1.Kapitel

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8 Monate zuvor:

“Ich war es nicht!”, schrie ich aber hörte nicht auf zu laufen. Meine nackten Füße bewegten sich blitzschnell über den gepflasterten Boden. Ich wagte es nicht zurückzusehen und lief einfach weiter.  

“Bleib stehen!”, ertönte die zornige Stimme des fetten Mannes.

“Ich weiß ganz genau dass du es warst!”, schie er. Ich wusste dass er hinter mir her lief. Er glaubte mir nicht. Kein einziges Wort. Immer schneller bewegten sich meine Füße über den Boden. Meine blond braunen Haare wehten hinter mir her wie ein Umhang während ich lief. Dann stürmte plötzlich ein Mann aus dem alten Holzhaus vor mir. Erschrocken riss er die dunklen Augen auf als er mich auf ihn zu laufen sah. Ich sah ihn hilfesuchend an, doch er zeigte keine Reaktion. Stattdessen huschten seine Augen zu dem Mann, der mich verfolgte.

“Haltet sie fest! Sie ist eine Diebin!”, schrie der Fette Mann hinter mir. Ich lief an dem jungen Mann vorbei, welcher jedoch ebenfalls loslief und mich verfolgte. Seine  Holzschuhe klackten am Boden auf wie die Hufe eines Pferdes.

“Bleib stehen, weg laufen bringt dir nichts!”, ertönte seine raue Stimme. Ich wagte einen Blick nach hinten und fing darauf an noch schneller zu laufen. Der Junge Mann war knapp hinter mir, seine braunen Haare waren völlig zerzaust und sein Gesichtsausdruck alles andere als freundlich. Er hatte bereits seinen Arm ausgestreckt um mich zu fassen.

“Nein!”, schrie ich, als doch seine Hand um meinen Arm schloss. Sein Griff war fest und hinderte mich daran weiter zu laufen. Ich stolperte, aber der Mann zog mich hoch und hielt mich fest, indem er beide meiner Arme nahm und hinter meinen Rücken verschränkte.

“Lassen sie mich los! Ich war's nicht! Ich schwöre is!”, schrie ich und versuchte mich los zu reißen. Meine Haare hingen mir ins Gesicht und meine Brust schmerzte von dem gelaufe.

“Hab ich dich!”, sagte der Fette Mann, als er vor und zum stehen kam und mich schnaufend betrachtete. Ich wollte ihn ansehen, aber die Sonne blendete mich.

“Na los, gib mir das Brot, das du gestohlen hast”, knurrte er und streckte seinen Arm aus, damit ich es ihm geben konnte.

“Ich hab es nicht gestohlen!”, schrie ich und versuchte mich erneut zu befreien. Zwecklos.

“Jetzt komm, oder willst du, dass wir dich einkerkern?”, fragte der Fette.

“Ich hab es nicht!”, schreie ich. Ich stieß meinen Ellenbogen  nach hinten und traf den jungen Mann mitten im Bauch. Stöhnend zuckte er zusammen und sein Griff lockerte ich. Ich riss mich los und lief weg. Der Fette Mann griff nach mir, erwischte jedoch nur meine Weste und russ ein Stück davon ab.

