Kapitel 1

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Ich spürte das Pochende Blut in meinen Adern als ich vorsichtig meine Augenlider öffnete. Sie fühlten sich schwer und verklebt an. Als hätte ich Jahre lang geschlafen. All meine Glieder schmerzten und trotz das ich anscheint so lange geschlafen hatte, fühlte ich mich gerädert und vollkommen ausgelaugt. Ich blinzelte und sah das es nicht wirklich hell draußen war. Es machte sogar den Anschein als würde es bald schon wieder dämmern und der Abend hereinbrechen. Hatte ich wirklich so lange geschlafen ?

Ich drehte den Kopf weg von dem Fenster aus dem das Licht kam und schaute auf einen leeren Platz neben mir. Die Schwarze Bettdecke war zerknittert, lag fast am Fußende des Bettes und auch das Kissen war vollkommen deformiert. Ich zog meinen Arm unter meiner Decke hervor und strich über den leeren Platz. Es war als konnte ich die wärme spüren, obwohl er nicht mehr hier war.

Doch dann sah ich das, was mir einen Schauer über den Rücken laufen ließ.

Mein Handgelenk, bis hin zu meinem Ellenbogen war in eine weiße Mullbinde gewickelt. Fein säuberlich umschloss sie jeden einzelnen Zentimeter meiner Haut, sodass ich keine der Wunden darunter erkennen konnte. Einzig und allein ein paar dunkelrote Blutflecken, die durch die Wickel gesickert waren, konnte ich erkennen. Keine Sekunde später fühlte ich mich noch elendiger als ich es eh schon tat. Wut stieg in mir auf, Angst und Hass. Am meisten dieser unglaubliche Selbsthass.

Was hatte ich letzte Nacht nur wieder getan ? Was hatte ich ihm schon wieder angetan ?

Mir wurde abrupt schlecht als ich spürte wie der Schmerz von meinem Arm in mein Herz zog. Es war nicht das Gefühl der Übelkeit bevor man sich erbrechen musst. Es war eine Übelkeit vor mir selber, vor meinen Taten und meinen eigenen Gedanken. Ich schlug die Decke weg und sah nun auch den anderen Arm, der genauso ordentlich und gewissenhaft in weißem Stoff eingehüllt war.

Doch an der Seite erkannte ich mehr Flecken. Sie waren größer und noch etwas heller als an der anderen Seite. Es hatte nach geblutet. Stark nach geblutet.

Ich starrte auf meine Arme und sah wie ein Tropfen Flüssigkeit auf den Verband fiel. Leise und wie in Zeitlupe traf er auf meine verdeckte Haut, wurde von der Mullbinde eingesogen und verlieh ihr einen leicht gräulichen Schimmer.

Tränen.

Ich lächelte.

Ein zaghaftes, hysterischen lächeln. Ein Lächeln das nicht angebracht war, das nicht real war , nicht aufrichtig und nicht ernst gemeint. Ein Lächeln das mich versuchte zu überzeugen. Das versuchte mir einzureden das dass was ich hier tat richtig war. Das es der einzige Weg war.

Doch dieses Lächeln war eine Lüge.

Plötzlich klopfte es.

Schnell wischte ich mir über die Wange und Augen, zog die Decke über meine Arme und schaute zur Tür. ,,Herein.'', flüsterte ich und versuchte das zittern das nun in meinen Armen und Beinen begann zu unterdrücken.

Die Tür ging langsam auf und seine stahlblauen Augen fixierten mich, als er mich sah. ,, Guten Morgen.'', begrüßte er mich leise und lächelte sanft.

Ich schaute ihn an, sah ihm dabei zu wie er die Tür schloss und bewunderte seine Stärke die er immer verkörperte. ,, Hey.'', gab ich zurück und versuchte ebenfalls meine Lippen zu einem lächeln zu zwingen...doch ich versagte. Er kam auf mich zu, umrundete das Bett und setzte sich direkt neben mich. Jede seiner Bewegungen waren anmutig und elegant, als seien sie perfekt geplant. Doch so war er, so war sein Wesen, so war seine Art.

Perfekt.

Dann schaute er mich wieder an, seine blauen Augen waren trübe und funkelten nicht wie sonst. Sie hatten ihren Glanz verloren. Ich musste schlucken. Hatte ich ihnen den Glanz genommen ? Die Hoffnung ? Seine Lippen waren trocken und rissig, vermutlich hatte er zu wenig getrunken. Zu wenig gegessen. Seine Wangen erschienen mir noch eingefallener als sonst und es versetzte mir einen schlag in die Magengrube. Wieso erkannte ich das jetzt erst ? Wieso hatte ich das nicht die letzten Wochen schon gemerkt ? Er wurde immer mehr zu einem Schatten seiner selbst. Er wurde immer mehr zu einem Wrack das gleichzeitig noch so Perfekt schien. Er vergaß sich selber.

Who can save me now ?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt