berater. Ich kenne diese Stimme. Als ich aufstehen will, wird mir wieder schwarz vor Augen und ich kann nichts mehr sehen. Vorsichtig taste ich über meine Arme und mein Gesicht. So viele Wunden kann ich nicht finden, also was ist bloß los? Um mich herum bricht nun lautes Getöse los. Soldaten brüllen, Pferde wiehern und die Katapulte gehen los. Ich suche nach meinem Schwert und bekomme das kühle Metall bald zu fassen. Noch immer blind versuche ich, aufzustehen. Ich ziehe mich an einem Stein hoch. Um mich herum ist es so laut, dass ich keine Chance hätte, einen Angreifer in meiner Nähe zu hören. Unsicher taste ich mich an dem Stein entlang. Mein Fuß bleibt an irgendetwas hängen und ich kippe vornüber. Doch bevor ich auf dem Boden aufschlage, fängt mich jemand auf. Ich packe mein Schwert fester.

« Luna, ist alles in Ordnung? Bist du verletzt? », fragt Kaspian und hilft mir auf. Ein Arm liegt um meine Taille und stütz mich. Dem Prinz geht es gut! Erleichtert atme ich aus und nicke kraftlos.

« Komm, wir müssen hier weg! », meint er und zieht mich einige Schritte weiter.

« Kaspian », sage ich vorsichtig und halte ihn zurück,

« Ich kann nichts sehen... ». Einen Moment erwidert er nichts, sondern hält mich einfach nur fest. Dann verliere ich plötzlich den Boden unter den Füßen. Ich spüre Kaspians Arme um meinen Rücken und unter meinen Knien. Er trägt mich! Zunächst will ich protestieren, doch vermutlich hätte das nichts genützt. Er läuft so schnell es mit meinem zusätzlichen Gewicht möglich ist. Ich fühle mich so unnütz. Den Griff meines Schwertes fest umklammert, konzentriere ich mich auf die Geräusche um mich herum. Metall klirrt auf Metall, Menschen und Narnianen brüllen und schreien durcheinander, dazwischen höre ich die dumpfen Aufschläge der Katapultladungen. Vor meinen Augen tanzen weiße Punkte. Kleine Lichtblicke in dem undurchdringlichen Dunkel. Auf einmal lässt Kaspian mich wieder auf eigenen Beinen stehen. Ich kann noch immer nichts sehen und taumle unsicher vorwärts. Plötzlich werde ich mit voller Wucht gerammt und zu Boden gestoßen. Mein Kopf schlägt auf irgendetwas Hartem auf, ich fühle noch etwas Heißes meine Schläfe hinablaufen, dann verliere ich das Bewusstsein.

Als ich wieder zu mir komme, schlage ich die Augen auf und – wider Erwarten – kann ich sehen. Zunächst blendet mich die Sonne und ich muss die Augen zusammenkneifen. Dann sehe ich wieder klar. Ich befinde mich am Rand des Schlachtfeldes. Ab dem kleinen Platz ist die Wiese eingebrochen und hat die Telmarer mit ihren Pferden in ein tiefes Loch gerissen. Langsam rapple ich mich hoch und ziehe mein Schwert. Der Kampf tobt und ohne länger darüber nachzudenken, stürze ich mich hinein, um den Narnianen beizustehen. Immer wieder sehe ich mich nach Kaspian und den Königen um, doch lange entdecke ich sie nirgends. Meine Wunden brennen und ich ignoriere sie so gut es geht. Dann kann ich Kaspian endlich ausfindig machen. Er kämpft mit einem Telmarer, bemerkt jedoch nicht, dass sich ein weiterer von hinten an ihn heranschleicht. In einer fließenden Bewegung ziehe ich meinen Bogen von meiner Schulter, spanne die Sehne und lasse den Pfeil fliegen. Er trifft sein Ziel. Kaspian hat seinen Gegner erledigt und sieht hoch. Unsere Blicke treffen sich für einen Augenblick. Der Prinz deutet hinter mich. Ich bleibe still stehen, ducke mich geschwind unter der zustechenden Klinge des Telmarers hindurch und schlage ihm die Beine unter dem Körper weg. Als ich mich wieder aufrichte, fliehen die Soldaten des gegnerischen Heeres. Sie rennen Hals über Kopf in den Wald hinein, Richtung Fluss. Ich drehe mich um und erkenne den Grund für ihre Hast. Bäume bewegen sich auf uns zu. Ihre Wurzeln packen jeden, den sie zu fassen bekommen. Die Najaden, Baumgeister, Waldfeen und Quellweibchen sind wieder zum Leben erwacht! Das heißt, dass Königin Lucy Aslan gefunden hat.

« Folgen wir ihnen. Auf zum Fluss! », ruft König Peter. Ich neige den Kopf und stürme ihm – zusammen mit den anderen Narnianen – hinterher.

Bei der Furt von Beruna bietet sich uns ein seltsames Bild. Die Telmarer waten durch das Wasser, nur weg von den lebenden Bäumen. Doch auch der Fluss scheint nun wieder lebendig. Das Wasser schäumt und zerrt an den Pfeilern der Brücke bis sie endlich nachgibt. Das Brechen und Splittern des Holzes knackt und knarrt laut. Dann werden die losen Teile einfach fortgetragen. Damit ist die Schlacht endgültig vorüber. Narnia hat gesiegt.

Der Ruf des Löwen | Eine narnianische GeschichteWhere stories live. Discover now