Meckerer

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Mel war zwar fast schon am sabbern, aber ich konnte sie letztendlich doch noch zum Gehen bringen. In unserem Aufenthaltsraum setzte ich mich auf den nächstbesten Stuhl der mir in die Quere kam und zog Mel auf den Stuhl der neben mir war. Damit konnte sich unser Verfolger nicht zwischen uns setzen, wenn er das je vorgehabt hätte.

"Luxus!", kam plötzlich seine Stimme von hinten. Die Ironie war nicht zu überhören.

Er war gerade dabei, den Raum unter die Lupe zu nehmen und hatte sich als erstes unsere uralte, versteckte Kaffemaschine angesehen, die irgendjemand vor ca. 1000 Jahren hierher geschafft haben musste. Sie war in einem Schrank untergebracht.

"Gibt's hier Nichts aus diesem Jahrhundert?"

"Der Getränkeautomat ist neu."

Nebenbei erwähnt fand ich den Automaten schon super, auch wenn der Raum ziemlich muffig und klein war. Erst vor Kurzem hatten wir unseren eigenen Oberstufenautomaten bekommen, da konnte man ihn doch auch angemessen würdigen.

Er sah das glaube ich nicht so und antwortete mir mit kritischem Blick:

"Das Ding soll neu sein?"

Musste er eigentlich alles hier schlechter machen, als es ist? Wenn es ihm hier nicht gefiel, warum kam er dann hierher?

Mit schnellen Schritten kam er nun auf mich zu und warf seine Schultasche in die Ecke. Erst danach bemerkte er, dass der Stuhl den er brauchte, auf der anderen Seite wartete.

Genervt ging er um den Tisch herum und ließ sich lässig auf den Stuhl fallen, während ich ihn belustigt angrinste.

Manchmal war es eben doch Besser, die Augen etwas weiter aufzumachen. Vorausgesetzt er konnte das, lachte ich in mich hinein. Aiden dagegen lehnte sich zurück und fragte jetzt wesentlich mehr interessiert:

"Und wie heißt ihr Hübschen?"

Dabei wackelte er mit den Augenbrauen.

Das brachte Mel zum Strahlen und deshalb grinste auch ich.

"Ich bin Melissa."

Er nickte kurz und schaute zu mir. Als er mich ansah, senkte ich den Blick sofort.

"Ciera."

"Alles klar.", meinte er wieder. Diesmal klang es völlig desinteressiert.

"Du würdest wirklich Flüchtlinge zu dir ins Haus lassen?"

"Wie kommst du denn jetzt wieder darauf?"

Verdammt, damit hatte ich jetzt wirklich nicht gerechnet. Eigentlich hatte ich jetzt auch absolut keine Lust mehr, über dieses Thema zu reden.

"Würdest du dann auch mich für ein paar Tage aufnehmen?"

Wie meinte sie das denn jetzt?

"Ja, klar. Warum fragst du?" fragte ich komplett perplex.

Darauf verzog sie ihre Lippen zu einem hinterhältigen Grinsen.

"Am Wochenende feiert ein Kumpel von mir Hausparty und du wirst mitkommen!"

"Ist ja schon gut, ich bin dabei.", lachte ich erleichtert.

Aiden wurde hellhörig und bewies, dass er noch nicht eingeschlafen war.

"Wo ist das?"

"Wir können dich ja mitnehmen, wenn du willst." schlug Mel vor.

Alles, aber nicht das. Sie schloss viel zu schnell Freundschaften. Wir kannten ihn doch gar nicht richtig und dann wollte sie ihn auf eine Party mitnehmen. Es war ja nicht so, dass ich ohnehin nicht gerne auf Partys gehe... ich sollte jetzt nicht verzweifeln, riet ich mir selbst. Vielleicht hatte er ja gar keine Zeit. Oder er würde ganz zufällig die Treppe hinunterfallen und sich einen Fuß brechen... oder zwei, man wusste ja nie...

"Klar. Ihr könnt mir auch gleich eure Nummern geben.", meinte er sofort herausfordernd und grinste hämisch.

Ohne zu Zögern riss Melissa ein Stück Papier von ihrem Blatt, das sie in Lichtgeschwindigkeit herausgekramt hatte und kritzelte ihre Handynummer darauf.

"Hier. Ich muss jetzt los.", lächelte sie ihn an.

Wie bitte? Sie konnte mich jetzt unmöglich alleine lassen.

"Ja, ich sollte mich auch auf den Weg machen.", versuchte ich mich zu retten.

"Tschau. Bis morgen." Wir umarmten uns kurz und dann ging sie aus dem Raum, während ich mir ebenfalls meine Tasche umhängte.

Unsicher stand ich vor ihm während er mich von oben bis unten musterte. Also ich hatte heute wirklich nichts Besonderes an. Eher im Gegenteil.

"Ähm, ich gehe dann auch.", versuchte ich mich lässig zu verabschieden. Doch anstatt sitzen zu bleiben, ging er zu seinem Rucksack, schulterte ihn und stellte sich neben mich. Ich begann mich innerlich auszulachen. So würde ich diesen Jungen jedenfalls nicht loswerden.

"Wir kennen uns doch von der Bushaltestelle."

Sehr gut beobachtet.

"Ich bin seit Neuestem auch in der Nähe."

Ja, das vermute ich auch, wenn du an der Haltestelle auf den Bus wartest, und plötzlich auf meine Schume gehst, kommentierte ich ihn gedanklich und nickte. In der Nähe meines Viertels war eine Gegend mit vielen Armen. Daher konnte er aber nicht stammen, überlegte ich. Nun setzte ich mich in Bewegung, damit ich heute noch Zuhause ankam.

"Du willst mich doch hier nicht allein lassen?"

Darauf lachte ich nur. "Du wirst es überleben."

"Du hast Glück, denn ich werde ein Stück mit dir laufen."

Das soll Glück sein? Wie arrogant. Darauf konnte ich wieder nur lächeln.

Und so machten wir uns auf den Weg. Wir gingen still nebeneinander her, bis wir an meinem Haus angekommen waren. Etwas überfordert versuchte ich erneut einen lässigen Abgang.

"Ich muss dann hier gehen."

"Hier wohnst du also?", meinte Aiden gespielt vielsagend. Was sollte das denn wieder? Diesmal lachte ich laut über das, was er gesagt hatte.

SurfaceWhere stories live. Discover now