“Du verfluchte Göre!”, schrie er aber lief mich nicht nach. Ich lief in den Wald und verschwand im dichten Gestrüpp. Ich wusste, dass sie mich nicht verfolgten, aber ich blieb nicht stehen. Meine Füße wirbelten Blätter und Dreck auf und dann verlangsamte ich mein Tempo. Ich kam schnaufend zum stehen und sah mich um. Ich wusste, dass der Wald riesig war. Jeder einzelne Baum war gigantisch, so groß, hoch und kräftig. An den Wurzeln der Bäume haftete Mos, aber der Waldboden selbst war nur mit Erde, Dreck und Blättern bedeckt. Nur an manchen stellen wuchs Gras aus dem Boden. Ich wanderte langsam weiter und sah hinauf in den Himmel. Ich sah jedoch nur die hunderten, hellgrünen Blätter der Bäume, nur an manchen stellen kam das Sonnenlicht durch. In diesem Teil des Waldes war ich noch nie. Als ich  weiter wanderte, kam ich auf eine Lichtung. Hier war alles voller Gras, welches einem bis zu den Knien reichte. Die Luft war von dem gesumme der Bienen erfüllt, die um die zahlreichen Blumen schwirren. Plötzlich bedeckte irgendetwas den blauen Himmel. Ein riesiger Schatten breitete sich über die Lichtung aus und dann war er schon wieder weg. Erschrocken blickte ich nach oben, aber da war nichts mehr. Es war wie ein gigantischer Vogel, der über die Lichtung geflogen ist. das Ding musste richtung Berge geflogen sein. Da zuckte ich plötzlich zusammen. Ein lauter, schriller Schrei erfüllte die Luft. Es war, als würde ein Tier bei lebendigem Leibe gefressen werden. Auch die Vögel wurden von dem Schrei erschreckt. Ein ganzer Schwarm, welcher sich in den Bäumen niedergelassen hatte, erhob sich in die Luft und flog zwitschernd davon. Kaum war der schrille Schrei zu ende, ertönte erneut ein ebenso Schiller schrei. Am liebsten wäre ich losgelaufen um nachzusehen, was los war, aber ich durfte es nicht riskieren, falls dort ein Wolfsrudel oder ähnliches war. Außerdem machte sich meine Mutter bestimmt Sorgen. So drehte ich um und folgte einem dünnen Rehweg nach Hause.

“Sonya, wo warst du den ganzen Tag?”, fragte meine Mutter als ich ins Haus kam.

“Du hast gesagt du gehst nur schnell zur Stadt!”, beschwerte sie sich.

“War ich doch auch”, sagte ich.

“Aber doch nicht so lange! Warum bist du nicht jagen gegangen? Wir könnten das Fleisch gebrauchen!”, ich erwiderte nichts. Sie hatte ja recht. Wir brauchen das Fleisch. Wir hatten nichts zu essen, wir hatten nichts.

“Sonya!”, schrie Sammy, mein kleiner Bruder. Eigentlich hieß er Samuel, aber ich nannte ihn immer Sammy. Seine dunkelblauen Augen leuchteten freudig als er mich sah. Er sprang von dem alten Holzstuhl auf und lief auf mich zu, wobei der Boden unter seinen Füßen knarrte.

“Hallo Sammy”, ich hob ihn hoch und war wie immer erstaunt wie leicht er war. Er war einfach viel zu dünn.

“Darf ich das nächste mal mitkommen?” fragte er.

“Ich weiß nicht…”, murmelte ich und meine Eisblauen Augen richteten sich auf meine Mutter.

“Nein Sammy, du weißt genau dass ich dich hier brauche”, sagte sie. Ich ließ Sammy wieder auf den Boden und wanderte nach oben in den zweiten Stock. Die alte Treppe knarrte bei jedem Schritt, aber das war ich bereits gewöhnt. Ich ging in mein Zimmer, was nur ein kleiner Raum war in dem ein Bett und ein Kästchen stand. Mein Bogen lag neben meinem Bett auf dem Boden. Ich hob ihn hoch und fuhr mit meinen Fingern über das schöne dunkl, flatte Holz, in dem wunderschöne Verzierungen zu sehen waren. Mein Vater selbst hatte ihn geschnitzt. Ich vermisste ihn. Er war oft Tagelang nicht zuhause, da er in der Mine arbeiten musste. Dort schuftete er sich ab und kam dann völlig erschöpft nach Hause,aber Geld verdiente er kaum. Es war jedesmal ein Hoffen, das er wiederkam, da er sterben könnte. Es müsste nur ein Gang einstürzen in dem er sich befand. Ich stand auf und ging zu meinem Fenster. Von hier aus konnte ich über den gigantischen Wald blicken und sogar die Berge sehen. Wie ein gewaltiger Felsblock stand der Berg da. Er erhob sich mitten aus dem Wald, während alle anderen weiter hinten standen. Ich musste an den Schrei denken. Was das wohl für ein Tier war?

“Morgen”, murmelte ich.

“Morgen gehe ich diet hin”, und mein Blick war starr auf den Berg gerichtet.

Drachenbrüder 1 -Die Suche-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt