5. Ein nettes Angebot

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"Los, folgt mir!", sprach der Vertrauensschüler weiter, als er durch den Eingang schlüpfte. Wir betraten einen großen Raum, der vermutlich einmal als Verlies gedient hatte. Ein gruseliges, grünliches Licht, das mich an die Farbe eines Sees in der Tiefe erinnerte, ging von kugelförmigen Lampen an der Decke aus. Es gab auch einen Kamin, in dem ein kleines Feuer loderte. "Das hier ist der Gemeinschaftsraum. Dort geht es zum Jungenschlafsaal und ihr Mädchen müsst da entlang. Das wär's dann. Ach ja, Frühstück ist von sieben bis neun Uhr, aber der Unterricht beginnt auch um neun, also wäre es ratsam etwas früher dort zu sein."
Damit wandte er sich ab und ging in seinen eigenen Schlafsaal im Turm der Vertrauensschüler.
Müde trotteten die Mädchen die Wendeltreppe zum Schlafsaal hinauf und ich ließ mich einfach mitschieben. Es befanden sich vier Himmelbetten mit hellgrünen Vorhängen dort. Bei jedem gab es ein großes Bogenfenster, an deren Seiten dunkelgrüne Vorhänge hangen, einen Schrank und ein Nachtkästchen. Ich ging zu dem Bett ganz rechts, das direkt neben der Badezimmertür stand.
Als ich mich umdrehte, um zu sehen, wer noch hier schlief, biss ich mir auf die Lippe. Oh nein.
Ich teilte das Zimmer mit Pansy Parkinson, dem plappernden, schwarzhaarigen Mädchen vom Essen, einer breitschultrigen, großen Slytherin, die ich von hinten mit ihren kurzen Haaren wohl eher für einen Jungen gehalten hätte, und einem asiatisch aussehenden, bis jetzt ruhigen Mädchen.
Dann machte ich mich daran, meinen Trolley auszupacken.
Ich war bereits fast fertig, als mich das große Mädchen anschnauzte: "Beeil dich ein bisschen. Pansy und ich wollen schlafen."
Wow, hatte sie mich erschreckt. "Ja", antwortete ich lächelnd, "ich bin eh gleich fertig."
Sie nickte nur, dann schlurfte sie davon und schmiss sich schnurstracks in ihr Bett.
Schnell legte ich die letzten Sachen in den Kasten, zog meinen Pyjama an, rauschte noch schnell ins Bad, um mir die Zähne zu putzen und schlich dann auf Zehenspitzen in mein Bett, da die anderen schon das Licht gelöscht hatten.

Mein Wecker riss mich um 7:00 mit seinem schrillen Ton aus dem Schlaf. Verschlafen tastete ich nach ihm und schaltete ihn aus. Seufzend rekelte ich mich und starrte einen Moment an die schwarze Decke des Himmelbettes.
Dann nahm ich mich zusammen und sprang schwungvoll aus dem Bett.
"Wie spät ist es?", kam es dumpf von einer Pansy, die das Gesicht in den Kopfpolster drückte.
Ich unterdrückte ein Lächeln. "Es ist sieben."
"Was?", kreischte sie, als sie sich abrupt aufsetzte, "sieben? Sag mal, warum läutet dein Wecker um sieben?"
Na gut, mit so einer heftigen Reaktion hatte ich nicht gerechnet. Ein bisschen verblüfft sah ich sie an, während ich es ihr erklären wollte: "Ich brauche halt immer sehr lange im Bad und beim Frühstück. Der Unterricht beginnt um neun und ich will nicht schon am -"
"Ach, haltet doch die Klappe und lasst mich schlafen!", motzte das große Mädchen aus ihrem Bett direkt neben mir.
Regungslos starrte ich die beiden an. Was hatte ich denn falsch gemacht? Ich versuchte doch lediglich rechtzeitig in den Unterricht zu kommen. Das war ja nichts Unrechtes, oder?
Verschreckt erledigte ich meine Morgentoilette, zog mich an und machte mich auf den Weg in die Große Halle.
Es waren noch nicht viele Leute dort. Vielleicht war ich wirklich ein bisschen früh aufgestanden, aber besser zu früh als zu spät. Außerdem musste ich noch bis ins erste Klassenzimmer finden.
Am Slytherntisch saßen drei kichernde Mädchen nahe dem Eingang - ich schätzte sie auf fünfzehn oder sechzehn - und zwei jüngere Einzelgänger in einigem Abstand.
Ich nahm ein Stück entfernt von ihnen Platz und griff nach einem Toast, den ich mit Marmelade bestrich. Nebenbei fischte ich meinen Stundenplan, einen der vielen, die an der Pinnwand im Gemeinschaftsraum gehangen waren, heraus.

Montag:
1. Stunde + 2. Stunde: Verteidigung gegen die Dunklen Künste

Das hörte sich spannend an.

3. Stunde: Verwandlung

Davor hatte ich ein bisschen Angst. Was, wenn ich irgendetwas in irgendetwas anderes verwandelte, und das nicht mehr rückgängig zu machen war?

La Fille de la LuneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt