In Begleitung einer Prinzessin

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Die Elbin lächelte vor sich hin. Aragorn musterte sie und versuchte ihr Alter abzuschätzen. Eigentlich sah sie aus wie siebzehn oder achtzehn, aber Elben alterten sehr viel langsamer als Menschen und hörten bei einer gewissen Anzahl von gelebten Jahren einfach ganz auf, sich zu verändern. Sie waren eben unsterblich. Das wusste er nur zu gut. Wie oft hatte er sich nicht schon gefragt, was aus ihm und Arwen werden würde, wenn er einmal alt und gebrechlich wäre, sie aber immer noch so jung wie jetzt? Er seufzte. Dann wandte er sich wieder ihr zu. „Seid Ihr Legolas' Schwester? Ich meine, er ist doch der Prinz Düsterwalds. Oder gar seine Verlobte oder Gattin?" Dieser letzte Gedanke gefiel Aragorn irgendwie überhaupt nicht. „Nein." Sie lachte ein so wunderschönes Lachen, dass sich ihm die Härchen im Nacken aufstellten. „Einst herrschten unsere Familien zusammen über Düsterwald. Doch die Gier und der Gedanke an die alleinige Herrschaft machten sie blind, ihre Freundschaft zerbrach und Düsterwald wurde aufgeteilt. Legolas und ich blieben trotzdem Freunde. Beste Freunde."

Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander her, gefolgt von den Hobbits, da ergriff Aragorn wieder das Wort: „Was macht Ihr eigentlich in Bruchtal?" „Ihr seid ziemlich neugierig für einen König." „Ich bin kein König. Und lassen wir das doch mit der förmlichen Anrede, ja?" Sie starrte in die Ferne und antwortete dann: „Herr Elrond hat nach mir geschickt. Ich soll am Ringrat teilnehmen, so wie du und der eine Hobbit. Allerdings glaube ich nicht, dass viele auf mich hören werden. Ich bin eine Frau und die meisten werden sich schon darüber aufregen, dass ich überhaupt am Rat teilnehmen darf." „Ich werde dich verteidigen, falls nötig. Das ist das Mindeste, was ich tun kann, nachdem du mir und den Halblingen das Leben gerettet hast." „Danke." Sie strahlte. „Aber was sollte das –Ich bin kein König- von vorhin? Willst du mir damit etwa weißmachen, dass du nicht bereit bist, diese Würde zu tragen?" „Nein, das bin ich nicht und werde ich auch nie sein." „Das ist schade. Gondor könnte keinen besseren König als dich haben." „Wie kommst du drauf? Du kennst mich grade mal seit einer Stunde. Ein solches Urteil kannst du noch nicht fällen." Aragorn kochte vor Wut, Jane hatte seinen wunden Punkt getroffen. Allerdings bereute er seine grobe Reaktion gleich wieder. Die Elbin konnte schließlich nicht wissen, dass er Angst hatte. Angst, er könnte denselben Fehler wie seine Vorfahren machen und der dunklen Macht des Rings verfallen. „Entschuldige bitte, ich dachte immer, ich wäre gut darin, Leute auf die Schnelle einzuschätzen." „Nein, es war meine Schuld. Ich hätte nicht so aggressiv reagieren dürfen. Ich werde nur nicht gerne überschätzt." „Du wirst nicht überschätzt. Nicht von mir. Ich kenne dich zwar kaum, doch irgendwie glaube ich an dich." Auf sonderbare Weise bewirkte diese Aussage, dass er von einem warmen Gefühl durchströmt wurde.

Als die weiß-strahlende Gestalt vor ihnen auftauchte, wäre Jane vor Schreck fast vom Pferd gefallen, hätte Aragorn nicht blitzschnell reagiert und sie festgehalten.„Alles okay, das ist nur Arwen, Elronds Tochter." Auch die Hobbits standen noch unter Schock, als die Fremde zu sprechen begann: „Habt keine Angst. Ich suche euch schon seit drei Tagen. Herr Elrond hat mich beauftragt, euch sicher nach Bruchtal zu geleiten. Aber wir müssen vorsichtig sein: Eine Horde Orks verfolgt euch." Da sah sie den verletzten Frodo. Schuldbewusst stieg sie vom Pferd und ging auf ihn zu. „Ich komme zu spät. Der Ringträger ist tot." Alle Stärke und Entschlossenheit waren aus ihrer Stimme gewichen. Sie war nun noch bleicher als sonst. „Keine Angst, er ist zwar sehr schwach, aber immer noch am Leben."Beschwichtigend legte der Waldläufer seiner Liebsten eine Hand auf die Schulter. „Wie kann das sein? Er atmet doch nicht mehr." „Profondus dormikus.Der Tiefschlafzauber." Nun meldete sich endlich auch Jane zu Wort. „Wer seid Ihr?" Arwen wirkte verwirrt. Aragorn klärte sie auf: „Jane Black, Elbenprinzessin Düsterwalds. Dein Vater hat auch sie zum Rat eingeladen. Ohne sie hätte es keiner von uns bis hierher geschafft." „Wenn das so ist, muss ich Euch meinen aufrichtigen Dank aussprechen." „Ach, nicht der Rede wert. Es komm töfters vor, dass ich einer Horde unbehilflicher Männer aus der Patsche helfen muss." Sie setzte ein teuflisches Grinsen auf. 

Herr der Ringe - Die Tochter des SchattensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt