Schatten

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Galadriel wartete schon ungeduldig wie immer auf die vier Freunde. „Da seid ihr ja endlich. Ich dachte schon, ihr kommt nicht mehr. Ich muss euch doch noch die Geschenke überreichen." Gekonnt gab sie einem ihrer Boten ein Handzeichen. Dieser machte sich sofort davon und holte, was ihm seine Herrin zu holen befohlen hatte.

Mit einer ziemlich großen Truhe im Schlepptau kehrte er zurück. Galadriel gab ihm ein weiteres Zeichen, welches wohl bedeuten sollte, er solle verschwinden. Dann fixierte sie mit ihren klaren, kalten Augen Gimli den Zwerg. Dieser versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass die Frau ihn ganz schön einschüchterte, er sie gleichzeitig aber auch bewunderte, um nicht zu sagen, vergötterte. „Tretet vor", befahl sie ihm. Er tat, was sie sagte. Behutsam legte Galadriel ihm eine Hand auf die Schulter. „Welches Geschenk erbittet ein Zwerg von den Elben?" „Keins, Herrin", erwiderte Gimli beschämt und blickte zu Boden. Legolas konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. So kannte er den mürrischen, undankbaren Zwerg gar nicht. „Für mich ist es genug, die Herrin der Galadriel erblickt zu haben, denn sie ist weitaus schöner, als alle Edelsteine unter der Erde." Galadriel lachte. Wie wunderschön und glockenhell ihr Lachen doch war. Gimli wollte sich schon umdrehen und gehen, da fiel ihm plötzlich doch noch etwas ein. „Naja, einen Wunsch hätte ich doch. Schon seit ich Euch zum ersten Mal gesehen habe, wünsche ich mir nichts sehnlicher als eine Strähne Eures goldenen Haars." Der Zwerg bat sie um eine Strähne. Sie gab ihm drei.

Als nächstes suchte sich die Königin der Waldelben Legolas, den Elbenprinz vom Düsterwald, aus. Auch er musste einen Schritt nach vorn machen und wurde von ihrem kalten Blick durchbohrt. „Mut, Kühnheit, Ehre, Stolz, Tapferkeit, Treue und Freundschaft sehe ich in Euch. Doch da ist auch noch ein Hauch eines anderen Elements vorhanden. Es ist die Liebe." Erstaunt darüber, was die Elbenkönigin da vor sich hin murmelte, musterte Aragorn seinen treuen Freund. Jane und Gimli grinsten breit. Die Prinzessin nahm sich vor, den Elb später noch genauer zu seinem neuen Schwarm auszufragen. „Folgt Eurem Herzen, aber seid auf der Hut: Liebe kann oft blind machen.", riet ihm die weise Galadriel. Dann holte sie einen Köcher mit Pfeilen aus der Truhe. „Hiermit werdet ihr nie wieder Eurem Feind mit leerem Köcher entgegenstehen." Legolas bedankte sich aufrichtig. Nun war Aragorn an der Reihe. Zu ihm sprach die Elbin nur in seinem Kopf, sodass die anderen ihr Gespräch nicht belauschen konnten. „Längst ist das Licht des Abendsterns verblasst, denn er leuchtet nur durch die Liebe. Diese Liebe ist nicht mehr. Wie ich sehe habt ihr jemand anderes getroffen. Gebt gut auf sie Acht", verschwörerisch schaute sie von Aragorn zu Jane. „Ihr liebt sie von ganzem Herzen und würdet es Euch nie verzeihen, würde ihr etwas zustoßen. Es wird nicht immer einfach sein, sie zu beschützen. Schatten werden sich über sie legen, ihre schreckliche Vergangenheit wird sie einholen. Sie wird viel Liebe und Zeit brauchen, um zu vergessen. Bleibt an ihrer Seite, seid für sie stark, wenn sie es nicht sein kann und Ihr werdet all diese Stärke und Liebe eines Tages doppelt zurückbekommen. Gebt nicht auf. Glaubt mir, sie empfindet weitaus mehr für Euch, als Ihr Euch jemals erträumt hättet." Aragorn blickte auf. Seine Augen leuchteten. „Ich werde auf sie aufpassen, egal wovor und unter welchen Umständen.", flüsterte er entschlossen, Galadriel nickte ihm stumm zu und reichte ihm sein Geschenk. Ein Schwert, dessen von Elben geschmiedete Klinge als unzerstörbar galt. „Hier, damit könnt Ihr sie wenigstens im Kampf schützen. Ich weiß, es ist längst nicht das, was Ihr verdient hättet, doch etwas Wertvolleres als ihre Liebe kann ich Euch nicht schenken." Prüfend schwang er es durch die Luft. „Die Zeit ist gekommen, Euch zu entscheiden, Elessar." Aragorn schaute sie fragend an. „Ihr müsst entscheiden, ob Ihr den Thron Gondors annehmt und das Land regieren oder wie all Eure Vorfahren in den Schatten stürzten wollt. Ich weiß, Ihr habt bereits einen Entschluss gefasst, jedoch bevor Ihr sie kennengelernt habt. Jane wäre eine gerechte Königin. Sie würde Euch in schweren Zeiten zur Seite stehen. Denkt noch einmal darüber nach. Und nun, lebt wohl. Wir werden uns nicht mehr sehen." Er verabschiedete sich von ihr, bevor er Jane den Platz bei Galadriel überließ. Als Aragorn an ihr vorbeischritt, trafen sich ihre Blicke. Eine brennende Sehnsucht lag in dem ihren. Galadriel hatte Recht gehabt, das Mädchen empfand mehr für ihn, als es zugeben wollte. Ein warmes Gefühl durchströmte Aragorns Körper.

Herr der Ringe - Die Tochter des SchattensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt